Leitsatz

Mietet eine juristische Person ein Reihenhaus an, um es teils als Büroraum für ihren Geschäftsbetrieb zu nutzen und teils ihrem Geschäftsführer als Wohnung zur Verfügung zu stellen, handelt es sich um einen der Kündigungsfrist des § 580a Abs. 2 BGB unterliegenden Mietvertrag über Geschäftsräume.

(amtlicher Leitsatz des BGH)

 

Normenkette

BGB § 573c Abs. 1 Satz 1 , § 580a Abs. 2

 

Kommentar

Eine GmbH hatte ein Reihenhaus gemietet und dieses ihrem Geschäftsführer zur Nutzung als Wohnung überlassen. Außerdem sollte der Geschäftsführer "die Geschäfte der GmbH von dort aus betreiben". Das Mietverhältnis wurde um die Jahreswende 2006/2007 von beiden Parteien gekündigt. Der BGH hatte zu entscheiden, welche Kündigungsfrist zu beachten ist.

Die Entscheidung hängt davon ab, wie das Mietverhältnis zu bewerten ist. Bei der Geschäftsraummiete gilt für beide Parteien die Kündigungsfrist des § 580a Abs. 2 BGB: Danach ist die Kündigung spätestens am 3. Werktag eines Kalendervierteljahres zum Ablauf des nächsten Kalendervierteljahres zulässig.

Die Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses richtet sich demgegenüber nach § 573c BGB. Der Mieter kann ein solches Mietverhältnis am 3. Werktag eines Kalendermonats zum Ablauf des übernächsten Monats kündigen (§ 573c Abs. 1 S. 1 BGB). Für den Vermieter sind die gestaffelten Kündigungsfristen des § 573c Abs. 1 S. 2 BGB maßgeblich.

Denkbar ist weiter, dass ein Mietverhältnis über Räume vorliegt, die weder Wohnräume noch Geschäftsräume sind. Dann gilt die Kündigungsfrist des § 580a Abs. 1 BGB. Bei vereinbarter monatlicher Mietzahlung können beide Parteien das Mietverhältnis am 3. Werktag eines Kalendermonats zum Ablauf des übernächsten Monats kündigen (§ 580a Abs. 1 Nr. 3 BGB).

Im Entscheidungsfall wurde das Haus durch den Geschäftsführer der Mieterin teils zu Wohnzwecken, teils zu gewerblichen Zwecken genutzt. Das Berufungsgericht hat hierzu die Ansicht vertreten, bei einer Mischnutzung komme es darauf an, wo das Schwergewicht der Nutzung zu sehen sei. Vorliegend liege das Schwergewicht im Wohnzweck, weshalb insgesamt Wohnraummietrecht gelte.

Nach h. M. liegt dagegen nur dann ein Wohnraummietverhältnis vor, wenn die Räume vom Mieter zur Befriedigung des eigenen Wohnbedarfs angemietet werden. In Anwendung dieses Grundsatzes hat der BGH entschieden, dass ein Mietvertrag zwischen dem Eigentümer eines Wohnhauses und einem Werkunternehmen, wonach der Eigentümer verpflichtet sein soll, die Wohnungen an Angestellte des Werkunternehmens zu vermieten, nicht als Wohnraum-, sondern als Gewerberaummietvertrag zu bewerten ist (BGH, Urteil v. 11.2.1981, VIII ZR 323/79, NJW 1981, 1377). Diese Rechtsprechung führt der BGH in der vorliegenden Entscheidung fort. Da eine juristische Person keinen Wohnbedarf hat, kann sie auch nicht als Mieterin Partei eines Wohnraummietverhältnisses sein. Dies gilt auch dann, wenn die Räume vom Geschäftsführer (oder Gesellschafter) einer GmbH als Wohnung genutzt werden sollen.

Anmerkung

Die Entscheidung ist über den entschiedenen Fall hinaus von Bedeutung. Die Zuordnung der fraglichen Mietverhältnisse zur Geschäftsraummiete hat zur Folge, dass die speziellen Schutzvorschriften zugunsten des Wohnungsmieters (Kündigungsschutz, Schutz vor Mieterhöhungen, Beschränkung der Höhe der Kaution usw.) insgesamt nicht gelten. Soll dieser Schutz dem Nutzer der Mietsache zugute kommen, muss er vertraglich vereinbart werden. Dies ist möglich, weil bei der Geschäftsraummiete weitgehende Vertragsfreiheit herrscht.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 16.07.2008, VIII ZR 282/07, NJW 2008, 3361 m. Anm. Mack-Oberth, jurisPR-MietR 22/2008 Anm. 6

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