Leitsatz

  1. Kein Schadensersatzanspruch des einzelnen Eigentümers wegen verzögerter Beschlussfassung über notwendige Instandsetzungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum (hier: Beseitigung eines Schwammschadens), wenn der betroffene Eigentümer zuvor gefasste Beschlüsse über eine Zurückstellung der Instandsetzung nicht angefochten hat
  2. Die Gemeinschaft als Verband ist jedenfalls dann dem einzelnen Eigentümer gegenüber verpflichtet, die unverzügliche Umsetzung eines Beschlusses zur Sanierung des Gemeinschaftseigentums gegenüber dem Verwalter durchzusetzen, wenn der Beschluss den Zweck hat, einen Schaden am Gemeinschaftseigentum zu beseitigen, der das Sondereigentum des anspruchstellenden Eigentümers unbenutzbar macht
 

Normenkette

§§ 14 Nr. 4, 21 Abs. 4, 23 Abs. 4 WEG; §§ 280, 286 BGB

 

Kommentar

  1. Im Wohnungseigentum des Klägers kam es zu Durchfeuchtungen aus dem Deckenbereich. Durch Privatgutachten des Klägers wurde Befall des Deckengebälks und des Mauerwerks mit Hausschwamm festgestellt. Im Folgejahr beschlossen die Eigentümer, ein gerichtliches Sachverständigengutachten einzuholen; beide Gerichtssachverständige bestätigten den Befund und bezifferten die Beseitigungskosten mit 31.000 EUR. Erst im Folgejahr wurde zunächst weitere Beobachtung des Schwammbefalls durch einen der beiden Gerichtssachverständigen beschlossen und nach dessen Weigerung auf einer weiteren Versammlung im nächsten Jahr eine Teilsanierung. Diese Teilsanierung wurde vom beauftragten Handwerker als nicht durchführbar mit dem Hinweis abgelehnt, dass eine vollständige Sanierung notwendig sei. Diese beschlossen dann die Eigentümer Ende des Jahres.

    Keinen der vorgenannten Beschlüsse hat die Klägerseite angefochten. Sie forderte vielmehr von der Gemeinschaft Kostenersatz für die Anmietung einer anderen Wohnung ab Vorlage der Gerichtsgutachten im selbstständigen Beweisverfahren bis – in etwa – zur vorerwähnt letzten Beschlussfassung, Ersatz der Umzugskosten und Feststellung des Verzugs mit der Instandsetzung ab der gerichtlichen Begutachtung.

  2. Voraussetzung für einen Verzugsschadensersatzanspruch gegen die Beklagte als Verband für schuldhaft pflichtwidriges Verhalten der Eigentümermehrheit im Sinne eines Organhandelns, wäre zum einen eine Verpflichtung der Eigentümer, die umgehende Sanierung des Gemeinschaftseigentums zu beschließen und zum anderen, dass der Verband mit der Instandsetzung in Verzug geraten sei, bevor die geltend gemachten Schäden entstanden seien.

    Zunächst ist umstritten, ob ein Verband einzelnen Eigentümer selbst zur ordnungsgemäßen Verwaltung des Gemeinschaftseigentums verpflichtet ist und für Verstöße gegen diese Pflicht durch die Mehrheit der Eigentümer nach § 31 BGB einzustehen hat oder ob allein Haftung der Eigentümer in Betracht kommt. Diese Frage musste vorliegend nicht entschieden werden.

    Bis zum Eingang der Gerichtsgutachten und dem Ablauf eines angemessenen Zeitraums danach fehlt es an einer schuldhaften Pflichtverletzung. Eigentümer haben bei der Entscheidung darüber, in welchen Schritten sie eine sachlich gebotene Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums durchführen, einen Gestaltungsspielraum (BGH, Urteil v. 8.7.2011, NJW 2011 S. 2958). Anspruch auf sofortige Durchführung einer bestimmten Maßnahme entsteht lediglich dann, wenn allein dieses Vorgehen ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht (BGH, Urteil v. 9.3.2012, NJW 2012 S. 1724). Vorliegend durften deshalb Eigentümer erst die Einholung gerichtlicher Begutachtung im selbstständigen Beweisverfahren beschließen, das Ergebnis abwarten und sich auch gewisse Zeit für die Prüfung des Gutachtens nehmen (etwa 6 Wochen angemessen).

  3. Drängte sich anschließend allerdings vollständige Sanierung des Gemeinschaftseigentums nach Vorschlägen des Gutachters auf, hätten weitere Beschlüsse zur Beobachtung der Entwicklung des Hausschwamms und sodann Beschlussfassung nur einer Teilsanierung eine Pflichtwidrigkeit begründen können, was vorliegend allerdings ebenfalls nicht entschieden werden musste. Diese Beschlüsse wurden nämlich mangels Anfechtung durch die Klägerseite bestandskräftig. Nach Rechtsprechung des Senats schließt die Bestandskraft eines Beschlusses den Einwand, er habe nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entsprochen, auch für einen Schadensersatzanspruch aus (BGH, Urteil v. 3.2.2012, ZWE 2012 S. 218/219 und BGH v. 13.5.2011, NJW 2011 S. 2660/2661). Ein inhaltlich fehlerhafter Beschluss wird allerdings durch den Eintritt der Bestandskraft nicht fehlerfrei; er bleibt allerdings gemäß § 23 Abs. 4 Satz 2 WEG gültig und bildet deshalb gleichwohl die Grundlage für das weitere Handeln der Wohnungseigentümer und des Verbands. Solche bestandskräftigen Beschlüsse müssen auch vom Verwalter umgesetzt werden. Ein solches Handeln ist nicht pflichtwidrig.
  4. Ansprüche des Klägers ergeben sich vorwiegend auch nicht aus Grundsätzen des § 14 Nr. 4 Halbsatz 2 WEG. Solche Ansprüche können zwar neben einem Anspruch auf Schadensersatz wegen Verletzung der Pflicht zur ordnungsgemäßen Instandsetzung des Gemeinschaftseig...

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