Rz. 174

Für Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Gesellschaft wurde ferner durch D.Lgs. Nr. 5 vom 17.1.2003, Art. 38–40, ein neues außergerichtliches Schlichtungsverfahren (procedimento di conciliazione stragiudiziale) eingeführt. Bei der Umsetzung der EU-Richtlinie Nr. 52 vom 21.5.2008 und gemäß dem bevollmächtigenden Gesetz Nr. 69 vom 18.6.2009, Art. 60, wurde DLgs Nr. 28 vom 4.3.2010[102] verabschiedet, welche nunmehr die Mediation der zivil- und handelsrechtlichen Streitigkeiten sowie das Schlichtungsverfahren in weiteren Gebieten regelt und die o.g. Art. 38–40 der DLgs Nr. 5/2003 außer Kraft gesetzt hat.

 

Rz. 175

Das Schlichtungsverfahren ist bei einigen Streitigkeiten zwingend vorgeschrieben und prozessuale Voraussetzung, bevor Klage beim zuständigen Gericht eingereicht werden kann (u.a. Betriebspacht, erbrechtliche Vereinbarungen, Bank- und Versicherungsverträge). Es sind zudem steuerliche Vorteile vorgesehen.

 

Rz. 176

Der Mediator versucht, eine einvernehmliche Lösung zwischen den Parteien herzustellen bzw. unterbreitet einen eigenen Vorschlag. Die Schlichtung eines Streits ist das positive Ergebnis einer Mediation (Art. 1 und Art. 11).

Sieht die Gründungsurkunde einer GmbH ein Schlichtungsverfahren oder eine Mediation vor, wird aber dennoch in einem Streitfall Klage bzw. Schiedsklage erhoben, ohne zuvor einen Schlichtungs- bzw. Mediationsversuch unternommen zu haben, so kann der Beklagte beim Gericht bzw. Schiedsgericht auf die vorherige Durchführung eines Schlichtungsverfahrens bzw. einer Mediation bestehen. Das Gericht bzw. Schiedsgericht setzt in diesem Fall eine Frist für die Einreichung des Schlichtungs- bzw. Mediationsantrags und setzt das Verfahren aus. Die Mediation kann jederzeit auch im Berufungsverfahren durch das Gericht vorgeschlagen und der Prozess für die Zeit der Mediation unterbrochen werden, wenn die Parteien den Vorschlag annehmen. Wird der Schlichtungs- bzw. Mediationsantrag nicht eingereicht bzw. scheitert, ist das Verfahren wieder aufzunehmen. Das Mediationsverfahren dauert bis zu drei Monaten (Art. 6).

 

Rz. 177

Die Einreichung des Mediationsantrags hat die Wirkung einer ordentlichen Klage, d.h., die Verjährung wird unterbrochen. Im Falle eines positiven Ausgangs der Mediation durch die Schlichtung wird diese durch Unterzeichnung eines Protokolls nebst beigefügter Vereinbarung durch die Parteien und den Mediator beendet. Wenn die Parteien keine einvernehmliche Lösung finden, kann der Mediator eine eigene Lösung vorschlagen (Art. 11). Werden alle Parteien durch Rechtsanwälte vertreten, erlangt das Protokoll Rechtskraft und kann Grundlage von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen sein, nachdem alle Parteien und Anwälten unterschrieben haben und die Anwälte bestätigen, dass die Vereinbarung den gesetzlichen Vorschriften entspricht. In den anderen Fällen ist die Genehmigung durch das Gericht auf Antrag einer Partei erforderlich.

 

Rz. 178

Eine weitere Alternative, Streitigkeiten außerhalb des Gerichtsverfahrens beizulegen (Alternative Dispute Resolution), ist die begleitete Verhandlung (negoziazione assistita), die durch DL Nr. 132/2014 und Gesetz Nr. 162/2014 eingeführt wurde. Während in der Mediation ein Dritter anwesend ist, welcher die Kommunikation zwischen den Parteien wiederherstellen und zu einer Einigung führen sollte, sind in der begleiteten Verhandlung nur die Parteien und deren Anwälte anwesend. Das neue Institut ist zwingend vorgeschrieben bevor eine Klage auf Schadensersatz infolge von Verkehrsunfällen oder auf Zahlung von Beträgen bis zu 50.000 EUR eingereicht wird, wenn die Mediation nicht zwingend einzuhalten ist.

[102] D.Lgs. 28/2010 wurde zuletzt durch D.Lgs. 21.5.2018 Nr. 68, DL 24.4.2017 Nr. 50, Gesetz 21.6.2017 Nr. 96, D.Lgs. 6.8.2015 Nr. 130 geändert. Caponi, Die wachsende Bedeutung alternativer Streitbeilegungsverfahren in Italien, in: Stein (Hrsg.), Wege der Rechtskultur in Europa, 2010, S. 45 ff.; Depping/Platter, Die neuen Mediationsgesetze in Italien und Deutschland, in Jahrbuch für It. Recht 24 (2011) 2012, S 85 ff.

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