Entscheidungsstichwort (Thema)

Öffentlich-rechtliche Streitigkeit bei Wettbewerb zwischen Krankenkassen. Unterlassungsklage. Beschwer

 

Leitsatz (amtlich)

Für die Zulässigkeit von Unterlassungsklagen bei Wettbewerbsstreitigkeiten unter öffentlich-rechtlichen Leistungsträgern reicht nicht die denkbare Gefahr der Wiederholung unlauterer Werbemethoden aus. Der klagende Leistungsträger muß vielmehr konkret die ernstliche und nachhaltige Behinderung der Erfüllung seiner gesetzlichen Aufgaben durch den Beklagten und konkurrierenden Leistungsträger behaupten.

 

Orientierungssatz

Für die Klage auf Unterlassung bestimmter Werbemethoden zwischen öffentlich-rechtlichen Krankenkassen ist der Rechtsweg zur Sozialgerichtsbarkeit gegeben (vgl BSG 2.2.1984 8 RK 41/82 = BSGE 56, 140).

 

Normenkette

SGG § 51 Abs. 1, § 54 Abs. 5

 

Verfahrensgang

SG Wiesbaden (Urteil vom 28.05.1985; Aktenzeichen S-2/Kr-19/84)

 

Tenor

I. Auf die Berufung den Beklagten wind das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 28. Mai 1985 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wind nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darum, ob die Klägerin von der Beklagten die Unterlassung bestimmten Werbemethoden ihren Mitarbeiten verlangen kann.

Die Klägerin ist als gesetzliche Krankenkasse im Kreis L. errichtet. Mit ihr konkurriert die im ganzen Bundesgebiet tätige Beklagte. Einer ihrer Mitarbeiter legte bei einem Werbegespräch am 2. Februar 1984 einer Auszubildenden und deren Mutter eine Liste vor, auf den Namen von Beschäftigten des zukünftigen Ausbildungsbetriebes verzeichnet waren, die Mitglied der Beklagten waren. Der Mitarbeiten erklärte außerdem, daß der zukünftige Arbeitgeber, und Ausbilder selbst Mitglied bei der Beklagten sei und es demzufolge gern sehen würde, daß seine Angestellten ebenfalls bei ihr versichert wären. Ferner äußerte der Werben der Beklagten, daß bei der Klägerin nur Arbeiten und, keine Angestellten versichert seien. Mit Schreiben vom 22. Februar 1984 forderte die Klägerin die Beklagte auf, folgende “Unterlassungserklärungen” abzugeben:

“Wir, die Barmer Ersatzkasse (BEK) W. verpflichten uns hiermit gegenüber der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) L. wie folgt:

1) Wir werden es ab sofort unterlassen, Personen in den Weise zum Eintritt in die BEK zu bewegen, indem diese wörtlich oder sinngemäß in der Weise angesprochen werden, den künftige Arbeitgeber sähe es gerne, daß der Berufsanfänger Mitglied der BEK würde und diese Aussage nicht der Wahrheit entspricht.

2) Wir werden es fernen ab sofort unterlassen, zu behaupten, daß in der AOK nur Arbeiter und keine Angestellten versichert seien.

3) Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die vorstehend eingegangenen Verpflichtungen zahlen wie an die AOK L. eine Vertragsstrafe in Höhe von 5.000 DM.”

Mit Schreiben vom 5. März 1984 erklärte die Beklagte, daß “die uns inzwischen vorliegenden Stellungnahmen der beteiligten Mitarbeiter erkennen lassen, daß die von Ihnen beanstandeten Aussagen zumindest teilweise auf Mißverständnisse zurückzuführen sind. Unabhängig davon können wir die Handlungsweisen, wie in dem von Ihnen übermittelten Vorgang dargestellt, nicht billigen. Unsere Mitarbeiten werden deshalb auch nicht ausführen, daß es ein Arbeitgeber, gern sehe, wenn ein Berufsanfänger Mitglied der. Barmer Ersatzkasse würde und daß in der AOK nur Arbeiten und keine Angestellten versichert seien.”

Nach wiederholten Ablehnung der Abgabe der von der Klägerin geforderten Unterlassungserklärung hat diese bei dem Sozialgericht Wiesbaden (SG) am 9. Mai 1984 Klage erhoben und die Verurteilung der. Beklagten zur Unterlassung der beschriebenen Werbemethoden bei Meidung einer, vom Gericht festzusetzenden Strafe für den Fall der Zuwiderhandlung begehrt. Im Urteil vom 28. Mai 1985 hat das SG die Beklagte antragsgemäß verurteilt, daß sie mit dem “Einspannen” des Arbeitgebers als Autorität im Werbegespräch gegen Grundsätze des fairen Wettbewerbs verstoße und sich somit unlauter verhalte. Sie verletze mit der Preisgabe von Namen bei ihr versicherten “Autoritäten”, außerdem den Anspruch dieser Personen auf das Sozialgeheimnis. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das sozialgerichtliche Urteil verwiesen.

Gegen das ihn am 8. Juli 1985 zugestellte Urteil hat die Beklagte schriftlich bei dem Hessischen Landessozialgericht (HLSG) am 17. Juli 1985 Berufung eingelegt. Sie bringt zu ihnen Begründung vor: Es fehle an einem ausreichenden Rechtsschutzbedürfnis für die Unterlassungsklage. Sie habe sich wiederholt bereit erklärt, die von den Klägerin kritisierten Werbemethoden zu unterlassen und auf ihre Mitarbeiter entsprechend einzuwirken. Sie volle auch Hilfestellungen dazu von der Klägerin annehmen. Den darauf abzielenden Vergleichsvorschlag des Berichterstatters im Termin zur Erörterung des Sachverhaltes am 27. November 1985 habe sie uneingeschränkt akzeptiert. Der vermeintliche Unterlassungsanspruch sei mangels Wiederholungsgefahr ...

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