Rz. 204

In der italienischen Kautelarpraxis versucht man, durch stiftungsrechtliche Lösungen und mithilfe des Instituts der Treuhand das Verbot des Art. 458 c.c. zu umgehen.[320]

 

Rz. 205

Nach überwiegender Ansicht sind sowohl rechtsfähige Stiftungen als auch unselbstständige bzw. atypische Stiftungen zu rein privaten Zwecken ("Familienstiftung") trotz der Erwähnung in Art. 28 c.c. nicht erlaubt.[321] Für zulässig werden jedoch die fondazione d’impresa und die fondazione per uso fiduciario, zumindest, soweit Letztere nicht erst mit dem Tod des Gründers entstehen soll,[322] erachtet.[323] Als zulässige Gestaltung wird auch die società fiduciaria (Ges. 23.11.1939, N. 1966 – Treuhandgesellschaft), insbesondere die sog. SIM (società di intermediazione mobiliare, Ges. 2.1.1991), wenn in deren Statut vertraglich vorgesehen ist, dass das an die Gesellschaft treuhänderisch übertragene Vermögen nach dem Tod des Gründers an einen Dritten weiter zu übertragen ist, angesehen, vorausgesetzt, der darin liegende Vertrag zugunsten Dritter ist wirksam.[324]

 

Praxishinweis:

Freilich raten alle Autoren, die die Möglichkeit grundsätzlich bejahen, bei solchen Gestaltungen wegen eines möglichen Verstoßes gegen Art. 458 und 692 c.c. zur Vorsicht, insbesondere wenn und soweit die Einsetzung des Begünstigten vom Zuwendenden/Stifter nicht widerruflich bzw. abänderbar ist.

 

Rz. 206

Der italienische Gesetzgeber hat das am 1.1.1992 in Kraft getretene Haager Übereinkommen über das auf Trusts anzuwendende Recht und über ihre Anerkennung vom 1.6.1985 (TrAbk) mit Gesetz vom 9.10.1989 ratifiziert.[325] Die Anerkennung und Regelung des Trusts wird an die vom Gründer ausdrücklich und schriftlich gewählte Rechtsordnung angeknüpft, nicht an die Staatsangehörigkeit des Gründers (Art. 6 TrAbk). Die gewählte Rechtsordnung muss das Rechtsinstitut des Trusts kennen. Der Trust besteht grundsätzlich aus zwei Elementen, dem Gründungsakt zwischen Gründer und trustee und der Rechtsbeziehung zwischen Gründer und Begünstigtem.

 

Rz. 207

Nach einer im Vordringen befindlichen Auffassung sind sog. interne Trusts – das sind Trusts, die einen überwiegenden Bezug zu Italien haben[326] – zulässig.[327] Erforderlich ist nur, dass der italienische Staatsangehörige eine Rechtsordnung wählt, die das Rechtsinstitut des Trusts kennt. Soweit der Trust bereits zu Lebzeiten des Gründers voll wirksam ist, handelt es sich um ein Rechtsgeschäft inter vivos.[328] Soll er aber seine Wirkungen erst nach dem Tod des Gründers voll entfalten (Beispiel: Gründung zu Lebzeiten des Gründers, Vermögensübertragung erfolgt teilweise zu Lebzeiten, teilweise erst nach dem Tod des Gründers), ist, zumindest wenn als Erbstatut des Gründers italienisches Recht gilt, infolge des Verbots des Art. 458 c.c., der nach Art. 4 TrAbk als zwingende italienische Norm zu beachten ist, Folgendes zu beachten: Die Errichtung des Trusts bzw. die Einsetzung der Begünstigten muss für den Gründer widerruflich sein.[329]

 

Rz. 208

Auch die Errichtung eines Trusts ist also nur eingeschränkt möglich. Nach Art. 15 Abs. 1 TrAbk sind die unabdingbaren Vorschriften des italienischen Rechts zu beachten, so auch bei italienischen Staatsangehörigen das Pflichtteilsrecht, da in aller Regel eine Schenkung nach Art. 809, 555 c.c. vorliegt.[330] Wird der Trust anerkannt, tritt Nachlassspaltung zwischen dem trust und dem restlichen Nachlass ein.

 

Rz. 209

Mit Art. 2645 ter c.c. (atti di destinazione) wurde gesetzlich ein Rechtsinstitut zur "Verwirklichung schützenswerter Interessen zugunsten von Behinderten, der öffentlichen Verwaltung oder anderen Körperschaften oder natürlichen Personen" geschaffen.[331] Die Bestimmung lautet:

Zitat

"Öffentliche Urkunden, mit welchen Immobilien oder in öffentlichen Registern eingetragene bewegliche Gegenstände für einen Zeitraum von nicht mehr als neunzig Jahren oder für die Lebensdauer der begünstigten natürlichen Person zur Verwirklichung von schützenswerten Interessen von Behinderten, der öffentlichen Verwaltung oder anderen Körperschaften oder natürlichen Personen gemäß Art. 1322, Absatz 2, können (in das öffentliche Register) eingetragen werden, damit die vermögensrechtliche Bindung auch Dritten entgegen gehalten werden kann; die Verwirklichung dieses Interesses kann außer dem Übertragenden auch jeder andere Interessierte auch zu Lebzeiten des Übertragenden beantragen. Die betroffenen Gegenstände sowie ihre Früchte können nur zweckgebunden verwendet werden und sind der Zwangsvollstreckung nur für die zu diesem Zweck eingegangenen Verbindlichkeiten unterworfen, vorbehaltlich der Bestimmung in Art. 2915 Absatz 1."

 

Rz. 210

Die Regelung ist unvollständig. Es findet keine Vermögensübertragung statt, sondern nur eine Zweckbindung. Es ist insbesondere nicht geregelt, welche Rechtsfolgen der atto di destinazione insbesondere gegenüber den Pflichtteilsberechtigten hat.[332] Der atto di destinazione, der durch Rechtsgeschäft unter Lebenden oder durch Testament errichtet werden kann, ist ein Rechtsinstitut sui gene...

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