1 Vermögensauseinandersetzung neben güterrechtlichem Ausgleich

 

Rz. 1

Durch die Ehe und das eheliche Zusammenleben entstehen Vermögensverflechtungen, die es erforderlich machen, unterschiedliche Fragestellungen unabhängig von güterrechtlichen Regelungen zu behandeln. Die Vermögensauseinandersetzung als solche ist nicht völlig losgelöst von güterrechtlichen Regelungen zu betrachten, denn je nach Güterstand werden unterschiedliche Bewertungen erforderlich. Durch die Vermögensauseinandersetzung wird jedoch ein weitestgehender Ausgleich zwischen den Eheleuten geschaffen, der alleine durch eine güterrechtliche Auseinandersetzung nicht erreicht werden kann. So wird den Interessen beider Ehegatten bestmöglich entsprochen.

Es stellt sich damit die Frage, was die Vermögensauseinandersetzung im Einzelnen beinhaltet. Sie betrifft unter anderem die Fragen, wer im Verhältnis der Ehegatten zueinander für gemeinsame Schulden einstehen muss, welche Ausgleichsansprüche ein Ehegatte aufgrund von Schenkungen gegen den anderen Ehegatten oder dessen Eltern und umgekehrt hat, welche gesellschaftsrechtlichen Ansprüche (z.B. aus Mitarbeit im Betrieb des anderen Ehegatten, beim Hausbau oder beim Aufbau von Immobilienvermögen) bestehen, wie die Auseinandersetzung in Bezug auf Bankguthaben oder Wertpapiere erfolgt oder welche Mitwirkungspflichten die Ehegatten im steuerlichen Bereich haben.

Da es für die Beantwortung dieser Fragen an familienrechtlichen Vorschriften fehlt und in den wenigsten Fällen klare vertragliche Regelungen zwischen den Eheleuten bestehen, muss weitestgehend auf die Vorschriften des Schuld- und Sachenrechts zurückgegriffen werden. Hierbei ist jedoch stets die "familienrechtliche Überlagerung" der allgemeinen gesetzlichen Regelungen zu berücksichtigen.[1]

Insbesondere beim Güterstand der Gütertrennung muss zumindest soweit ein Ausgleich über von der Rechtsprechung entwickelte und an die Vorschriften des Schuld- und Sachenrechts angelehnte Rechtsfiguren geschaffen werden, wie es das Gerechtigkeitsempfinden verlangt.

Mit den nachfolgenden Erläuterungen sollen ein tiefer gehender Überblick über diese Besonderheiten geschaffen und praxisrelevante Bearbeitungshinweise erteilt werden.

[1] Vgl. Wever, Vermögensauseinandersetzung außerhalb des Güterrechts, 5. Aufl., Bielefeld, Rn. 10.

2 Änderungen durch die Reform vom 1.9.2009 und geänderte gerichtliche Zuständigkeit

 

Rz. 2

Durch die Reform vom 1.9.2009 und das dadurch in Kraft getretene Gesetz über das Verfahren in Familiensachen ergeben sich für die Vermögensauseinandersetzung außerhalb des Güterrechts insbesondere Neuerungen bezüglich der gerichtlichen Zuständigkeit. Nunmehr ist das Große Familiengericht geschaffen worden, welches gem. §§ 101 Nr. 10, 266 FamFG auch für sogenannte sonstige Familiensachen zuständig ist. Hierzu gehören die vermögensrechtlichen Streitigkeiten, welche vor der Reform noch zu einer Zuständigkeit der allgemeinen Zivilgerichte geführt haben. Die Voraussetzungen, unter welchen eine sonstige Familiensache vorliegt, bestimmt § 266 FamFG. Die Angelegenheit muss unter eine der in Abs. 1 Nr. 1–5 FamFG genannten Fallgruppen fallen und es darf nicht eine der im 2. Halbsatz genannten Ausnahmen vorliegen.

Die Neuregelung gilt für alle Verfahren, die nach dem 1.9.2009 eingeleitet wurden. Für vor diesem Zeitpunkt eingeleitete, ausgesetzte oder ruhende Verfahren bleibt es bei der vor dem 1.9.2009 bestehenden Zuständigkeit der allgemeinen Zivilgerichte (Art. 111 Abs. 1 Satz 1 FGG-RG).

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