Leitsatz

Im Insolvenzverfahren über das Vermögen eines Wohnungseigentümers begründet die vom Insolvenzverwalter unterlassene Freigabe des Wohnungseigentums einen Schadensersatzanspruch der Wohnungseigentümergemeinschaft wegen entgangenen Hausgelds weder aus § 61 InsO noch aus § 60 InsO.

 

Fakten:

Das Gericht hatte vorliegend die Frage verneint, ob im Insolvenzverfahren über das Vermögen eines Wohnungseigentümers die vom Insolvenzverwalter unterlassene Freigabe des Wohnungseigentums einen Schadensersatzanspruch der Wohnungseigentümergemeinschaft wegen entgangenen Hausgelds begründet. Nach § 61 S. 1 InsO ist der Verwalter dem Massegläubiger zum Schadensersatz verpflichtet, wenn eine Masseverbindlichkeit, die durch eine Rechtshandlung des Insolvenzverwalters begründet worden ist, aus der Insolvenzmasse nicht voll erfüllt werden kann. Vorliegend waren Hausgeldrückstände als Neumasseverbindlichkeiten entstanden, nachdem der Insolvenzverwalter die Masseunzulänglichkeit angezeigt hatte. Für den geltend gemachten Schadensersatzanspruch aus § 61 InsO fehlt es jedoch an den weiteren Voraussetzungen, nämlich einer Rechtshandlung des Insolvenzverwalters im Sinne dieser Vorschriftsowie einem dadurch kausal verursachten Schaden. Bei dem streitgegenständlichen Verhalten des Insolvenzverwalters geht es jedoch nicht um eine Rechtshandlung wie etwa um einen Vertragsschluss, eine Erfüllungswahl oder eine unterlassene Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses.

Vielmehr hat der Insolvenzverwalter es unterlassen, das Wohnungseigentum des Insolvenzschuldners "rechtzeitig" freizugeben. Dieses Verhalten des Insolvenzverwalters fällt jedoch nach Auffassung des LG Stuttgart nicht unter § 61 InsO. Bei der Auslegung des Begriffs der Rechtshandlung sei auch zu berücksichtigen, dass es sich bei den Wohngeldansprüchen um Masseverbindlichkeiten handelt, also nicht um solche, die "durch Handlungen des Insolvenzverwalters" begründet werden, sondern um solche, die "in anderer Weise" durch die Verwaltung der Insolvenz masse begründet werden.

 

Link zur Entscheidung

LG Stuttgart, Urteil vom 23.04.2008, 10 S 5/07

Fazit:

Völlig anderer Auffassung zur Haftung des Insolvenzverwalters ist insbesondere das OLG Düsseldorf (Urteil v. 28.4.2006, 3 Wx 299/05). Dieses bejaht einen entsprechenden Schadensersatzanspruch gegen den Insolvenzverwalter nach § 61 InsO, wenn dieser es zu verantworten hat, dass Hausgeldforderungen der Gemeinschaft aus der Insolvenzmasse nicht voll erfüllt werden können, da er jahrelang nichts oder nur wenig unternommen habe, um Mietzins einzuziehen oder im Falle der Uneinbringlichkeit beziehungsweise des Leerstands von Wohnungen eine angemessene Verwertung herbeizuführen.

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