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Das englische Common Law, das das kanadische Recht zunächst beeinflusst hat, sah aus dem Interesse heraus, unter anderem die Kontrolle über juristische Personen und deren Entstehen zu haben und zugleich ihre Publizität zu gewährleisten, die staatliche Mitwirkung bei der Gründung einer Gesellschaft von jeher vor. Eine diesen Zwecken dienende staatliche Kontrolle kann erreicht werden, wenn man das Entstehen einer Gesellschaft von einem staatlichen Hoheitsakt im Sinne einer Verleihung abhängig macht; kaum weniger effektiv sind allerdings die Möglichkeiten, die sich im Falle einer vom Gesetz vorgesehenen staatlichen Registrierung ergeben. Kanada folgt, mit Ausnahme einiger Provinzrechte, dem Registrierungssystem, wenngleich es für bestimmte Gesellschaften (etwa auf dem Gebiet des Versicherungs- und Bankwesens) gesetzlich fixierte Ausnahmen gibt, die eine Zulassung solcher Gesellschaften erfordern. Auch gibt es Gesellschaften, die zwar ohne Genehmigung gegründet werden können, jedoch für ihre Geschäftstätigkeit eine Lizenz benötigen (z.B. auf dem Gebiet der Presse oder des Rundfunks tätige Unternehmen), die sie nur erhalten, wenn sie beispielsweise mehrheitlich unter kanadischem Einfluss stehen. Auf diese Sonderfälle soll nachfolgend nicht im Einzelnen eingegangen werden.

Eine materiell-rechtliche Prüfung der Gesellschaftsgründung durch ein Gericht findet nicht statt, sondern lediglich eine formale Prüfung durch die Exekutive, nämlich den Director.

Die gesetzlich vorgeschriebenen Gründungsunterlagen sind – was fast nur noch online geschieht – beim Director einzureichen. Dort erfolgt die Prüfung der Unterlagen auf Vollständigkeit sowie die Prüfung des für die Gesellschaft vorgesehenen Namens auf mögliche Kollisionen mit bereits bestehenden oder verwechslungsfähigen Namen. Da der Gründungsvorgang im Wesentlichen formblattgebunden ist, ist die Prüfung nur mit geringem Aufwand verbunden und die Registrierung sowie die zur Entstehung der juristischen Person führende Ausstellung des Gründungszertifikats ("Certificate of Incorporation") erfolgen deshalb praktisch umgehend. Der Anmelder kann allerdings bestimmen, dass die Gründung – und damit die Entstehung der juristischen Person – erst mit Wirkung zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen soll.

Die Gründung einer Kapitalgesellschaft mit beschränkter Haftung ist daher in Kanada – von Besonderheiten in einzelnen Provinzen abgesehen – im Wesentlichen so leicht wie in den USA. Dies gilt auch und insbesondere für die Gründung nach Bundesrecht. Spätere Veränderungen (Sitzverlegung, Adressänderung, Insolvenzanmeldung etc.) sind dem Director, der insoweit die dem deutschen Handelsregister entsprechende Funktion innehat, mitzuteilen (vgl. hierzu auch Rdn 34 ff.), was regelmäßig online durch Verwendung elektronisch auszufüllender Formblätter geschieht.

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