Entscheidungsstichwort (Thema)

Beginn der Verzinsung

 

Orientierungssatz

Für den Beginn der Verzinsung iS von § 44 Abs 2 SGB 1 kommt es auf den Eingang des Antrages beim zuständigen Leistungsträger an, nicht auf die nach § 16 SGB 1 zulässige Antragstellung bei unzuständigen Dienststellen (Abweichung von BSG vom 28.2.1990 - 2 RU 41/89 = SozR 3-1200 § 44 Nr 1 = BSGE 66, 234).

 

Verfahrensgang

SG Frankfurt am Main (Urteil vom 21.09.1992; Aktenzeichen S - 16/J - 2151/91)

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 18.01.1995; Aktenzeichen 5 RJ 6/94)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 21. September 1992 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist der Beginn eines Zinsanspruchs im Streit.

Der Kläger beantragte am 14. November 1989 Leistungen der medizinischen Rehabilitation bei der Beklagten.

Am 18. Januar 1990 stellte der Kläger bei der Stadt H. einen verkürzten Antrag auf Versichertenrente aus der Arbeiterrentenversicherung. Dieser Antrag wurde von dort an die Beklagte weitergeleitet und ging der Beklagten am 12. März 1990 zu. Mit Bescheid vom 21. September 1990 bewilligte die Beklagte dem Kläger Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf seinen Antrag von November 1989. Die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit begann am 14. Dezember 1989; dem Kläger wurden monatlich ab 1. November 1990 2.085,41 DM gezahlt. In dem Bescheid legte die Beklagte einen Versicherungsfall vom 5. Dezember 1988 zugrunde.

Der Kläger erhob gegen diesen Bescheid Widerspruch und zwar mit dem Hinweis, dass der angenommene Eintritt der Erwerbsunfähigkeit am 5. Dezember 1988 insofern nicht korrekt sei, als dadurch die Zeit der Arbeitsunfähigkeit seit diesem Zeitpunkt nicht mehr berücksichtigt werden könne. Vielmehr sei in Anwendung des § 1247 Abs. 2 Satz 1 der Versicherungsfall mit dem 6. Dezember 1989 anzunehmen (gemeint war der 6. November 1989). Mit Bescheid vom 26. Oktober 1990 kündigte die Beklagte an, dass sie ihren Bescheid vom 21. September 1990 zurücknehmen werde und sicherte dem Kläger zu, dass in einem neuen Bescheid der Versicherungsfall 6. November 1989 zugrunde gelegt werde. Dies geschah mit Bescheid vom 28. Dezember 1990.

Mit Bescheid vom 25. März 1991 berechnete die Beklagte die Zinsen für die Nachzahlung von 15.468,04 DM. Die Beklagte berechnete Zinsen von 248,51 DM insgesamt für den Zeitraum von Oktober 1990 bis Februar 1991. Hiergegen richtete sich der Widerspruch des Klägers, der darauf hinwies, dass er seinen Antrag auf Erwerbsunfähigkeitsrente am 18. Januar 1990 gestellt habe. Nach einem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) sei auf den Zeitpunkt abzustellen, in welchem der vollständige Leistungsantrag beim zuständigen Leistungsträger eingegangen sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 15. August 1991 wurde der Widerspruch des Klägers von der Beklagten zurückgewiesen. Nach dem Wortlaut des § 44 Abs. 2 Sozialgesetzbuch - 1. Buch - (SGB I) komme es auf die Antragstellung beim zuständigen Leistungsträger an. Die Fiktion des § 16 Abs. 2 Satz 2 SGB I beziehe sich nicht auf die Verzinsungspflicht, sondern bezwecke in Fällen, in denen die Sozialleistung von einem Antrag abhängig sei, lediglich die Ablehnung der Sozialleistung oder den verspäteten Beginn dieser Leistung zu verhindern. Da der Rentenantrag erst am 12. März 1990 beim zuständigen Leistungsträger eingegangen sei, könne die Verzinsung gemäß § 44 SGB I erst am 1. Oktober 1990 beginnen.

Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am 27. August 1991 vor dem Sozialgericht (SG) Frankfurt am Main Klage erhoben.

Mit Urteil vom 21. September 1992 hat das SG die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen. Das SG hat sich der Auffassung der Beklagten angeschlossen, wonach § 16 Abs. 2 SGB I keine Regelung über die Verzinsung treffe, sondern lediglich § 44 Abs. 2 SGB I. Dem vom Kläger zitierten Urteil des BSG vom 28. Februar 1990 - 2 RU 41/89 - hat sich das SG nicht angeschlossen.

Gegen das ihm am 29. Dezember 1992 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Klägers vom 11. Januar 1993 beim Hessischen Landessozialgericht. In der Berufungsinstanz verfolgt der Kläger das Ziel weiter, den Beginn der Verzinsung auf den 1. August 1990 vorzuverlegen. Für den Beginn der Verzinsung sei der Eingang des Antrages am 18. Januar 1990 bei der Stadt H. zugrunde zu legen. Dies ergebe sich aus der Anwendung des § 16 Abs. 2 Satz 2 SGB I im Rahmen des § 44 Abs. 2 Halbsatz 1 Satz 1. Das SG habe in Abweichung von dem bereits zitierten BSG-Urteil entschieden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 21. September 1992 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 25. März 1991 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. August 1991 zu verurteilen, Zinsen auf die Rentennachzahlung ab 1. August 1990 zu gewähren,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass...

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