Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückwirkende Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nach § 231 Abs 4b SGB 6. Syndikusanwalt. vorherige Pflichtmitgliedschaft in einem berufsständischen Versorgungswerk

 

Leitsatz (amtlich)

Ist eine Befreiung von der Rentenversicherungspflicht für eine Tätigkeit als Syndikusanwalt nach dem 1.1.2016 erteilt worden, so ist die vorherige Pflichtmitgliedschaft in einem berufsständischen Versorgungswerk nicht Voraussetzung für einen Anspruch auf rückwirkende Befreiung von der Rentenversicherungspflicht gemäß § 231 Abs 4b S 1 SGB VI für die zurückliegende Zeit der aktuell ausgeübten Beschäftigung. Für eine andere davor liegende Beschäftigung besteht hingegen kein Befreiungsanspruch gemäß § 231 Abs 4b S 2 SGB VI, wenn die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft widerrufen worden ist und deshalb keine Pflichtmitgliedschaft in einem berufsständischen Versorgungswerk bestanden hat.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 26.02.2020; Aktenzeichen B 5 RE 2/19 R)

 

Tenor

Auf die Berufungen des Klägers und der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 25. Juni 2018 wie folgt abgeändert:

Unter entsprechender Abänderung des Bescheids der Beklagten vom 22. November 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Mai 2017 wird die Beklagte verurteilt, den Kläger für die Zeit vom 16. Februar 2016 bis 29. Juni 2016 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Im Übrigen werden die Berufungen zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger 1/4 der außergerichtlichen Kosten im erstinstanzlichen Verfahren zu erstatten. Im Übrigen haben die Beteiligten einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger im Zeitraum 24. September 2014 bis 29. Juni 2016 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien ist.

Der 1980 geborene Kläger wurde am 31. Mai 2012 bei der Rechtsanwaltskammer Frankfurt am Main zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Mit Bescheid vom 14. September 2012 wurde er für die Tätigkeit als stellvertretender Geldwäschebeauftragter bei der C. GmbH von der Rentenversicherungspflicht befreit.

Am 1. Juli 2014 begann er eine Beschäftigung als Compliance Generalist Senior Professional bei der B. Bank AG. Zum 11. September 2014 wurde er in die Rechtsanwaltskammer München aufgenommen. Aufgrund der Urteile des Bundessozialgerichts vom 3. April 2014 (B 5 RE 13/14 R, B 5 RE 3714 R und B 5 RE 9/14 R) verzichtete er mit Schreiben vom 16. September 2014 auf die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft. Daraufhin wurde die Zulassung am 23. September 2014 widerrufen. Ab dem 14. September 2014 war er freiwilliges Mitglied des zuständigen Versorgungswerkes.

Am 16. Februar 2016 nahm der Kläger erneut eine Beschäftigung bei der C. GmbH auf. Bereits am 15. Februar 2016 beantragte er bei der Beklagten die rückwirkende Befreiung von der Rentenversicherungspflicht gemäß § 231 Abs. 4b Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) sowie die Erstattung der zu Unrecht gezahlten Pflichtbeiträge an die berufsständische Versorgungseinrichtung gemäß § 286f SGB VI.

Auf seinen Antrag vom 18. März 2016 wurde der Kläger mit Bescheid der Rechtsanwaltskammer Frankfurt am Main vom 31. Mai 2016 als Syndikusrechtsanwalt zugelassen. Am 30. Juni 2016 wurde ihm die Urkunde ausgehändigt. Auf seinen Antrag vom 22. März 2016 wurde der Kläger mit Bescheid der Beklagten vom 10. August 2016 für seine Tätigkeit als Syndikusrechtsanwalt bei der C. GmbH ab dem 30. Juni 2016 gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI von der Rentenversicherungspflicht befreit. Mit Bescheid der Beklagten vom 22. November 2016 wurde er darüber hinaus für die Zeit vom 1. Juli 2014 bis 23. September 2014 gemäß § 231 Abs. 4b SGB VI von der Rentenversicherungspflicht befreit.

Mit weiterem Bescheid vom 22. November 2016 lehnte die Beklagte die rückwirkende Befreiung des Klägers von der Rentenversicherungspflicht für die Beschäftigung bei der B. Bank AG und der C. GmbH in der Zeit vom 24. September 2014 bis 29. Juni 2016 ab. Er sei in dieser Zeit nicht Pflichtmitglied in der Rechtsanwaltskammer gewesen. Die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft sei zum 24. September 2014 widerrufen worden. Die Voraussetzungen von § 231 Abs. 4b SGB VI und § 286f SGB VI lägen nicht vor.

Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch. Die Voraussetzungen gemäß § 231 Abs. 4b und c SGB VI lägen vor.

Mit Bescheid vom 8. Februar 2017 stellte die Beklagte fest, dass Beiträge des Klägers für die Zeit vom 1. Juli 2014 bis 29. Juni 2016 zu Unrecht gezahlt worden seien. Mit Bescheid vom 29. März 2017 nahm die Beklagte diesen Bescheid zurück. Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch. Das Widerspruchsverfahren wurde bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht ruhend gestellt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 18. Mai 2017 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 22. November 2016 zurück. Die Vo...

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