Vermieter können Immobilien schneller und mit höheren Beträgen von der Steuer abschreiben, wenn sie eine kürzere Nutzungsdauer nachweisen. Dafür reicht ein Online-Gutachten. Das FG Köln folgt damit der Auffassung des BFH in gleicher Sache.

Von vermieteten gewerblich genutzten Immobilien können Eigentümer steuerlich profitieren, indem sie Gebäude über die Nutzungsdauer hinweg abschreiben – im Normalfall mit einer linearen Abschreibung von 2 % pro Jahr laut Einkommenssteuergesetz (EStG). Nach 50 Jahren wäre ein Objekt also vollständig abgeschrieben. Bei jedem Eigentümerwechsel werden die Abschreibungshöhe und die Abschreibungsdauer neu ermittelt.

In vielen Fällen können Eigentümer ihre Immobilie sogar in einem deutlich kürzeren Zeitraum abschreiben und jährlich höhere Absetzungen für Abnutzung (AfA) steuerlich geltend machen. Dafür müssen Vermieter eine kürzere Restnutzungsdauer nachweisen können.

Modellhaft ermittelte Restnutzungsdauer reicht zur Begründung des höheren AfA-Satzes

Am 9.7.2022 hat das FG Köln (Urteil v. 23.3.2022, 6 K 923/20) klargestellt, dass eine modellhaft ermittelte wirtschaftliche Restnutzungsdauer von vermieteten Immobilien als Grundlage des steuerlichen AfA-Satzes gelten kann. Darauf weist die Gutachter-Plattform Nutzungsdauer.com hin.

"Konkret geht es um das in der ImmoWertV verankerte Schema zur Bestimmung der Restnutzungsdauer bei modernisierten Gebäuden", erklärte Geschäftsführer David Glasenapp.

"Die allermeisten Vermieter in Deutschland zahlen mehr Steuern als sie müssten", so Glasenapp. Jeder Vermieter, der eine mehr als 30 Jahre alte Bestandsimmobilie zur Erzielung von Einkünften habe, sollte die tatsächliche Nutzungsdauer zumindest überprüfen. Oftmals könne der Abschreibungszeitraum signifikant verkürzt und nicht unerhebliche steuerliche Vorteile geltend gemacht werden. Nach Schätzungen von Nutzungsdauer.com "verschenken" manche Vermieter zwischen 2.500 und 5.000 EUR pro Jahr.

Grundsätzlich räumt die Bestimmung des § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG dem Steuerpflichtigen ein Wahlrecht ein, ob er sich mit dem typisierten AfA-Satz nach § 7 Abs. 4 Satz 1 EStG – also 50 Jahre bei Gebäuden ab Baujahr 1925 – zufriedengibt oder über ein Gutachten eine tatsächlich kürzere Nutzungsdauer geltend macht.

Höherer AfA-Satz bei tatsächlich kürzerer Nutzungsdauer

Die durch Privatgutachten ermittelte wirtschaftliche Restnutzungsdauer von gewerblich genutzten Immobilien kann als Grundlage des steuerlichen AfA-Satzes gelten, hat das FG Münster (Urteil v. 27.1.2022, 1 K 1741/18 E) entschieden. Die neue Rechtsprechung lässt auch Online-Gutachten und solche Gutachten zu, die sich ausnahmslos auf die Nutzungsdauer einer Immobilie beschränken.

Grundsätzlich sei ein Gebäude zwar nach festen AfA-Sätzen (hier 2 % pro Jahr) abzuschreiben, bei einer tatsächlich kürzeren Nutzungsdauer als 50 Jahre könne aber nach Wahl der steuerpflichtigen Person von höheren Sätzen ausgegangen werden, so die Richter aus Münster.

Das Gericht folgte damit einer Entscheidung des BFH (Urteil v. 28.7.2021, IX R 25/19). Es kann sich "jeder Darlegungsmethode bedient werden, die im Einzelfall geeignet erscheint", so der BFH. Bis dahin verlangten Finanzämter teils die Vorlage eines kostspieligen Bausubstanzgutachtens.

"Dieses Urteil bestätige die BFH-Entscheidung nicht nur, sondern erleichtert die Verkürzung noch einmal enorm", meinte Glasenapp – denn: Die durch Privatgutachten vorgelegte Nutzungsdauer könne nur dann verworfen werden, wenn sie eindeutig außerhalb des angemessenen Schätzungsrahmens liege. "Selbst, wenn im Finanzgerichtsverfahren ein vom Gericht bestellter Gutachter zu einem anderen Ergebnis käme, müssten die Ergebnisse schon erheblich divergieren, um verworfen werden zu können."

In dem Fall hatte ein Vermieter ein Grundstück gekauft, für das ein Sachverständigengutachten auf Grundlage der Regelungen der zum Stichtag gültigen Wertermittlungsverordnung (WertV) vorlag. Das Gebäude wies eine Restnutzungsdauer von 30 Jahren aus. Der Eigentümer setzte daraufhin in seinen Einkommensteuererklärungen eine jährliche Abschreibung des Gebäudes von 3,33 % statt der üblichen 2 % als Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung an. Das Finanzamt berücksichtigte aber nur den kleineren Abschreibungssatz.

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