Leitsatz

Die Befreiung nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der 6. EG-Richtlinie kann für von einem Einzelnen mit dem Status eines freien Mitarbeiters erbrachte Tätigkeiten, die in der Erteilung von Schularbeitshilfe sowie Keramik- und Töpferkursen in Einrichtungen der Erwachsenenbildung bestehen, nur gewährt werden, wenn es sich dabei um die Erteilung von Schul- oder Hochschulunterricht durch einen für eigene Rechnung und in eigener Verantwortung handelnden Lehrer handelt.

 

Sachverhalt

Der Urteilsfall betrifft einen freien Mitarbeiter, der auf Stundenbasis jahrelang Unterrichtstätigkeit für Volkshochschulen des Landes Berlin ausübte. Das Finanzamt versagte die Befreiung nach § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG.

Nach Art. 13 Teil A der 6. EG-Richtlinie (jetzt Art. 132 Abs. 1 Buchst. j der MwStSystR) befreien die Mitgliedstaaten nach Buchst. i) u. a. den Schul- oder Hochschulunterricht, die Ausbildung, Fortbildung oder die berufliche Umschulung … durch mit solchen Aufgaben betrauten Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere Einrichtungen mit vergleichbarer Zielsetzung sowie nach Buchst. j) "den von Privatlehrern erteilten Schul- und Hochschulunterricht". Buchst. i) befreit nur die dort genannten Einrichtungen, nicht aber für diese tätigen freien Mitarbeiter. Für die Befreiung nach Buchst. j) wollte der BFH vom EuGH wissen, ob hierfür Voraussetzung ist, dass der Privatlehrer seine Unterrichtsleistung direkt den Schülern als Leistungsempfängern erbringt (also von diesen bezahlt wird) oder ob es ausreicht, dass der Privatlehrer seine Unterrichtsleistung einer Schule als Leistungsempfänger erbringt.

Im Ausgangsverfahren ist nach Auffassung des EuGH strittig, ob der Lehrer den Unterricht"privat" erteilt hat. Hierfür ist nicht unbedingt das Bestehen einer unmittelbaren Vertragsbeziehung zwischen den Teilnehmern und dem Unterrichtenden erforderlich. Für eine "private" Tätigkeit spricht zwar das Nichtbestehen eines Anspruchs auf Fortzahlung der Bezüge im Verhinderungsfall und das Honorarrisiko bei Ausfallen der Kurse für eine Tätigkeit auf eigene Rechnung und eigene Verantwortung. Dagegen spricht, dass der Lehrer letztlich nur für Erwachsenenbildungseinrichtungen des Landes Berlin tätig ist und einen Zuschuss seiner Renten- und Krankenversicherung sowie eine Urlaubsabgeltung erhielt (obwohl laut Vertrag kein "Beschäftigungsverhältnis" vorlag). Ob der Lehrer nicht für eigene Rechnung und Verantwortung unterrichtete, sondern in Wirklichkeit dem Land Berlin als Lehrer zur Verfügung stand, muss der BFH noch prüfen.

Der Begriff "Schul- und Hochschulunterricht" beschränkt sich nicht allein auf Unterricht für eine Abschlussprüfung zur Erlangung einer Qualifikation oder zur Ausübung einer Berufstätigkeit. Er umfasst auch andere Unterweisungen in Schulen/Hochschulen zur Entwicklung von Kenntnissen und Fähigkeiten. Voraussetzung ist, dass diese Tätigkeiten nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung hat.

 

Hinweis

Abzuwarten bleibt nun die Entscheidung des BFH, ob der Steuerpflichtige überhaupt als "Privatlehrer" anzusehen ist . Noch zu klären ist auch, ob die ausgeübten Tätigkeiten als steuerfreier "Schul- oder Hochschulunterricht" oder als steuerpflichtiger Unterricht über Freizeitgestaltung zu werten sind.

 

Link zur Entscheidung

EuGH, Urteil v. 14.6.2007, C-445/05 Haderer

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