Leitsatz

Interne Aufteilung gerichtlicher und außergerichtlicher Kosten nicht nach Kopfteilen, sondern nach dem allgemeinen Verteilungsschlüssel!

(Vorlage zum BGH wegen Abweichung zu OLG Düsseldorf v. 18.10.2002, 3 Wx 261/02, ZMR 2003, 228)

 

Normenkette

§§ 16 Abs. 2 und Abs. 5, 47 WEG; § 100 ZPO; § 426 BGB

 

Kommentar

  1. Gerichtliche und außergerichtliche Kosten, die durch die Gerichtsentscheidung rechtskräftig Wohnungseigentümern als Gesamtschuldnern auferlegt sind, müssen in der Jahresabrechnung bzw. in den Einzelabrechnungen intern nach dem allgemeinen Verteilungsschlüssel umgelegt werden, nicht nach Kopfteilen.
  2. Mangels anders lautender wirksamer Vereinbarungsregelung sind Kosten nach dem allgemeinen Verteilungsschlüssel des § 16 Abs. 2 WEG, damit also nach Miteigentumsanteilen abzurechnen, also auch "Rechtskosten" (allerdings abzüglich der Miteigentumsanteile der von den Rechtskosten nicht betroffenen Wohnungseigentümer). Die Vorschrift des § 16 Abs. 5 WEG besagt nicht, dass es sich bei den Rechtskosten nicht um Verwaltungskosten im Sinne des § 16 Abs. 2 WEG handelt; diese Vorschrift will nur verhindern, dass eine gerichtliche Kostenentscheidung durch den allgemeinen Kostenverteilungsschlüssel des § 16 Abs. 2 WEG umgangen wird. Über den Kostenverteilungsmaßstab im Innenverhältnis enthält § 16 Abs. 5 WEG keine Aussage.

    Die Meinung des OLG Düsseldorf (ZMR 2003, 228 = NZM 2003, 327), dass mangels anderer Vorschriften im WEG gem. § 100 Abs. 1 ZPO zu verfahren sei, was eine Verteilung der Kosten nach der Anzahl der durch die gerichtliche Kostenentscheidung belasteten Wohnungseigentümer bedeute, ist nicht abzustellen. Der gerechte Verteilungsmaßstab ist der des § 16 Abs. 2 WEG, zumal sich Miteigentumsanteile sehr häufig nach der Größe der Wohn- und Nutzflächen richteten. § 426 Abs. 1 Satz 2, 2. Halbsatz BGB stehe dem auch nicht entgegen, weil in § 16 Abs. 2 WEG etwas anderes für das Innenverhältnis der Wohnungseigentümer geregelt sei. Die Auffassung des LG sei deshalb auch nach Meinung des Senats überzeugend. Allein aus der Kostenregelung in einer Gerichtsentscheidung folge nicht automatisch die Anwendung der sehr schematischen Regelung des § 100 Abs. 1 ZPO; für das Innenverhältnis der Wohnungseigentümer liege die Anwendung des § 16 Abs. 2 WEG auch sachnäher. Beim Stimmrecht gibt es im Gesetz ausdrücklich andere Regelungen (vgl. auch § 25 Abs. 2 WEG). Gehört eine Eigentumswohnung mehreren Miteigentümern (insbesondere beim Eigentum einer Erbengemeinschaft), würden völlig ungleiche Kopfbelastungen in der Gemeinschaft entstehen. Aus diesem Grund erscheint eine Anknüpfung der Kostenverteilung an das Stimmrechtsprinzip gekünstelt. Beim gemeinschaftsinternen Beschlussanfechtungsverfahren wie auch bei Wohngeldverfahren würde im Übrigen zu bedenken sein, ob daran festzuhalten ist, dass der anfechtende bzw. zahlungssäumige Wohnungseigentümer nicht auch nach gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen zugleich auf der gegnerischen Gemeinschaftsseite beteiligt ist; dies wäre ein zusätzlicher Rechtfertigungsgrund für die Anwendung des § 16 Abs. 2 WEG.

 

Link zur Entscheidung

KG v. 7.11.2005, 24 W 143/05, Vorlagebeschluss zum BGH KG Berlin, Beschluss vom 07.11.2005, 24 W 143/05

Anmerkung

Die Auffassung des KG erscheint überzeugend (auch und insbesondere in Auslegung des § 16 Abs. 5 WEG). Besitzt z.B. ein Wohnungseigentümer mehrere Einheiten (bei gleicher Eigentumseintragung im Grundbuch), ist es aus Gerechtigkeitsgründen auch nur sehr schwer zu verstehen, wenn dieser hinsichtlich solcher Kostenbelastungen nur mit einem einzigen Kopfanteil mithaften sollte, demgegenüber wiederum Bruchteilseigentümer oder Gesellschafter/Gemeinschafter einer Sondereigentumseinheit mit mehreren Anteilen. Kritik an einer Anwendung der Grundsätze des § 100 ZPO und Regelungen der Kostenordnung analog sowie des § 426 BGB im Innenverhältnis einer Eigentümergruppe (als gerichtlich verfügte Kostenschuldnerseite) äußerte erinnerlich bereits Merle vor mehreren Jahren anlässlich eines Vortrags bei der Fischener Fachveranstaltung des ESW Deutschland (nachlesbar in der Schriftenreihe PiG). Auch diese Kritik dürfte der BGH aller Voraussicht nach zum Anlass nehmen, die langjährig umstrittene Frage der Auslegung des § 16 Abs. 5 WEG im Sinne der Vorlage und überzeugenden Meinung des KG zu entscheiden.

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