2.1.1 Personeller Geltungsbereich

 

Rz. 5

Versicherungsfrei sind Personen, soweit für sie beamtenrechtliche Unfallfürsorgevorschriften gelten. Einschlägige Unfallfürsorgevorschriften sind die §§ 30 ff. BeamtVG, die nicht nur für die Bundesbeamten, sondern auch für die Landes-, Kommunal- und Kommunalverbandsbeamten sowie die Beamten der sonstigen unter der Aufsicht eines Landes stehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts angewendet werden. Darüber hinaus gelten sie für hauptamtliche Richter und sogar, wenn die Genannten in der Funktion als Personalvertreter einen Unfall erleiden; denn § 109 BPersVG erklärt die Vorschriften für entsprechend anwendbar. Nach § 96 Abs. 3 SGB IX besitzen die Vertrauenspersonen der schwerbehinderten Menschen dieselbe persönliche Rechtsstellung wie Personalräte, weshalb § 109 BPersVG anwendbar ist. Schließlich ordnen die Ministergesetze der Länder die entsprechende Anwendung der Unfallfürsorgevorschriften für Landesbeamte und damit die Geltung der §§ 30 ff. BeamtVG an (vgl. z. B. § 21 MinisterG Baden-Württemberg). Keine Anwendung finden die Fürsorgevorschriften auf beurlaubte oder dienstenthobene Beamte und Beamte auf Widerruf. Nicht kraft Gesetzes erfasst sind Angestellte und Arbeiter des öffentlichen Dienstes.

 

Rz. 6

Die den beamtenrechtlichen Unfallfürsorgevorschriften entsprechenden Grundsätze gelten für die Dienstordnungsangestellten der Unfallversicherungsträger (§§ 144 ff.) und diejenigen der Krankenkassen vor Inkrafttreten des GRG am 1.1.1989. Sie setzen keine Identität, sondern eine wesentliche Übereinstimmung nach Voraussetzungen und Leistungen voraus.

 

Rz. 7

Für Angestellte in privaten Wirtschaftsunternehmen als auch für die Angestellten und Arbeiter des öffentlichen Dienstes kann eine entsprechende Geltung von Unfallfürsorgevorschriften in einem Arbeits- oder Tarifvertrag vereinbart werden. Teilweise wird in der Literatur eine Einschränkung auf allgemeinverbindlich erklärte Tarifverträge vertreten (vgl. Riebel, in: Hauck, SGB VII, § 4 Rz. 17; Wiester, in: Brackmann, SGB VII, § 4 Rz. 29). Jeder Tarifvertrag gilt zwingend und unmittelbar für die Mitglieder der tarifschließenden Organisationen. Die Allgemeinverbindlichkeit bewirkt allein eine Erweiterung des einbezogenen Personenkreises auf nicht tarifgebundene Arbeitnehmer. Inhaltlich ist ausschließlich die tarifliche Regelung maßgeblich. Grundlage der entsprechenden Geltung beamtenrechtlicher Grundsätze können daher alle Tarifverträge sein. Um eine Umgehung des zwingenden Schutzes der gesetzlichen Unfallversicherung zu verhindern, ist zusätzlich erforderlich, dass die Erfüllung gewährleistet ist (Begründung des Entwurfs zum UVNG, BT-Drs. IV/120 S. 52 zu § 541 Abs. 1 Nr. 1 RVO). Eine Gleichwertigkeit der Leistungen wird allerdings nicht verlangt. Das BSG verlangt dafür 2 Mindestvoraussetzungen:

1. Es muss ein Rechtsanspruch auf die Unfallfürsorgeleistungen bestehen (vgl. BSG, Urteil v. 27.3.1990, 2 RU 43/89, HV-Info 1990 S. 1215) und
2. der Anspruch muss mit normativer Wirkung geregelt sein, z. B. in der Satzung einer Ruhegehalts- oder Versorgungskasse. Eine Regelung in einer Verwaltungsvorschrift ist nicht ausreichend. Eine private Versicherung genügt ebenfalls nicht (vgl. BSG, Urteil v. 26.5.1966, 2 RU 222/61, BSGE 25 S. 45, 48).

Der BAT, nun auch der TVöD und die TV-L der Länder, die für die größte Gruppe der Arbeiter und Angestellten im öffentlichen Dienst gelten, enthalten keine solche Vereinbarung.

2.1.2 Sachlicher Geltungsbereich

 

Rz. 8

Die Versicherungsfreiheit ist tätigkeitsbezogen (Wiester, in: Brackmann, SGB VII, § 4 Rz. 33; Schmitt, SGBVII, § 4 Rz. 7; Riebel, in: Hauck, SGB VII, § 4 Rz. 19). § 4 erfasst nur Tätigkeiten, die zugleich sowohl versorgungsrechtliche als auch unfallversicherungsrechtliche Ansprüche auslösen. Durch den Wortlaut "soweit für sie die beamtenrechtlichen Unfallfürsorgevorschriften gelten" kommt zum Ausdruck, dass ausschließlich die versorgungsrechtlich gesicherte Tätigkeit versicherungsfrei ist. Nicht versicherungsfrei ist daher eine Tätigkeit, die kraft Gesetzes nach § 2, kraft Satzung gemäß § 3 oder freiwillig versichert nach § 6 ist. 4 Gesichtspunkte sind zu beachten:

1. Auf die Geltung, d. h. die grundsätzliche Anwendbarkeit der beamtenrechtlichen Unfallfürsorge ist abzustellen. Versicherungsfreiheit besteht auch dann, wenn im Einzelfall wegen eines Ausschlusstatbestandes nach § 44 BeamtVG keine Leistung gewährt wird.
 
Praxis-Beispiel

Ein Feuerwehrbrandmeister löscht ohne angeordnete Schutzausrüstung den Brand gefährlicher Chemikalien, um die Dienstunfähigkeit herbeizuführen. Er erleidet schwere Verätzungen.

2. Weiterhin entscheidet allein die Geltung zur Zeit des Versicherungsfalles. Verliert der Beamte seinen Status, so bleibt er versicherungsfrei, die Unfallversicherung tritt nicht nachträglich ein.
 
Praxis-Beispiel

Ein Polizeibeamter beteiligt sich an einem bewaffneten Überfall und wird dabei verletzt. Aufgrund rechtskräftiger Verurteilung zu einer 2-jährigen Freiheitsstrafe wird er aus dem Dienst entlassen. Er bleibt ohne Un...

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