Rz. 175

Das italienische Gesetz verbietet zur Wahrung der jederzeitigen Testierfreiheit und zum Schutz des Erblassers vor Beeinflussung sowohl den Erbvertrag (Art. 458 c.c.)[256] als auch das gemeinschaftliche Testament (Art. 589 c.c.)[257] (siehe Rdn 103). Verboten sind patti istitutivi[258] (über den eigenen Nachlass), patti dispositivi (über voraussichtlich zufallende Erbrechte oder Vermächtnisse)[259] und patti rinunciativi (Verzicht auf spätere Erbrechte[260]). Erbrechtliche Verfügungen sind höchstpersönlich und stets widerruflich. Ausgeschlossen ist auch eine Umdeutung des nichtigen Erbvertrages in gültige Einzeltestamente.[261] Das Verbot umfasst auch schuldrechtliche schriftliche (also nicht mündliche Versprechen, da es dann an einem verbindlichen patto successorio fehlt[262]) (Vor-)Verträge oder Testierverträge, in denen sich der Erblasser erst zu einer bestimmten Verfügung von Todes wegen verpflichtet, da sie den Schuldner zur Erfüllung verpflichten und dadurch ebenfalls die Testierfreiheit einschränken,[263] aber nur, wenn der Erblasser sich bei der Abfassung des Testaments noch an den irrig für wirksam gehaltenen Vertrag gebunden fühlte.[264] Art. 458 c.c. gilt selbst für formal getrennte Verfügungen, soweit sie nur inhaltlich aufeinander bezogen sind (vgl. Art. 635 c.c.).[265]

 

Rz. 176

Das Verbot gilt unabhängig davon, ob im Erbvertrag bzw. im gemeinschaftlichen Testament wechselbezügliche Verfügungen der Erblasser enthalten sind oder nicht.[266]

 

Rz. 177

Verboten sind nach Art. 458 c.c. auch Verträge über den Nachlass eines noch lebenden Dritten, auch wenn der künftige Erblasser zustimmte, der Erbverzicht einschließlich des Pflichtteilsverzichts sowie die echte Schenkung von Todes wegen.[267]

 

Rz. 178

Zulässig[268] sind aber gleichzeitige Testamente mehrerer Personen auf einem Blatt, die aber selbstständig und in sich abgeschlossen sind (testamento simultaneo), sofern die Wechselbezüglichkeit der Verfügungen sich nicht aus anderen Umstanden ergibt (Art. 635 c.c.).[269]

[256] Cian/Trabucchi/Vascellari, Art. 458 I–III; Ferri, in: Scialoja/Branca, Comm. al Cod. civile, Art. 458 Anm. 1 ff.; Beispielsfälle bei Reiß, Internationales Erbrecht Italien, Rn 244 und Cian/Trabucchi/Vascellari, Art. 458 VII.
[257] Cian/Trabucchi/Amadio, Art. 589 I–III.
[258] Cian/Trabucchi/Vascellari, Art. 458 IV.
[259] Cian/Trabucchi/Vascellari, Art. 458 V.
[260] Cian/Trabucchi/Vascellari, Art. 458 VI. Unzulässig ist sowohl die rinuncia tipica (einseitige Erklärung vor einem Notar oder Cancelliere nach Maßgabe von Art. 519 c.c.) als auch die rinuncia atipica o contrattuale. Dazu Capozzi, Successioni e donazioni, I, S. 29 f.
[261] Hausmann, JbItR 15/16 (2002/2003) 173, 174; Reiß, Internationales Erbrecht Italien, Rn 245; Grundmann, IPRax 1986, 96, 97 unter Verweisung auf Entscheidung des Corte di Cassazione vom 14.7.1983; zum Streitstand De Giorgi, Patti sulle successioni future, 1976, S. 97.
[262] Vgl. Cass. 72/1702, Giur. it. 1973, I, 1, 1594; Cass. 00/5870.
[263] Cass. 76/2619; Cass. 83/4827; Cass. 91/2477; Cass. 81/63.
[264] Bianca, Diritto civile, 2.2, Le successioni, S. 356 f.; Cass. 79/5693; De Giorgi, Patti sulle successioni future, S. 94 ff. Das heißt, den Erben steht der Gegenbeweis offen, dass das Testament unabhängig vom Verpflichtungsvertrag dem wirklichen Willen des Erblassers entsprach. Eine besondere Regelung gilt für den atto di rinuncia all’eredità, der aufgrund einer schuldrechtlichen Verpflichtung erfolgte. Nach Art. 526 c.c. kann er nur wegen Gewalt oder Fahrlässigkeit, aber nicht wegen Irrtum angefochten werden. Dazu Capozzi, Successioni e donazioni, I, S. 46.
[265] Cass. 82/2623; Hausmann, JbItR 15/16 (2002/2003) 173, 175.
[266] Cian/Trabucchi/Vascellari, Art. 458 Anm. IV; Ferri, in: Scialoja/Branca, Comm. al Cod. civile, Art. 458 Anm. 12.
[267] Capozzi, Successioni e donazioni, I, S. 44 ff.
[268] Capozzi, Successioni e donazioni, I, S. 701 f.; Hausmann/Trabucchi, in: Ferid/Firsching/Dörner/Hausmann, Italien Grdz. Rn 248.
[269] Cass. 12/5508 (zwei autonome Testamente); Cass. 08/24813 (keine Gegenseitigkeit, nur jeweilige Gründung einer Stiftung); Cass. 02/1733.

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