Rz. 171

In wachsendem Maße ist der BFH im Interesse der Einheitlichkeit und Übersichtlichkeit der Rechtsordnung bestrebt, bürgerlich-rechtlich einwandfreien Regelungen auch im Steuerrecht Geltung zu verschaffen. Eine handelsrechtlich wirksam vereinbarte Gewinnverteilung wird grundsätzlich auch steuerlich anerkannt. Eine vom Vertrag abweichende steuerliche Gewinnverteilung bei einer GmbH & Co. KG ist – so führt der BFH in seinem Urteil vom 25.4.1968[1] aus – nur dann möglich, wenn die steuerlichen Bedenken zu einer wesentlich anderen Verteilung führen würden, d. h. wenn die Angemessenheit der Gewinnverteilung verneint wird. Angemessen, d. h. frei von außerbetrieblichen, nur aufgrund der Gesellschafteridentität erklärbaren Erwägungen, ist eine Gewinnverteilung, wenn sie dem Wesen einer Gesellschaft und dem Wesen des Gewinns gemäß ist. Bei der Prüfung der Angemessenheit einer Gewinnverteilung der GmbH & Co. KG sind als wesentliche Faktoren – wie weiter unten noch ausgeführt wird – der Arbeitseinsatz, der Kapitaleinsatz und das übernommene Haftungsrisiko zu berücksichtigen.[2]

Vorstehende Ausführungen hat der BFH in mehreren Urteilen bestätigt. Er hat stets die Auffassung vertreten, dass für die Ermittlung des Anteils eines Gesellschafters am Gewinn oder Verlust einer Personenhandelsgesellschaft grundsätzlich der handelsrechtliche Gewinn- und Verteilungsschlüssel maßgebend sei, wie er sich aus den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages und den Vorschriften des HGB ergibt.[3]

 

Rz. 172

Dieser Grundsatz erfährt jedoch Einschränkungen, wenn für die Gewinnverteilung nicht allein die Verhältnisse der Gesellschafter in der Gesellschaft und insbesondere ihre Beiträge zum Gesellschaftszweck maßgebend sind, sondern die Verteilung von anderen Beziehungen zwischen den Gesellschaftern beeinflusst ist, die ihre Grundlage nicht im Gesellschaftsverhältnis haben. Der Einfluss, den diese Beziehungen auf die Gewinnverteilung nehmen, muss korrigiert werden; insoweit handelt es sich nämlich um die Verwendung bereits erzielter Einkünfte, die die Zurechnung des erzielten Einkommens nicht beeinflussen kann. Zu derartigen Abweichungen kommt es insbesondere in Familienpersonengesellschaften, wenn mit der Gewinnverteilung gleichzeitig die Zuwendung von erzielten Einkünften an Angehörige verbunden ist. In diesem Fall sind die Gewinnanteile der Gesellschafter so zu bemessen, wie sie ohne Zuwendung vereinbart worden wären. Entsprechendes gilt aber auch, wenn zwischen den Gesellschaftern nicht verwandtschaftliche, sondern wirtschaftliche Beziehungen außerhalb des Gesellschaftsverhältnisses bestehen und diese auf die Gewinnverteilung Einfluss gewinnen. Die Rechtsprechung[4] hat betont, dass derartige wirtschaftliche Beziehungen zwischen den Gesellschaftern, die auf die Gewinnverteilung Einfluss nehmen können, auch dann bestehen, wenn eine Kapitalgesellschaft Mitglied einer Personengesellschaft ist und die übrigen Gesellschafter an der Kapitalgesellschaft beteiligt sind. Bei einer personengleichen GmbH & Co. KG muss demzufolge eine Änderung des Gewinn- und Verlustverteilungsschlüssels außer Betracht bleiben, wenn diese Änderung außerbetrieblich veranlasst ist, d. h. ihre Erklärung nicht in den Verhältnissen der Gesellschaft findet.

 

Rz. 173

Verzichtet die Komplementär-GmbH im Interesse der übrigen Gesellschafter auf eine Gewinnbeteiligung, die ihr sonst eingeräumt worden wäre, kann dieser Verzicht auf einen Gewinnanteil der Kapitalgesellschaft nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG keinen Einfluss haben, weil er seine Ursache nicht in den Verhältnissen der Personengesellschaft findet. Der Vorgang hat darüber hinaus auch für die Besteuerung der Kapitalgesellschaft und ihrer Gesellschafter Bedeutung. Mit dem Verzicht auf den erreichbaren Gewinnanteil nimmt die Kapitalgesellschaft den Verzicht auf eine Vermögensmehrung in Kauf und wendet gleichzeitig ihren Gesellschaftern im Hinblick auf das Gesellschaftsverhältnis außerhalb der Gewinnverteilung einen Vermögensvorteil zu. Die Kapitalgesellschaft bewirkt dadurch eine verdeckte Gewinnausschüttung, die ihren körperschaftsteuerlichen Gewinn nicht beeinträchtigen kann (§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG). Die begünstigten Gesellschafter erlangen die überhöhte Gewinnbeteiligung demnach als Frucht ihrer Beteiligung an der Kapitalgesellschaft. Dies gilt auch, wenn die Kapitalgesellschaft Komplementär-GmbH in einer GmbH & Co. KG ist und die Kommanditisten gleichzeitig die Gesellschafter der GmbH sind. Da die Anteile an der GmbH Sonderbetriebsvermögen der Kommanditisten bilden, führt die überhöhte Gewinnbeteiligung zu Sonderbetriebseinnahmen der Kommanditisten, die in die einheitliche Gewinnfeststellung für die GmbH & Co. KG aufzunehmen sind.[5]

 

Rz. 174

Verzichtet der GmbH-Gesellschafter, der zugleich Kommanditist der GmbH & Co. KG ist, auf seinen Gewinnanteil, so ist die geänderte Gewinnverteilung dadurch zu erklären, dass der Kommanditist (und GmbH-Gesellschafter) durch die Einräumung eines überhöhten Gewinnanteils gewährlei...

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