Entscheidungsstichwort (Thema)

Verletzung von Verfahrensvorschriften im Verwaltungsverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften durch den Versicherungsträger liegt vor, wenn nicht der gesamte Bescheidinhalt erkennbar von dem zuständigen Rentenausschuß beschlossen worden ist und die bei den Akten verbleibende Urschrift des Bescheides nicht die Namen der Mitglieder des Rentenausschusses trägt. Die Folge davon ist allerdings keine Nichtigkeit des Verwaltungsaktes.

 

Orientierungssatz

Eine Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften durch den Versicherungsträger liegt vor, wenn nicht der gesamte Bescheidinhalt erkennbar von dem zuständigen Rentenausschuß beschlossen worden ist und die bei den Akten verbleibende Urschrift des Bescheides nicht die Namen der Mitglieder des Rentenausschusses trägt. Die Folge davon ist allerdings keine Nichtigkeit des Verwaltungsakts.

 

Normenkette

RVO § 1569a Abs. 1 Nr. 2, § 1589

 

Verfahrensgang

SG Wiesbaden (Urteil vom 23.05.1975; Aktenzeichen S-4/1/U - 100/73)

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 14.12.1978; Aktenzeichen 2 RU 23/77)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 23. Mai 1975 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Entziehung der Dauerrente.

Die Klägerin erkrankte am 29. August 1967 als Medizinisch-Technische Assistentin der Klinischen Universitätsanstalten H. an einer infektiösen Gelbsucht. Nach Anerkennung eines „Zustandes nach chronisch-persistierender Hepatitis mit zum Teil noch schwerem posthepatitischem Beschwerdekomplex” als Berufskrankheit auf Grund der Nr. 37 der Anlage 1 zur 6. Verordnung über Ausdehnung der Unfallversicherung auf Berufskrankheiten vom 28. April 1961 (BGBl I S. 505) – 6. BKVO – Gewährung der Vollrente als Dauerrente bis zum 3. Januar 1970 und anschliessender Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 50 v.H. erstatteten Oberarzt Dr. med. S. und Stationsarzt Dr. med. W. von der Medizinischen Klinik I des Stadtkrankenhauses in K. das Gutachten vom 30. Dezember 1971. Auch bei fehlender Aktivität des Leberprozesses und Störung der Leberfunktion sei im Hinblick auf bekannte Diskrepanzen der Leberfunktionsproben und der Leberhistologie noch die Zuerkennung einer MdE um 30 v.H. für die Dauer eines Jahres angezeigt. Bei weiterhin normalisierten Leberfunktionsproben müsse jedoch eine Ausheilung der chronisch-persistierenden Hepatitis angenommen werden. Durch bindenden Bescheid vom 25. Januar 1972 setzte der Beklagte die Rente ab 1. März des gleichen Jahres auf eine Teilrente nach einer MdE um 30 v.H. herab. Es sei eine deutliche Besserung der entzündlichen Aktivität der Leberprozesses wie auch eine Normalisierung der Leberfunktion eingetreten.

Auf Veranlassung des Beklagten untersuchte die Klägerin der Internist Dr. med. B. Nach seinem Gutachten vom 23. Mai 1973 bestanden Zeichen für einen aktiven Leberprozeß nicht mehr. Daraufhin entzog der Beklagte mit Bescheid vom 25. Juni 1973 die bisher gewährte Dauerrente mit Ablauf des Monats Juli 1973, weil nach dem ärztlichen Gutachten die Erwerbsfähigkeit durch Folgen der Berufskrankheit nicht mehr in meßbarem Grade gemindert sei. Zeichen für einen aktiven Leberprozeß seien nunmehr keine mehr vorhanden. Die chronisch-persistierende Hepatitis sei ausgeheilt.

Gegen diesen am 25. Juni 1975 als Einschreiben zur Post aufgelieferten Bescheid hat die Klägerin am 12. Juli 1973 bei dem Sozialgericht Wiesbaden (SG) Klage erhoben. Der angefochtene Bescheid entspreche nicht den formellen Voraussetzungen des § 1583 Reichsversicherungsordnung (RVO). Im übrigen ergebe ein Vergleich zwischen dem Gutachten des Dr. med. S. vom 30. Dezember 1971 und dem des Dr. med. B. vom 23. Mai 1973 keine wesentliche Besserung, da die erhobenen Befunde die gleichen seien. Die Feststellung der Ausheilung der chronisch-persistierenden Hepatitis entspreche auch nicht medizinischer Erkenntnisse.

In einem Gutachten vom 3. Februar 1975 kamen der Chefarzt der Medizinischen Klinik II der Städt. Krankenanstalten in W. Prof. Dr. med. H. Sch. und der Stationsarzt Dr. med. L. zu dem Ergebnis, auch ohne Vorliegen eines histologischen Befundes müsse bei der seit drei Jahren normalisierten Leberfunktion mit größter Wahrscheinlichkeit eine Ausheilung der chronischen persistierenden Hepatitis angenommen werden. Die Erwerbsfähigkeit der Klägerin sei über den 31. Juli 1973 hinaus nicht mehr in meßbarem Grade gemindert.

Durch Urteil vom 23. Mai 1975 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Bescheid vom 25. Juni 1973 sei formell rechtmäßig. Soweit die Klägerin dies beanstande, sei ihr Vortrag nicht substantiiert. Nachdem die laborchemischen Werte seit 1971 normal geblieben seien, müsse in Übereinstimmung mit den Gutachten des Dr. med. B. sowie des Prof. Dr. med. Sch. und des Dr. med. L. eine Ausheilung der Lebererkrankung angenommen werden...

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