Rz. 62

Die Durchführungsregelungen für die EGVO 883/2004 finden sich in der EGVO 987/2009. Für die Durchführung der EWGVO 1408/71 war hingegen die EWGVO 574/72 (ABl. L 74 v. 27.3.1972, S. 1; konsolidierte Fassung ABl. Nr. L 28 v:30.1 1997, S. 1) zuständig.

 

Rz. 63

Nach Art. 11 EWGVO 1408/71 war eine Bescheinigung auszustellen, mit der die Entsendung und die Fortgeltung des Sozialversicherungsrechts des Entsendestaats und der Zeitraum der Fortgeltung spezifiziert werden (sog. E 101-Bescheinigung). Für Selbständige enthielt § 11a EWGVO 574/72 eine vergleichbare Regelung. Die EGVO 987/2009 weist in Art. 19 eine vergleichbare Regelung auf. Die gemäß Art. 11 und 11a EWGVO 574/72 ausgestellten E 101-Bescheinigung hatten Bindungswirkung solange sie nicht zurückgezogen oder für ungültig erklärt wurden. An dieser Rechtsprechung dürfte sich trotz der nunmehr etwas anderen Formulierung des Art. 19 EGVO 987/2009 gegenüber der Vorgängervorschrift in Art. 14 EWGVO 1408/71 nicht viel ändern (Padé, in: jurisPK-SGB IV, § 4 Rz. 23). Sie ist auf die A 1-Bescheinigung übertragbar. Die maßgebenden Rechtsgrundlagen sind:

 
Art. 11 EWGVO 1408/71 Art. 19 EGVO 987/2009

(1) Der Träger, den die zuständige Behörde desjenigen Mitgliedstaats bezeichnet, dessen Rechtsvorschriften weiterhin anzuwenden sind, stellt

a) auf Antrag des Selbständigen in den Fällen des Artikels 14a Absatz 1 und des Artikels 14b Absatz 2 der Verordnung,

b) in den Fällen des Artikels 17 der Verordnung eine Bescheinigung darüber aus, daß und bis zu welchem Zeitpunkt

diese Rechtsvorschriften weiterhin für den Selbständigen gelten.

(2) Die in Artikel 14a Absatz 1 Buchstabe b) und Artikel 14b Absatz 2 der Verordnung vorgesehene Genehmigung ist vom Selbständigen zu beantragen.

(1) Der zuständige Träger des Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften nach Titel II der Grundverordnung anzuwenden sind, unterrichtet die betreffende Person sowie gegebenenfalls deren Arbeitgeber über die Pflichten, die in diesen Rechtsvorschriften festgelegt sind. Er gewährt ihnen die erforderliche Unterstützung bei der Einhaltung der Formvorschriften aufgrund dieser Rechtsvorschriften.

(2) Auf Antrag der betreffenden Person oder ihres Arbeitgebers bescheinigt der zuständige Träger des Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften nach Titel II der Grundverordnung anzuwenden sind, dass und gegebenenfalls wie lange und unter welchen Umständen diese Rechtsvorschriften anzuwenden sind.
 

Rz. 64

Grundverordnung ist in der Terminologie der EGVO 987/2009 die EGVO 883/2004; Durchführungsverordnung ist die Bezeichnung für die EGVO 987/2009 (siehe Titel I, Kapitel 1, Art. 1 Abs. 4 lit. a und lit. b der EGVO 987/2009). Die nunmehr auszustellende Bescheinigung wird dem Kürzel A 1 bezeichnet.

 

Rz. 65

Die Bindung betraf den zuständigen Träger des Mitgliedstaats, in den sich der Arbeitnehmer/Selbständige zur Ausführung einer Arbeit begab, wie auch die Person, die Leistungen dieses Arbeitnehmers/Selbständigen in Anspruch nahm. Der EuGH begründete dies Bindungswirkung mit der Erwägung, "der Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit nach Artikel 5 EG-Vertrag (jetzt Artikel 10 EG) verpflichtet den ausstellenden Träger, den Sachverhalt, der für die Bestimmung der im Bereich der sozialen Sicherheit anwendbaren Rechtsvorschriften maßgebend ist, ordnungsgemäß zu beurteilen und damit die Richtigkeit der in der E-101-Bescheinigung aufgeführten Angaben zu gewährleisten." (Urteil v. 30.3.2000, C-178/97, <Barry Banks u. a.> Rz. 38 curia.europa.eu; vgl. auch Urteil v. 26.1.2006, C-2/05, <Herbosch Kiere NV> Rz. 27 curia.europa.eu = Slg. I-1081, 1093). Der zuständige Träger des Mitgliedstaats, in dem die Arbeit ausgeführt wird, würde seine Verpflichtungen zur Zusammenarbeit nach Art. 5 EG-Vertrag verletzen und die Ziele der Art. 14a Nr. 1 lit. a Verordnung Nr. 1408/71 und Art. 11a der EWGVO Nr. 574/72 verfehlen, wenn er sich nicht an die Angaben in der Bescheinigung gebunden sähe und den Selbständigen zusätzlich seinem eigenen System der sozialen Sicherheit unterstellte (Urteil v. 30.3.2000, C-178/97, <Barry Banks u. a.> Rz. 39 curia.europa.eu). Die Bescheinigung begründe daher eine Vermutung dafür, dass der Anschluss des betreffenden Selbständigen an das System der sozialen Sicherheit des Mitgliedstaats, in dem er ansässig ist, ordnungsgemäß ist; infolgedessen bindet sie den zuständigen Träger des Mitgliedstaats, in dem dieser Arbeitnehmer eine Arbeit ausführt (Urteil v. 30.3.2000, C-178/97, <Barry Banks u. a.> Rz. 40 curia.europa.eu; Urteil v. 26.1.2006, C-2/05, <Herbosch Kiere NV> Rz. 27 curia.europa.eu = Slg. I-1081, 1092).

 

Rz. 66

Der zuständige Träger des Mitgliedstaats, der diese Bescheinigung ausgestellt hat, muss deren Richtigkeit überprüfen und sie ggf. zurückziehen, wenn der zuständige Träger des Mitgliedstaats, in dem der Arbeitnehmer/Selbständige eine Arbeit ausführt, Zweifel an der Richtigkeit des der Bescheinigung zugrunde liegenden Sachverhalts und demnach der darin gemachten Angaben insbesondere deshalb geltend macht, we...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge