Leitsatz

Der Verwalter muss den Wohnungseigentümern Informationen zum Zustand des gemeinschaftlichen Eigentums weiterleiten. Unterlässt er diese Information, kann er der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und/oder den Wohnungseigentümern auf Schadensersatz haften

 

Normenkette

§ 27 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 WEG; § 280 BGB

 

Das Problem

  1. Der Verwalter beauftragt zum Zweck der Beweissicherung einen Architekten mit der Begutachtung bestimmter Gebäudeschäden. Der Architekt stellt fest, dass die Deckenbalken einen Wurm- bzw. Holzbockbefall aufweisen und Holzteile teilweise mit einem Pilz oder Schwamm überzogen sind. Wie groß der tatsächliche Schaden ist, lasse sich durch die erfolgte kleine Bauteilöffnung allerdings noch nicht feststellen. Der Architekt rät daher zu einer Prüfung durch Fachleute. In einem weiteren Bericht merkt der Architekt dann noch an, dass eine Instandsetzung sofort in die Wege geleitet werden müsse. Der Verwalter leitet diese Informationen jeweils nicht an die Wohnungseigentümer weiter.
  2. Ein Wohnungseigentümer ist der Ansicht, der Verwalter hafte für die Kosten einer später durchgeführten Schwammsanierung, weil er es während seiner Verwalterzeit versäumt habe, die Wohnungseigentümer frühzeitig über den Schwammbefall zu informieren, sodass keine geeigneten Maßnahmen ergriffen werden konnten, solange noch eine Schwammversicherung bestanden habe.

    § 27 WEG (Aufgaben und Befugnisse des Verwalters)

    […]

    (2) Der Verwalter ist berechtigt, im Namen aller Wohnungseigentümer und mit Wirkung für und gegen sie

    1. Willenserklärungen und Zustellungen entgegenzunehmen, soweit sie an alle Wohnungseigentümer in dieser Eigenschaft gerichtet sind;

    [...]

    (3) Der Verwalter ist berechtigt, im Namen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und mit Wirkung für und gegen sie

    1. Willenserklärungen und Zustellungen entgegenzunehmen;

    […]

 

Entscheidung

  1. Die Klage hat Erfolg. Es sei vom Verwalter pflichtwidrig gewesen, die Wohnungseigentümer nicht über die Ermittlungen des Architekten zu informieren. Der Verwalter habe dessen Bericht weder in der Versammlung vorgelegt noch habe er ihn dem später vom Gericht eingesetzten Verwalter überlassen, damit dieser ihn bekannt gibt.
  2. Zu den Informations- und Hinweispflichten des Beklagten als Verwalter hätte es gehört, den Bericht den Wohnungseigentümern zur Kenntnis zu bringen. Denn in diesem Bericht sei darauf hingewiesen worden, dass die tatsächliche Größe des festgestellten Schadens sich durch die vorhandene kleine Bauteilöffnung nicht feststellen lasse und eine Prüfung durch Fachleute erfolgen müsse, um einen eventuellen Schadensfortschritt eingrenzen zu können. In dem Bericht sei auch auf die Eilbedürftigkeit einer solchen Untersuchung hingewiesen worden. Dies hätte der Verwalter den Wohnungseigentümern jeweils mitteilen müssen, um eine Grundlage für deren Entscheidung über die Sanierung eines Schwammschadens treffen zu können.
  3. Die Kammer geht davon aus, dass die Unterlassung eines Hinweises auf den Bericht für den Schaden kausal geworden sei. In der Vergangenheit sei Schwammbefall in einzelnen Wohnungen zwar nur im Bereich des jeweiligen Befalls saniert worden – ohne dass dies Anlass gegeben hätte, das gesamte Haus untersuchen zu lassen. Die Kammer zieht hieraus jedoch nicht den Schluss, dass auch nach dem Bericht des Architekten so verfahren worden wäre. Es sei vielmehr davon auszugehen, dass die Schwammversicherung die Sanierung desjenigen Schwammbefalls bezahlt hätte, der bei einer Schadensmeldung nach Durchführung einer gründlichen Untersuchung im Anschluss an eine Eigentümerversammlung innerhalb einer Frist von knapp 3 Monaten hätte festgestellt werden können.
 

Kommentar

Anmerkung
  1. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und die Wohnungseigentümer bedürfen einer Vielzahl von Informationen, um ihren gesetzlichen Pflichten genügen und das gemeinschaftliche Eigentum sachgerecht verwalten zu können. Da Wohnungseigentümer mit den rechtlichen Grundlagen ihres Eigentums in der Regel wenig vertraut und häufig überfordert sind, hat ihnen das Gesetz zur Informationsbeschaffung einen Verwalter zur Seite gestellt. Wie weit die auf dem Verwalter ruhenden Informationspflichten reichen, ist allerdings nur rückständig geregelt und daher anhand der gesetzlichen bestimmten Pflichten und der Stellung des Verwalters bei der Verwaltung zu entwickeln.
  2. Eine gesetzliche Bestimmung, wonach der Verwalter informieren muss, ist die im Mittelpunkt der Entscheidung stehende Bestimmung des § 27 Abs. 2 Nr. 1 WEG. Nach dieser Vorschrift ist der Verwalter Zustellungs- und Willensempfangsvertreter der Wohnungseigentümer (und nach § 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 WEG der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer). In diesen Vorschriften "verstecken" sich mittelbare Informationspflichten. Als Vertreter muss der Verwalter dem Vertretenen – den Wohnungseigentümern bzw. der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer – jeweils Nachricht geben, was ihm als Vertreter zugesandt oder erklärt wurde. Dies hat der Verwalter im Fall – wohl nich...

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