Entscheidungsstichwort (Thema)

Bedarfsplan. Hessen. regionaler Planungsbereich. Stadt- und Landkreise. Überversorgung. Zahnarzt. Zulassungsbeschränkung

 

Leitsatz (amtlich)

Nach § 99 SGB 5, § 12 Zahnärzte-ZV haben die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen unter Mitwirkung anderer einen Bedarfsplan zur Sicherstellung der vertragszahnärztlichen Versorgung aufzustellen und jeweils der Entwicklung anzupassen. Die regionalen Planungsbereiche sollen den Stadt- und Landkreisen entsprechen, § 101 Satz 6 SGB 5, § 12 Abs. 3 Satz 2 Zahnärzte-ZV. Bei festgestellter Überversorgung hat der Landesausschuß räumlich begrenzte Zulassungsbeschränkungen anzuordnen, § 103 Abs. 1 und 2 SGB 5, § 16 b Abs. 2 Zahnärzte-ZV. In Hessen wurden die schon lange vor Inkrafttreten des Gesundheitsstrukturgesetzes vom 21.12.1992 bestehenden 447 Planungsbereiche unverändert übernommen und auf dieser Basis Zulassungsbeschränkungen angeordnet.

Der eine beantragte Zulassung in einem gesperrten Planungsbereich ablehnende Bescheid ist in Hessen gegenüber einem Zahnarzt rechtswidrig und deshalb aufzuheben, da die Fortschreibung von 447 Planungsbereichen eklatant gegen die Vorgaben des Gesundheitsstrukturgesetzes verstößt, indem auch nicht ansatzweise eine Anknüpfung an die 26 Stadt- und Landkreise in Hessen (mit begründeten Abweichungen) zu erkennen ist.

Über den Antrag ist unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts in annehmbarer Zeit (6 Monate) erneut zu entscheiden, und zwar auf der Grundlage ordnungsgemäß aufgestellter Planungsbereiche.

 

Normenkette

SGB §§ 99, 101, 103-104; GSG Art. 33 § 3 Abs. 2; Zahnärzte-ZV §§ 12-13

 

Verfahrensgang

SG Frankfurt am Main (Urteil vom 05.07.1995; Aktenzeichen S-27/Ka-4187/94)

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 03.12.1997; Aktenzeichen 6 RKa 64/96)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 5. Juli 1995 sowie der Bescheid des Beklagten vom 10. August 1994 abgeändert und der Beklagte verurteilt, den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 8. Juni 1994 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.

Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

II. Der Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Im übrigen haben die Beteiligten einander keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Es geht in dem Rechtsstreit um die Zulassung des Klägers als Vertragszahnarzt in Kassel.

Der 1966 geborene Kläger erhielt am 6. Dezember 1991 die Approbation als Zahnarzt, war von Juni 1992 bis Mai 1994 Ausbildungsassistent in der Praxis seiner Mutter (mit der er eine Gemeinschaftspraxis begründen möchte) und wurde am 1. Juni 1994 in das Zahnarztregister der Beigeladenen zu 1) eingetragen.

Am 10. Mai 1994 beantragte der Kläger die Zulassung als Vertragszahnarzt für den Praxissitz (Praxissitz seiner Mutter).

Mit Bescheid vom 8. Juni 1994 (ausgefertigt am 5. Juli 1994) lehnte der Zulassungsausschuß den Antrag mit der Begründung ab, daß aufgrund der vom Beigeladenen zu 8) festgestellten Überversorgung am [vorgesehenen] Vertragszahnarztsitz des Klägers eine Zulassungsbeschränkung angeordnet worden sei, § 103 Abs. 2 SGB V i.V. § 16 b Abs. 2 Z-ZV.

Hiergegen hat der Kläger am 14. Juli 1994 Widerspruch erhoben und zur Begründung u.a. vorgetragen, durch die Ablehnung werde er in seiner freien Berufsausübung behindert und in seiner Existenz bedroht.

Mit Widerspruchsbescheid vom 10. August 1994 hat der Beklagte den Widerspruch zurückgewiesen und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt, im Planungsbereich … bestehe ein Zulassungsverbot. Mit Wirkung vom 19. Mai 1993 habe der Beigeladene zu 8) wegen Überversorgung eine Zulassungssperre angeordnet. Damit würden die Zulassungseinrichtungen vom Beigeladenen zu 8) in die Pflicht genommen. Der Beklagte (ebenso wie der Zulassungsausschuß) habe keine Kompetenz zur Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften.

Gegen den am 8. Oktober 1994 zugestellten Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 4. November 1994 Klage erhoben im wesentlichen mit der Begründung, nach §§ 103 SGB V, 11 Abs. 2; 12 Abs. 3 Z-ZV seien Planungsbereiche einzurichten, die an den politischen Grenzen der Stadt- und Landkreise orientiert seien. Dementsprechend seien in fast allen Bundesländern große Planungsbereiche eingerichtet worden, so z.B. in Bayern nur 79. In Hessen hingegen seien 447 Planungsbereiche aufgestellt worden, z.B. im Stadtgebiet Kassel 10. Die in Hessen aufgestellten Planungsbereiche stammten aus den 70er Jahren und seien unter Zeitdruck unreflektiert übernommen worden. Wäre die Stadt Kassel einem Planungsbereich zugeordnet, wären noch 33 Zahnarztsitze frei. In dem Wahlershausen benachbarten Planungsbereich Kirchditmold seien noch 8 Kassenzahnarztsitze frei. Der benachbarte Planungsbereich verlaufe ca. 200 Meter vom Sitz seiner Mutter entfernt.

Mit Urteil vom 5. Juli 1995 hat das Sozialgericht Frankfurt am Main die Klage im wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, der Beigeladene zu 8) habe mit Beschluß vom 19. M...

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