Rz. 83

Als weiteres Surrogat für die abgeschaffte Rechtsform der Gesellschaft mit beschränkter Haftung kommt aus dem Bereich der Rechtsträger, die den Rechtsformzusatz kaisha tragen, die neu geschaffene Rechtsform der gōdō gaisha in Betracht.

 

Rz. 84

Der Begriff gōdō gaisha lässt sich nur schwer in die deutsche Sprache übersetzen. Der Begriffsbestandteil gōdō bedeutet so viel wie kongruent, übereinstimmend, zusammen. Man wird davon ausgehen können, dass der Begriff gewählt wurde, um deutlich zu machen, das keiner der Gesellschafter persönlich haftet, was ja bei der gōmei gaisha, die der deutschrechtlichen Offenen Handelsgesellschaft nahe steht, und der gōshi gaisha, die mit der deutschrechtlichen Kommanditgesellschaft verglichen werden kann, anders ist. Bei der gōshi gaisha haftet wenigstens ein Gesellschafter persönlich und bei der gōmei gaisha haften alle Gesellschafter persönlich. Insofern werden auch bei der gōmei gaisha alle Gesellschafter gleich behandelt, nur der Name existiert eben schon seit 1899 und hat sich deshalb eingebürgert.

 

Rz. 85

Die gōdō gaisha hat neben den beiden Rechtsformen, gōmei gaisha und gōshi gaisha, vom kaisha hō den gemeinsamen Oberbegriff "Anteilegesellschaft" (mochibun gaisha) zugewiesen bekommen, der sie von der kabushiki gaisha abgrenzen soll. Tatsächlich unterscheidet sich mochibun, der den Anteil des Gesellschafters an der Anteilegesellschaft meint, nicht von kabushiki, der den Anteil des Gesellschafters an der Aktiengesellschaft charakterisiert. Der Unterschied besteht lediglich darin, dass der Anteil des Gesellschafters an der Aktiengesellschaft einen eigenen Namen erhalten hat, nämlich Aktie (kabu). Die Zusammenfassung der drei Gesellschaften unter dem Begriff "Anteilegesellschaft" dürfte damit zu rechtfertigen sein, dass der Gesellschafter über einen Anteil an einer Aktiengesellschaft eben leichter verfügen kann, wenn er darin nicht beschränkt ist, weil ein Markt für solche Anteile besteht, während der Anteil an den anderen, den Rechtsformzusatz kaisha führenden Rechtsformen des kaisha hō eben nicht einfach übertragen werden kann.

 

Rz. 86

Im Folgenden werden die besonderen Merkmale der gōdō gaisha im Vergleich zur alten GmbH kurz dargestellt. Die Regelung der Rechtsform findet sich insbesondere in den Art. 575 ff. kaisha hō. Das Gesetz enthält in den genannten Artikeln Vorschriften, die für alle Formen der Anteilegesellschaften gelten. Spezielle Regelungen für die gōdō gaisha sind jeweils der allgemeinen Regelung nachgestellt. Vieles ist dispositiv, so dass hier wiederum nur das gesetzliche Leitbild dargestellt wird:

Typ: Die Gesellschaft ist vom Typ her eine Personalgesellschaft. Es herrscht der Grundsatz der Selbstorganschaft. Auch sind die Anteile der Gesellschafter vinkuliert und in den Gesellschafterversammlungen gilt das Einstimmigkeitsprinzip. Andererseits besteht keine persönliche Haftung der Gesellschafter und deren Höchstzahl ist nicht bestimmt.
Rechtspersönlichkeit: Die Gesellschaft ist gem. Art. 3 kaisha hō eine juristische Person. Dogmatisch ist sie eine Personenvereinigung. Dennoch wird die Einpersonengründung zugelassen. Das wird aus Art. 641 Nr. 4 kaisha hō geschlossen, wonach die Gesellschaft aufzulösen ist, wenn keine Gesellschafter mehr vorhanden sind.
Zweck: Zu dem Erfordernis, auf Erwerb gerichtet zu sein, verhält sich das neue Recht nicht ausdrücklich. Aber aus der Vorschrift des Art. 5 kaisha hō, wonach alle Rechtshandlungen einer kaisha als Handelsgeschäft anzusehen sind, und aus den Vorschriften über die Gewinnverteilung (Art. 621 und 628 kaisha hō) wird geschlossen, dass die gōdō gaisha auf Erwerb gerichtet zu sein hat.
Haftung: Die Haftung der Gesellschafter ist gem. Art. 576 Abs. 4 kaisha hō auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt. Eine persönliche Haftung der Gesellschafter gegenüber Dritten besteht trotz der Art. 578, 580 kaisha hō vom Grundsatz her nicht. Die Neuregelung enthält insoweit trotzdem eine Besonderheit gegenüber dem GmbH-Recht alter Prägung. Danach sahen die Art. 14–16 des Gesetzes über die Gesellschaft mit beschränkter Haftung vor, dass die Gesellschafter als Gesamtschuldner gegenüber der Gesellschaft für Fehlbeträge auf gezeichnete Einlagen hafteten, wenn und soweit keine Einzahlung erfolgt war oder eine Sacheinlage hinter dem angesetzten Wert zurückblieb. Bei der gōdō gaisha kommt es auch zu dieser gesamtschuldnerischen Haftung der Gesellschafter; diese aber besteht nun in Höhe des jeweiligen Fehlbetrages gegenüber dem Gläubiger.
Gesellschafter: Es gibt eine Mindest-, aber keine Höchstzahl der Gesellschafter. Die wesentlichen Entscheidungen werden durch die Gesellschafterversammlung getroffen. In diesen gilt das Einstimmigkeitsprinzip. Das wird insbesondere aus Art. 637 kaisha hō geschlossen, der Einstimmigkeit für Beschlüsse über Satzungsänderungen vorsieht. Es gilt der Grundsatz der Abstimmung nach Köpfen, Art. 590 Abs. 2 kaisha hō. Gemäß Art. 585 Abs. 1 kaisha hō kann ein Anteil nur mit Zustimmung aller Gesellschafter a...

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