Leitsatz

Wie ist ein Schadensersatzanspruch auf Hinterbliebenenunterhalt gegen eine Versicherung rechtlich abzusichern, wenn der potenzielle Unterhaltspflichtige verunglückt ist? Der BGH entschied, in welchem Umfang Hinterbliebene hypothetische, zukünftige Unterhaltsforderungen feststellen lassen können.

 

Sachverhalt

Bei einem Verkehrsunfall war die 17 Jahre alte Tochter der Kläger als Beifahrerin auf einem Motorrad tödlich verunglückt. Der Fahrer, der Freund der Verstorbenen, und dessen Versicherung hatten ihre Eintrittspflicht grundsätzlich anerkannt. Die Versicherung hatte schriftlich erklärt, dass sie "mit den Wirkungen eines … rechtskräftigen Feststellungsurteils" anerkenne, den Eltern den weiteren Schaden zu ersetzen, wenn Verhältnisse einträten, unter denen die Verstorbene gegenüber den Eltern wahrscheinlich unterhaltspflichtig geworden wäre.

Die Erklärung der Versicherung reichte den Eltern nicht. Sie klagten auf Feststellung der Unterhaltspflicht als solcher sowie auf Feststellung, dass die Höhe des dann zu zahlenden Unterhalts sich nach dem durchschnittlichen Gehalt einer Chemieingenieurin richte. Auf diesen Beruf hin habe ihre Tochter nach dem Abitur studieren wollen. Dies könne jetzt noch von Zeugen bestätigt werden, zu einem späteren Zeitpunkt sei möglicherweise alles schwieriger.

LG und OLG haben die Klage abgewiesen. Soweit es um die Feststellung der Unterhaltspflicht gehe, fehle es an dem notwendigen Feststellungsinteresse. Zwar könne schon das Interesse an einer Verjährungsverhinderung ein Feststellungsinteresse begründen. Gebe der Verpflichtete aber ein Anerkenntnis ab, mit dem er auf die Einrede der Verjährung verzichte oder stelle er sein Anerkenntnis einem Feststellungsurteil gleich, sei zu Gunsten der Berechtigten hinreichend klar gestellt, dass sie ihre Rechte im Fall des Eintritts der Unterhaltsbedürftigkeit ohne Weiteres geltend machen können. Ein rechtlich schützenswertes Interesse an einer zusätzlichen gerichtlichen Feststellung sei dann nicht ersichtlich.

Nach § 256 ZPO können nur das Bestehen eines Rechtsverhältnisses bzw. die Echtheit von Urkunden Gegenstand einer Feststellungsklage sein. Auch einzelne Beziehungen oder Folgen eines Rechtsverhältnisses, Umfang und Inhalt einer Leistungspflicht hat die Rechtsprechung schon als einem Feststellungsantrag zugänglich erachtet. Nicht mehr unter den Begriff des Rechtsverhältnisses subsummierbar sind aber einzelne Vorfragen oder Elemente eines Rechtsverhältnisses oder bloße Grundlagen für die Berechnung eines Anspruchs. Im Fall der Entstehung eines Unterhaltsanspruchs wäre das Gehalt einer Chemieingenieurin aber nur ein Element von vielen für die Berechnung des Unterhalts, etwa neben sonstigem Vermögen oder Schulden und sonstigen Einnahmen. Ein solches Berechnungselement sei einer Feststellungsklage nicht zugänglich.

 

Hinweis

Durch die Feststellungsklage (§ 256 ZPO) wird ein streitiges Rechtsverhältnis geklärt. Ein Antrag auf Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses ist unter Voraussetzung zulässig, dass ein rechtliches Interesse an alsbaldiger Feststellung geltend gemacht werden kann (§ 256 Abs. 1 ZPO). Dabei kann die Klage nur auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses und nicht lediglich auf die Klärung rechtlicher Vorfragen gerichtet sein. Zu unterscheiden ist zwischen? positiver Feststellungsklage auf Feststellung, dass ein Rechtsverhältnis besteht und negativer Feststellungsklage auf Feststellung, dass ein Rechtsverhältnis nicht besteht.

 

Link zur Entscheidung

OLG Oldenburg (Oldenburg), Urteil vom 19.01.2011, 5 U 48/10.

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