Entscheidungsstichwort (Thema)

Entschädigungsrecht – Soldatenversorgung – Wehrdienstbeschädigung-Beweismaßstab – Glaubhaftmachung – Tatsachen

 

Leitsatz (amtlich)

Die Beweiserleichterung nach § 15 KOVVfG ist auch bei einer Wehrdienstbeschädigung anzuwenden.

Zu den mit der Schädigung im Zusammenhang stehenden Tatsachen nach § 15 KOVVfG gehören nicht nur die Schädigung selbst und die ihre Rechtserheblichkeit kennzeichnenden Umstände, sondern auch die Tatsachen, welche die Schädigung verursachten oder durch die Schädigung verursacht wurden sowie die Tatsachen, welche die ursächlichen Verknüpfungen zeigen.

 

Normenkette

SVG § 88 Abs. 5; KOVVfG § 15

 

Beteiligte

Land Hessen

Präsidenten des Hessischen Landesamtes für Versorgung und Soziales – Landesversorgungsamt –

 

Verfahrensgang

SG Fulda (Entscheidung vom 24.03.1998; Aktenzeichen S 3a/V 431/96)

 

Tenor

I. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 24. März 1998 wird zurückgewiesen.

II. Der Beklagte hat dem Kläger die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt von dem Beklagten die Anerkennung einer weiteren Wehrdienstbeschädigungsfolge und die Gewährung entsprechend höherer Versorgungsleistungen nach dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG) i.V.m. dem Bundesversorgungsgesetz (BVG).

Der am 19. Dezember 1944 geborene Kläger erlernte den Beruf des Elektroinstallateurs und war in diesem Beruf – als Elektriker – bis zum 30. Juni 1963 tätig. Während seiner Lehrzeit erlitt er am 4. Oktober 1960 einen Arbeitsunfall und war nach der Auskunft der AOK für den Kreis … 31. März 1969 wegen der Unfallfolgen – Rippenprellung und Handprellung – vom 4. Oktober bis zum 14. Oktober 1960 erkrankt.

Vom 1. Juli 1963 bis zum 30. Juni 1971 war der Kläger als Zeitsoldat bei der Bundeswehr verpflichtet. Während der Ausübung seines Wehrdienstes erlitt er als Fahrer eines Unimog's am 9. September 1968 einen schweren Verkehrsunfall mit multiplen Verletzungen insbesondere an den unteren Extremitäten.

Wegen der Folgen des Unfalls erhielt der Kläger vom Wehrbereichsgebührnisamt mit Bescheid vom 8. Dezember 1969 einen Ausgleich gemäß § 85 SVG nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 50 v. H. für die Dauer seiner Dienstzeit.

Nach seinem Ausscheiden aus der Bundeswehr erhielt der Kläger von dem Beklagten Versorgung wegen der Folgen seiner Wehrdienstbeschädigung. Dabei erkannte der Beklagte mit dem letzten bindenden Bescheid vom 19. November 1981 als Wehrdienstbeschädigungsfolgen an:

  1. Pseudarthrotisch verheilter Schienbeintrümmerbruch links mit passageren osteomyelitischen Fistelabsonderungen. Verkürzung und Achsenabweichung des linken Unterschenkels. Muskelschwund des linken Beines sowie Bewegungseinschränkung des linken Hüft- und Kniegelenkes, Kontraktur des linken Fußgelenkes und Funktionsbehinderung der Zehengelenke links (Einzel-MdE 70 v. H.).
  2. Schädigung der sensiblen Hautnerven im unfallgeschädigten Gebiet des linken Unterschenkels. Störung des Lebensnervens nach Hirnkontusion (Einzel-MdE 30 v. H.).
  3. Knöchern verheilter Schenkelhalsbruch rechts (Einzel-MdE unter 10 v. H.).
  4. Geruchsverlust der rechten Nasenseite (Einzel-MdE 0 v. H.).

Die Gesamt-MdE bewertete der Beklagte mit 80 v. H. nach § 30 Abs. 1 BVG und erhöhte diese unter Berücksichtigung der besonderen beruflichen Betroffenheit nach § 30 Abs. 2 BVG auf 90 v. H.

Im Februar 1993 beantragte der Kläger Überprüfung seines Bescheides und Anerkennung weiterer Wehrdienstbeschädigungsfolgen. Er machte unter Vorlage eines Arztbriefes des Oberarztes Dr. M. der Unfallchirurgischen-Orthopädischen Klinik des Städtischen Klinikums … an Dr. K. vom 28. Januar 1993 geltend, aufgrund eines Arbeitsunfalles am 8. Januar 1993, bei dem er auf das linke Handgelenk gestürzt sei, seien Röntgenaufnahmen gefertigt worden, die eine alte – und von diesem Sturz – unabhängige Kahnbeinpseudoarthrose links mit deutlichen arthrotischen Veränderungen am Radiokarpalgelenk ergeben hätten. Die alte Fraktur könne nur die Folge seines schweren Dienstunfalles im Jahre 1968 gewesen sein, da er nach diesem Ereignis keine Verletzungen am linken Handgelenk gehabt habe. Er gehe davon aus, dass durch die Schwere der Verletzung, die er seinerzeit 1968 erlitten hatte, diese Fraktur übersehen worden sei. Schwierigkeiten mit seiner linken Hand und seinem linken Arm habe er schon lange Zeit – ca. seit den frühen 70er Jahren –, diese aber irrtümlich auf bestimmte zusätzliche Belastungen – z. auf das Laufen mit Gehhilfen – bezogen.

Der Beklagte ließ ein chirurgisches Gutachten von Dr. K. (Versorgungsärztliche Untersuchungsstelle – VUSt) erstellen, der in seinem Gutachten vom 16. Juni 1994 sowie in seiner ergänzenden aktenmäßigen Äußerung vom 21. Dezember 1994 zu dem Ergebnis kam, als weitere Wehrdienstbeschädigungsfolge sei eine „Funktions- und Belastungseinschränkung des linken Handgelenkes bei Pseudarthrose des Kahnbeines, Muskelverschmächt...

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