Rz. 83

Sind Abkömmlinge vorhanden und hinterlässt der Erblasser keinen Ehegatten, so steht diesen kraft Gesetzes das gesamte Vermögen zu, mehreren zu unter sich gleichen Teilen. Kinder schließen Enkelkinder aus (sog. Linearsystem). Bei Vorversterben eines Abkömmlings treten an dessen Stelle seine Abkömmlinge.

 

Rz. 84

In der Ehe geborene und außer der Ehe geborene Abkömmlinge[133] sowie adoptierte[134] Kinder sind gleichgestellt (Art. 567 c.c.).[135] Außer der Ehe geborene Kinder müssen in jedem Fall vom Erblasser (Vater- und Mutterschaft) anerkannt (Art. 573, 250–268 c.c.) oder die Abstammung muss gerichtlich festgestellt worden sein (Art. 573, 269–279 c.c.). Die Feststellung der Elternschaft kann auch noch nach dem Tod des Erblassers erfolgen.[136] Auch Inzestkinder können nun anerkannt werden. Gleichgestellt sind auch legitimierte[137] Kinder, soweit die Legitimation vor Inkrafttreten der Kindschaftsrechtsreform (7.2.2014) erfolgte; das Rechtsinstitut der Legitimation ist abgeschafft.[138] Stiefkinder sind nur gegenüber ihrem leiblichen Elternteil erbberechtigt.

Die Anerkennung und die Feststellung wirken seit der Kindschaftsrechtsreform 2014 auch in Bezug auf Verwandte des anerkennenden Elternteils. Das Kind ist somit gesetzlich voll erbberechtigt nach den Verwandten der Eltern in gerader Linie und in der Seitenlinie.

Insbesondere nach Art. 253 c.c.[139] nicht anerkennungsfähigen Kindern steht ein bloßer Geldanspruch entsprechend ihrer fiktiven Erbquote (Art. 580 c.c.) in Höhe der aus ihrem, im Fall unterstellter Anerkennung sich ergebenden Erbteil fließenden Rendite zu. Es steht also nicht nur den in der Ehe geborenen Kindern ein Abfindungsrecht zu; vielmehr kann umgekehrt auch das nicht anerkennungsfähige Kind seine Abfindung durch Kapitalisierung verlangen, die die Erben durch Übertragung von Nachlassgegenständen erfüllen können (Art. 580 Abs. 2 c.c.).

 

Rz. 85

Neben dem Ehegatten erbt ein Kind die Hälfte. Erbt mehr als ein Kind, stehen ihnen ⅔ des Nachlasses zu unter sich gleichen Teilen zu. Die frühere Regelung des Art. 537 Abs. 3 c.c., die Nachlassbeteiligung von nichtehelichen Kindern in eine Geldabfindung umzuwandeln oder ihnen bestimmte Nachlassgegenstände zuzuweisen, wurde aufgehoben.

[133] Der Begriff "außer der Ehe geborenes Kind" (figlio nato fuori dal matrimonio) hat seit der Kindschaftsrechtsreform vom 10.12.2012, Nr. 219 den Begriff "natürliches Kind" (figlio naturale) ersetzt.
[134] Zu unterscheiden ist zwischen der adozione di persone maggiore di età (Art. 291–314 c.c.) – mit vergleichbarer Wirkung auch die Adoption von Minderjährigen in besonderen Fällen nach Art. 44 G. 4.5.1983, n. 184 – und der adozione dei minori, G. 4.5.1983, n. 184. Bei Ersterer hat das Adoptivkind kein Erbrecht gegenüber den Verwandten des Adoptierenden (Art. 300 Abs. 2 c.c.) und behält sein Erbrecht gegenüber den natürlichen Verwandten (Art. 300 Abs. 1 c.c.). Bei der adozione dei minori wird gleich den leiblichen ehelichen Kindern ein Verwandtschaftsverhältnis auch gegenüber allen Verwandten des Adoptierenden begründet (Art. 27 G. 4.5.1983, n. 184).
[135] Die vollständige Gleichstellung wurde durch das D.lgs. vom 28.12.2013, Nr. 154 (in Kraft getreten am 7.2.2014) erreicht. Nun sind neben dem Partner in einer eingetragenen Partnerschaft auch leibliche oder adoptierte Kinder des Verstorbenen Pflicht- und gesetzliche Erben. Hat der Verstorbene die Kinder seines Partners nicht adoptiert, sind sie hingegen keine Pflichterben und können nur durch Schenkung oder Testament bedacht werden. So Cubeddu Wiedemann, FamRZ 2016, 1535, 1537.
[136] Vgl. Cian/Trabucchi/Vascellari, Art. 573 Anm. I–II; Gabrielli, Familienbeziehungen und Testierfreiheit in der Erbfolge nach italienischem Recht, in: Henrich/Schwab, Familienerbrecht, S. 131. Bei gerichtlicher Feststellung der Kindschaft beginnt die Verjährungsfrist erst nach Rechtskraft des Feststellungsurteils (Art. 480 Abs. 1 S. 2 c.c. n.F.).
[137] Zulässig war bis zur Kindschaftsrechtsreform 2013 die Legitimation durch Eheschließung der Eltern, Anerkennung oder gerichtliche Feststellung der Elternschaft.
[138] Gesetz vom 10.12.2012, Nr. 219.
[139] Ehebruchskinder sind unbeschränkt anerkennungsfähig; dies gilt aber nicht bei einem nicht mehr beseitigbaren anderweitigen ehelichen Status, so Cass. 92/711, Giur. it 1993, I, 138.

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