Entscheidungsstichwort (Thema)

Teilhabe am Arbeitsleben. Kraftfahrzeughilfe. Parkplatzmiete. besonderer Härtefall

 

Orientierungssatz

1. Die Kostenübernahme für die Parkplatzmiete in der Nähe der Arbeitsstätte gehört nicht zu den in der KfzHV ausdrücklich vorgesehenen Regelleistungen zur Teilhabe zugunsten eines Behinderten, die grundsätzlich als abschließende Regelungen anzusehen sind (vgl hierzu auch die Beispiele in BSG vom 29.7.1993 - 11/9b RAr 27/92 = SozR 3-4100 § 56 Nr 10 und vom 20.2.2002 - B 11 AL 60/01 R = SozR 3-5765 § 9 Nr 2) .

2. Eine Leistungsgewährung kommt jedoch auf Grund der Härtefallregelung des § 9 Abs 1 S 1 Nr 2 KfzHV in Betracht .

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 08.02.2007; Aktenzeichen B 7a AL 34/06 R)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 14. November 2002 sowie die Bescheide der Beklagten vom 6. März 2002 und 18. März 2002 - beide in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. April 2002 - aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin die Kosten für die Anmietung eines Parkplatzes für die Zeit ab Februar 2002 bis zum Ende des Mietverhältnisses - insoweit längstens bis Ende Juli 2003 - zu erstatten.

II. Die Beklagte hat der Klägerin deren notwendige außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig war die Kostenübernahme und ist jetzt die Erstattung der Miete für einen PKW-Stellplatz am Arbeitsplatz der Klägerin im Rahmen von Förderleistungen zur Eingliederung (jetzt: Teilhabe) Behinderter in das Arbeitsleben.

Die ... 1967 geborene Klägerin ist von Geburt an schwerstbehindert und wegen einer Lähmung beider Beine auf einen Rollstuhl angewiesen. Sie ist mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 100 als Schwerstbehinderte anerkannt; außerdem sind anerkannt das Vorliegen der medizinischen Voraussetzungen für die Zuerkennung der Merkzeichen/Nachteilsausgleiche G, aG, H, RF und B.

Die Klägerin ist Mutter zweier Kinder (geb. 1991 und 1993); sie lebte - seit Ende 2003 getrennt - in einer gemeinsamen Wohnung mit ihrem Ehemann, der Leistungsbezieher der Beklagten nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) bzw. nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) war. Aus finanziellen Gründen ist der Ehemann erst im September 2005 ausgezogen; er ist seit Anfang Dezember 2005 gegen ein (Netto-) Entgelt von ca. 750,- €/Monat wieder beschäftigt.

Die Klägerin ist bei Firma m GmbH, in K mit Sitz in der I Straße ..., beschäftigt und erzielt daraus ein Entgelt in Höhe von (brutto) rund 1227 €/Monat. Bei der I Straße handelt es sich um eine vierspurige Ausfallstraße mit zusätzlich zwei Straßenbahngleisen. In unmittelbarer Nähe der Arbeitsstätte befindet sich kein öffentlicher Parkplatz; der nächst gelegene ist - nach den unbestrittenen Angaben der Klägerin - etwa 500 m entfernt. Ein auf dem Firmengelände vorhandener Parkplatz wird gegen Entgelt (zunächst 40.- DM/Mon; nunmehr 20,50 €/Mon.) vermietet. Die Klägerin fährt täglich mit dem Kfz zur Arbeitsstätte.

Auf Grund eines Anerkenntnisses vom 5. Juli 2001 beim Sozialgericht Kassel hat die Beklagte als zuständiger Träger der Rehabilitation/beruflichen Eingliederung/Teilhabe am Arbeitsleben die Kosten der Anschaffung eines behinderungsgerechten Kraftfahrzeuges (Kfz) mit entsprechender Sonderausstattung (Rollstuhllift) für die Klägerin im Gesamtbetrag von (seinerzeit) rund 165.000,- DM übernommen. Nach einem ärztlichen Gutachten vom 13. September 1999 und nach verwaltungsinterner Einschätzung vom 26. Januar 2001 (Bl. 122 ff. der Verwaltungsakte), sowie nach den Angaben der Klägerin anlässlich der (erneuten) Antragstellung vom 21. September 2001, ist die Klägerin zur Erreichung des Arbeitsplatzes auf das behindertengerecht ausgestattete Kfz angewiesen und kann mit öffentlichen Verkehrsmitteln die Wegstrecke von der Wohnung zum Arbeitsplatz nicht zurücklegen, weshalb sie dorthin täglich mit diesem Kfz fahren muss (und fährt). Dieses stellte sie zunächst auf einem der privat angemieteten Stellplatz in der I Straße ... ab, für den die Miete zunächst noch von einem früheren Beschäftigten der Arbeitgeberin bezahlt wurde. Zwischenzeitlich verlangte der Vermieter von der Klägerin 40,- DM bzw. jetzt 20,50 €/Monat. Etwa ab Ende 2002 hat die Klägerin wegen der Kosten auf diesen Parkplatz verzichten müssen und sich von einem weiter entfernten öffentlichen Parkplatz zur Arbeitsstätte begeben, wobei sie sich bei Regen mit einem übergroßen Schirm zu schützen versucht. Wenn sie die Miete zahlen kann, wird ihr ein Parkplatz in unmittelbarer Nähe zur Arbeitsstätte wieder angeboten.

Die Klägerin beantragte zeitgleich zunächst beim Landeswohlfahrtsverband (- LWV - Integrationsamt) und bei der Beklagten die Übernahme der Kosten für die Parkplatzmiete. Den am 22. Februar 2002 beim LWV eingegangenen Antrag gab dieser am 5. März 2002 an die Beklagte als zuständigem Rehabilitationsträger ab.

Mit Schreiben/ Bescheid vom 6. März 2002 und - wiederholt - mit Bescheid vom 18. März 2002 l...

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