Entscheidungsstichwort (Thema)

Entscheidung zur Frage der Rückforderung überzahlter Versorgungsbezüge

 

Leitsatz (amtlich)

1) Sind vom Einkommen abhängige Versorgungsbezüge vorläufig festgesetzt worden, dann dürfen sie bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen unter Beachtung des § 197 BGB zurückgefordert werden, ohne daß der Grundsatz von Treu und Glauben verletzt oder der Anspruch verwirkt ist.

2) Eine auf Seiten des Empfängers vorhandene Schlechtgläubigkeit wandelt sich begrifflich durch Zeitablauf nicht in Gutgläubigkeit um.

 

Normenkette

BVG §§ 60, 60a, 62; VfG (KOV) § 42; VfG (KOV) § 2; BGB § 197

 

Verfahrensgang

SG Darmstadt (Urteil vom 07.11.1969)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 7. November 1969 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

 

Tatbestand

Der am … 1915 geborene Kläger erhält durch Neufestellungsbescheid vom 18. März 1958 wegen

„Verlust des li. Lungenunterlappens bei chronischer Bronchitis”

als Schädigungsfolge nach den Bundesversorgungsgesetz (BVG) Versorgung nach einem medizinischen Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 80 v.H., der unter Berücksichtigung seines beruflichen Betroffenseins auf 90 v.H. erhöht worden ist. Gleichzeitig wurde mit diesem Bescheid die Ausgleichsrente neu festgestellt, da sich sein Arbeitseinkommen seit Erlaß des vorhergehenden Bescheides vom 17. Oktober 1956 wesentlich erhöht hatte, ohne daß diese Tatsache mitgeteilt worden war. Aus diesem Grunde erfolgte eine Rückforderung, die in Raten durch Kürzung der laufenden Rente um monatlich 30,– DM zu tilgen war.

Am 11. August 1959 setzte das Versorgungsamt Darmstadt im Anschluß an den Bescheid vom 18. März 1958 die unter Vorbehalt gezahlten Versorgungsbezüge ab 1. August 1957 bis einschließlich Dezember 1958 nach abschließender Überprüfung des klägerischen Einkommens als Maschinenarbeiter bei der Firma O. AG endgültig fest. Für 1959 erfolgte ferner die Festsetzung in Höhe von monatlich 120,– DM Grundrente und 21,– DM Ausgleichsrente vorbehaltlich einer Nachprüfung des zu erwartenden Jahresdurchschnittseinkommens, wobei ein formularmäßiger Hinweis auf die Anzeigepflicht bei Änderungen der Einkommensverhältnisse vorgenommen wurde. Mit Schreiben vom 23. und 26. Februar 1960 wurde der Kläger an den Einkommensnachweis für 1959 in Form der Ausfüllung übersandter Fragebogen und einer einzureichenden Verdienstbescheinigung erinnert. Eine Bescheinigung dieser Art ab 5. Juli 1957 bis Dezember 1959 stellte die Firma O. AG am 4. März 1960 aus. Eine weitere für die Zeit ab 21. Dezember 1958 bis 30. Juli 1960 ging am 1. September 1960 beim Versorgungsamt ein. Im Februar 1961 beantragte der Kläger die Durchführung einer Badekur, worauf seine Akten dem ärztlichen Dienst überstellt wurden. Nach Absolvierung derselben im Juli/August 1961 gab er auf einen am 16. November 1961 bei der Versorgungsverwaltung eingegangenen Formblatt sein Einkommen ab 1. Juni 1960 ohne Beifügung einer Verdienstbescheinigung an, die von der Firma O. AG am 7. November 1961 unmittelbar übersandt wurde und den Zeitraum ab 31. Juli 1960 bis 21. Oktober 1961 umfaßte. Nach Überprüfung machte das Versorgungsamt den Kläger mit Schreiben vom 20. Dezember 1962 darauf aufmerksam, daß sich sein Einkommen ab 1. Januar 1959 wesentlich erhöht habe, so daß Ausgleichsrente nicht mehr zustehen werde. Deren Zahlung in Höhe von monatlich 21,– DM werde deshalb Ende Januar 1963 vorsorglich eingestellt. Ein abschließender Bescheid werde erteilt werden.

Am 24. Juni 1963 erließ es diesen endgültigen Neufeststellungsbescheid ab 1. Januar 1959 bis 31. Mai 1960 und errechnete eine Überzahlung von 357,– DM. Durch Rentenänderungsbescheid vom 25. Juni 1963 setzte es die Bezüge ab 1. Juni 1960 fest und nahm eine endgültige Feststellung von diesem Zeitpunkt an bis einschließlich August 1963 vor, die einen überzahlten Betrag von 672,– DM ergab, zu dem weitere 7,– DM zu Unrecht gezahlter Überbrückungszulage hinzukamen. Unter Hinweis auf § 47 Abs. 2 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung – VfG (KOV) – forderte es in diesem Bescheid den Gesamtbetrag von 1.036,– DM zurück, der ab September 1963 in monatlichen Raten von 30,– DM von den laufenden Bezügen einbehalten werden sollte.

Das Widerspruchsverfahren gegen beide Bescheide, in dessen Verlauf der Kläger vortrug, bei rechtzeitiger Bearbeitung der Angelegenheit wäre es zu der erheblichen Überzahlung nicht gekommen, weil am 31. August 1960 die vollständige Lohnbescheinigung für das Jahr 1959 schon vorgelegen habe, weshalb nunmehr eine Rückforderung nicht mehr erfolgen dürfe, blieb erfolglos, nachdem eine verwaltungsmäßige Stellungnahme in Bezug auf ein Amtsverschulden abgegeben und der Sachbearbeiter gehört worden war.

Mit Urteil vom 7. November 1969 hat das Sozialgericht Darmstadt die Bescheide vom 24. und 25. Juni 1963 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. März 1968 dahingehend abgeändert, daß die Rückforde...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge