Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Einschaltung des MDK zur Verweildauerprüfung. Kein Anspruch auf Erstattung einer Aufwandspauschale

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Anspruch auf Erstattung einer Aufwandspauschale gemäß § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V entsteht nicht infolge der Prüfung von Notwendigkeit und Dauer einer stationären Behandlung (Verweildauerprüfung).

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 18. Februar 2009 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des gesamten Verfahrens zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert wird auf 100,- € festgesetzt.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger gegenüber der Beklagten die Zahlung einer Aufwandspauschale in Höhe von 100,- € gemäß § 275 Abs. 1c Satz 3 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V) geltend machen kann.

Der bei der Beklagten versicherte B. befand sich vom 24. Juli bis 9. August 2007 in stationärer Behandlung im Zentrum Soziale Psychiatrie C. gemeinnützige GmbH, deren alleiniger Gesellschafter der Kläger ist. Mit Zwischenrechnung vom 1. August 2007 machte die Klinik gegenüber der Beklagten die Behandlungskosten geltend. Unter dem 6. August 2007 teilte die Klinik der Beklagten mit, dass für den Versicherten die prognostizierte Verweildauer am 5. August 2007 ende, aber weiterhin Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit im Sinne des § 39 Abs. 1 SGB V vorliege. Eine medizinische Begründung vom 5. August 2007 legte sie dem Schreiben bei.

Die Beklagte fragte daraufhin mit Schreiben vom 9. August 2007 beim Medizinischen Dienst der Krankenversicherung in Hessen (MDK) an, ob ein weiterer stationärer Aufenthalt aufgrund der Diagnosen bis 24. August 2007 medizinisch notwendig sei. Der MDK forderte mit Schreiben vom 17. August 2007 die Entlassungsberichte bei der Klinik an und teilte unter dem 27. September 2007 der Beklagten mit, dass die medizinischen Voraussetzungen für eine Leistungsgewährung erfüllt seien.

Nachdem der Versicherte bereits am 9. August 2007 auf eigenen Wunsch und gegen den ärztlichen Rat aus der stationären Behandlung entlassen worden war, erstellte die Klinik unter dem 14. August 2007 eine Endrechnung in Höhe von 1.947,36 €. Unter dem 9. November 2007 erging eine weitere (geänderte) Rechnung über 2.047,36 € (mit Aufwandspauschale in Höhe von 100,- €) sowie eine Gutschrift in Höhe von 1.947,36 €.

Die Beklagte vertrat die Auffassung, dass eine Aufwandspauschale in diesem Fall nicht berechnet werden könne. Denn Fälle, in denen unabhängig von einer abschließenden Rechnungslegung eine MDK-Prüfung eingeleitet werde, würden von der Regelung des § 275 Abs. 1c SGB V nicht erfasst. Hierzu gehörten insbesondere die Prüfungen der Verweildauer im psychiatrischen Bereich, da diese Prüfungen in der Regel nicht aufgrund einer Rechnung, sondern aufgrund der beantragten Verlängerung der Verweildauer eingeleitet würden. Entscheidend für die Begründung der Zahlungspflicht gemäß § 275 Abs. 1c S. 3 SGB V sei, dass eine spätestens 6 Wochen nach Eingang des Rechnungsdatensatzes bei der Krankenkasse eingeleitete und dem Krankenhaus durch den MDK angezeigte Prüfung aus Sicht der Krankenkasse erfolglos gewesen sei. Deshalb bestehe kein Anspruch auf Zahlung der Aufwandspauschale für Prüfungen, die noch während der Krankenhausbehandlung vor Eingang des Rechnungsdatensatzes eingeleitet werden. Die MDK-Prüfungen bei Langliegern im psychiatrischen Bereich seien sozialmedizinische Fallberatungen, die keine Prüfungen im Sinne des § 275 Abs. 1 Satz 1 SGB V darstellten. Sie besäßen nur vorbereitenden Charakter und genügten nicht den Anforderungen an die Begründetheit einer Begutachtung nach § 275 Abs. 1 SGB V. Zudem sei vorliegend die Einleitung der MDK-Prüfung auf eine von der Klinik zu vertretende Pflichtverletzung zurückzuführen. Die Beklagte habe zum Zeitpunkt der Beauftragung des MDK nicht von der Entlassung des Versicherten ausgehen können. Die Meldung der Entlassung des Versicherten sei ihr erst später übermittelt worden.

Der Kläger hat am 15. April 2008 beim Sozialgericht Kassel Klage erhoben und als alleiniger Gesellschafter des Zentrums für Soziale Psychiatrie C. gemeinnützige GmbH auf die Ermächtigung vom 9. April 2008 verwiesen, die Forderung im eigenen Namen zugunsten der Gesellschaft klageweise geltend machen zu können.

Er hat ein Schreiben des Bundesministeriums für Gesundheit an die Deutsche Krankenhausgesellschaft vom 14. November 2007 vorgelegt. Darin wird die Auffassung vertreten, dass auch Zwischenabrechnungen bei stationären Langzeitbehandlungen in psychiatrischen Kliniken Gegenstand einer Abrechnungsprüfung im Sinne des § 275 Abs. 1c SGB V darstellten und insoweit eine Prüfung die Verpflichtung zur Zahlung der Aufwandspauschale nach § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V auslösen könnten.

Die Beklagte hat dagegen vorgetragen, dass Gegenstand der Prüfung von § 275 Abs. 1c SGB V die ordnungsgemäße Abrechnung von Krankenhausbehandlungen und damit eine rückschauende Prüfung der ...

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