nicht rechtskräftig.

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslandsbehandlung – Kostenübernahme – Versorgungslücke – Nierentransplantation – Wartezeit – Rechtzeitigkeit der Behandlung

 

Leitsatz (amtlich)

Die Verpflichtung der Krankenkasse zur Übernahme der Kosten einer im Ausland durchgeführten Nierentransplantation läßt sich nach § 18 Abs. 1 Satz 1 SGB V nicht allein damit begründen, dass die durchschnittliche Wartezeit auf eine Transplantation im Ausland erheblich kürzer ist als im Inland.

Eine Versorgungslücke im Inland liegt nur dann vor, wenn die frühzeitigere Auslandsbehandlung aus medizinischen Gründen unbedingt erforderlich ist.

 

Normenkette

SGB V § 18 Abs. 1 S. 1

 

Beteiligte

Deutsche Angestellten Krankenkasse Hamburg, vertreten durch den Vorstand

 

Verfahrensgang

SG Darmstadt (Aktenzeichen S 10 KR 1850/97)

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 17.02.2004; Aktenzeichen B 1 KR 5/02 R)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 23. März 2000 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der am 18. Juli 1948 geborene Kläger begehrt von der Beklagten die Erstattung der Kosten für eine im August 1998 in den USA durchgeführte Nierentransplantation.

Der Kläger war während seines Berufslebens zuletzt als Geschäftsführer einer Werbeagentur bis zum 30. April 1997 tätig. Seit dem 1. August 1997 bezieht er (auf Dauer) eine Erwerbsunfähigkeitsrente. Im September 1996 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Antrag auf Übernahme der Kosten für eine Nierentransplantation in den USA. Dem Antrag war ein Arztbrief des Privat-Dozenten Dr. L. Abteilung für Nephrologie des Zentrums der Inneren Medizin des Klinikums der Universität F. an Dr. St. vom 29. Juli 1996 beigefügt. Aus diesem Arztbrief geht hervor, dass der Kläger an einer terminalen Niereninsuffizienz auf dem Boden familiärer polyzistischer Nierendegeneration, an arterieller Hypertome, renaler Anämie sowie sekundärer Hyperparathyreoidismus leidet. In dem Bericht heißt es, aufgrund einer Verschlechterung der Nierenfunktion wäre eine Nierenersatztherapie (Dialyseverfahren) geboten. Dafür habe sich der Kläger indes nicht entscheiden können. Der Kläger habe vielmehr aus privaten und dienstlichen Gründen und „gegen unseren ausdrücklichen ärztlichen Rat” zunächst eine Flugreise nach den USA angetreten.

Die Beklagte holte ärztliche Stellungnahmen des Internisten und Nephrologen Dr. H. (Medizinischer Dienst der Krankenversicherung in Hessen – MDK) vom 28. November 1996 sowie vom 19. Februar 1997 ein, in welchen der Arzt mitteilte, der Kläger könne die medizinisch angezeigte Nierenersatzbehandlung im Inland ohne jede Verzögerung erhalten. Seine Aktivierung als Empfänger zur Transplantation im Mitteleuropäischen Register (Deutschland, Benelux, Österreich) bei Eurotransplant sei an die tatsächliche Aufnahme der Dialysebehandlung gebunden. Die Nierentransplantation sei dabei integrierter Bestandteil der Nierenersatztherapie in Deutschland, sofern der Patient nicht als Empfänger aus medizinischen Gründen ausscheide. Bis auf Weiteres könnten indes nicht alle gemeldeten Empfänger eine Niere erhalten. Vergleichbare Voraussetzungen im Verhältnis registrierter Nierenempfänger zu Spenderorganen würden auch für die USA gelten. Nach einer Auskunft zur Annahme ausländischer Patienten auf die US-Warteliste von UNOS für Organtransplantationen sei im Klinikum der Universität von Kalifornien in Los Angeles (UCLA) ein Anteil von drei Prozent ausländischer Patienten für Nieren- und von fünf Prozent ausländischer Patienten für Herztransplantationen genannt. Hinsichtlich der Kosten wies Dr. H. daraufhin, die Gesamtrechnung des Transplantationszentrums in den USA für eine Nierentransplantation sei im Voraus nicht kalkulierbar.

Mit Bescheid vom 25. Februar 1997 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme für eine Nierentransplantation in den USA ab. Aufgrund des Widerspruches des Klägers holte die Beklagte eine weitere Stellungnahme des Dr. H. (MDK) vom 21. April 1997 ein und lehnte mit Bescheid vom 6. Mai 1997 wiederum die Kostenübernahme ab. Die Voraussetzungen für eine Kostenübernahme bei Behandlung im Ausland nach § 18 Sozialgesetzbuch 5. Buch – Gesetzliche Krankenversicherung – (SGB V) seien nicht gegeben, da eine dem allgemeinen Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung im Inland möglich sei. Die erforderliche Nierenersatzbehandlung des Klägers könne – unstrittig – ohne Wartezeit in der Bundesrepublik Deutschland erbracht werden. Ein individueller oder kollektiver Anspruch auf eine Nierentransplantation als alleinige Form der Nierenersatztherapie scheitere zur Zeit auch daran, dass nicht für jeden möglichen Empfänger ein geeignetes Organ gefunden werde und daran, dass nicht jede transplantierte Niere ihre Funktion aufnehme.

Der Kläger erhob auch gegen den Bescheid vom 6. Mai 1997 Widerspruch und machte unter Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung von Dr. W. Oberärztin der Medizi...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge