1 Leitsatz

Für die Erstellung einer Jahresrechnung ist nicht mehr der alte, noch vor Erstellung abberufene Verwalter zuständig. Zuständig ist die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, handelnd durch den neu bestellten Verwalter als ihr Organ.

2 Normenkette

§ 28 Abs. 2 Satz 2 WEG

3 Das Problem

Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer K verlangt von B, ihrem Verwalter, bis zum 24.4.2021 die Erstellung der Jahresabrechnung für das Jahr 2020. B meint, seine Verwaltertätigkeit sei nach seiner Abberufung mit sofortiger Wirkung durch den Beschluss vom 24.4.2021 beendet worden. Außerdem sei er nicht mehr in der Lage und nicht mehr berechtigt, die Jahresabrechnung zu erstellen.

4 Die Entscheidung

Die Klage hat keinen Erfolg. K habe gegen B keinen Anspruch auf die Erstellung der Jahresabrechnung (Einzel- und Gesamtabrechnung) für das Kalenderjahr 2020. B sei nach dem Beschluss vom 24.4.2021 nicht mehr berechtigt und verpflichtet, die Jahresabrechnung zu erstellen. Seit dem 1.12.2020 (WEG-Reform) sei die Erstellung der Jahresabrechnung Aufgabe der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Nach § 28 Abs. 2 WEG sei deswegen der in dem Zeitpunkt vorhandene Verwalter diejenige Person, die insoweit zu handeln habe.

5 Hinweis

Problemüberblick

Bis zum 30.11.2020 war es die eigene Aufgabe des Verwalters, Rechnung zu legen und als Entwurf die eigentliche Jahresabrechnung aufzustellen. Die Aufgabe, abzurechnen, traf nach h. M. den Verwalter, in dessen Amtszeit die Verpflichtung zur Erstellung fällig wird. Schied der alte Verwalter bereits zum Jahreswechsel aus, musste also der neue Verwalter die Abrechnung erstellen, da die Abrechnung nicht vor dem 1.1. des Folgejahrs fällig ist. Dies galt aber auch bei einem Verwalter-Wechsel im 1. Quartal, da die Abrechnung in diesem in der Regel nicht fällig wird. Vom vorhergehenden Verwalter konnte daneben Rechnungslegung verlangt werden. Eine bereits bestehende Verpflichtung des vorhergehenden Verwalters ging nicht auf den neuen Verwalter über. Der abberufene Verwalter musste die Abrechnung aber erst dann erstellen, wenn ihm die Verwaltungsunterlagen – soweit diese für die Abrechnung relevant sind – zur Verfügung gestellt wurden. Seit dem 1.12.2020 ist es die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, die verpflichtet ist, die Jahresabrechnung zu erstellen.

Neue Rechtslage: Organ

Seit dem 1.12.2020 ist die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer verpflichtet, die Jahresabrechnung zu erstellen. Das AG zieht hieraus den Schluss, man könne die Erstellung vom alten Verwalter – also ihrem alten Organ – nicht mehr verlangen. Dieser Schluss entspricht der heute h. M. Im Fall eines Verwalterwechsels trifft die Organpflicht den neuen Verwalter (siehe nur Bartholome in BeckOK WEG, 46. Ed. 1.10.2021, WEG § 28 Rn. 50; Skauradszun in MüKoBGB, 8. Aufl. 2021, WEG § 28 Rn. 93; Hügel/Elzer, 3. Aufl. 2021, WEG § 28 Rn. 106). Den ehemaligen Verwalter treffen auch keine nachwirkenden Organpflichten.

Neue Rechtslage: Haftung

Hat der ausgeschiedene Verwalter die Jahresabrechnung bei Fälligkeit nicht vorgelegt, kann die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer Schadensersatz verlangen. Und zwar aus Organhaftung, aber auch aus dem Verwaltervertrag. Diese Haftung besteht grundsätzlich in der Erstellung einer Jahresabrechnung (Skauradszun in MüKoBGB, 8. Aufl. 2021, WEG § 28 Rn. 93; Hügel/Elzer, 3. Aufl. 2021, WEG § 28 Rn. 107). Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer kann aber auch Geld verlangen. Diese Haftung hat das AG übersehen.

6 Entscheidung

AG Kassel, Urteil v. 11.11.2021, 800 C 1850/21

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