Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Entziehung oder Herabsetzung einer laufenden Leistung iS des § 86a Abs 2 Nr 2 SGG bei Abzweigung von Arbeitslosengeld. aufschiebende Wirkung der Klage. effektiver Rechtsschutz

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine laufende Leistung iS des § 86a Abs 2 Nr 2 SGG wird nicht entzogen oder herabgesetzt, wenn die Bundesagentur für Arbeit von dem Arbeitslosengeld eine Abzweigung gemäß § 48 Abs 1 SGB 1 vornimmt.

2. Die Klage gegen die Abzweigung hat aufschiebende Wirkung.

3. Für das Rechtsschutzbegehren auf Feststellung, dass die Klage aufschiebende Wirkung hat, kommt die analoge Anwendung des § 86b Abs 1 S 1 SGG in Betracht.

4. Dadurch lässt sich der Anspruch auf effektiven Rechtsschutz iS des Art 19 Abs 4 GG verwirklichen.

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichtes Gießen vom 5. Mai 2004 wird zurückgewiesen

Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.

 

Tatbestand

Es geht in dem einstweiligen Rechtsschutzverfahren um die aufschiebende Wirkung der Klage gegen einen Bescheid der Antragsgegnerin, mit dem diese zugunsten des Beigeladenen Teile des dem Antragsteller bewilligten Arbeitslosengeldes abgezweigt hat.

Der 1978 geborene Antragsteller absolvierte erfolgreich von September 1996 bis Januar 2000 eine Ausbildung als Werkzeugmaschinenspaner/Fräser, bezog im Anschluss Arbeitslosengeld bis zur Arbeitsaufnahme am 19. Juli 2000, war sodann bei Fa. Z. mbH als Produktionsarbeiter bis zum 28. Februar 2001 und vom 2. April bis 9. Juni 2001 als Arbeiter bei der P. AG beschäftigt. Im Anschluss bezog er wieder Arbeitslosengeld bis 28. Juni 2001 und vom 13. Juli bis 5. August 2001. Von Oktober 2001 bis zum 13. Oktober 2003 arbeitete der Antragsteller als Einsteller für Pressen bei Armaturen K. GmbH & Co. KG, zuletzt mit einem Bruttoeinkommen (für die Zeit von Oktober 2002 bis September 2003) in Höhe von insgesamt Euro 24.136,67 bei 40 Stunden je Woche.

Am 15. September 2003 meldete sich der Antragsteller bei der Antragsgegnerin arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Ein zunächst erlassener Sperrzeitbescheid wurde später wieder aufgehoben. Die Antragsgegnerin bewilligte dem Antragsteller sodann Arbeitslosengeld in Höhe von wöchentlich Euro 193,48 (Bemessungsentgelt Euro 462,39 wöchentlich, Leistungsgruppe 1, Kindermerkmal 1).

Mit Schreiben vom 11. November 2003 wies der Beigeladene darauf hin, dass der Antragsteller Vater des unter Beistandschaft stehenden minderjährigen Kindes D. und diesem zum Unterhalt verpflichtet sei. Der Beigeladene beantragte die Abzweigung eines angemessenen Teils der Leistungen des Antragstellers. Nach Anhörung des Antragstellers zweigte die Antragsgegnerin an die Beigeladene mit Wirkung ab 14. Oktober 2003 einen täglichen Betrag in Höhe von Euro 3,57 ab und teilte dies dem Antragsteller und dem Beigeladenen jeweils mit Bescheid vom 1. Dezember 2003 mit.

Die Antragsgegnerin hat die Abzweigung mit Wirkung vom 14. Oktober 2003 umgesetzt. Gegen die Abzweigung hat der Antragsteller Widerspruch eingelegt mit der Begründung, er sei nicht leistungsfähig und habe deshalb beim zuständigen Amtsgericht Dillenburg Abänderungsbegehren eingereicht.

Mit Widerspruchsbescheid vom 18. Dezember 2003 hat die Antragsgegnerin den Widerspruch mit der Begründung zurückgewiesen, laufende Geldleistungen, die der Sicherung des Lebensunterhaltes zu dienen bestimmt seien, könnten nach § 48 Sozialgesetzbuch 1. Buch (SGB 1) in angemessener Höhe an Kinder des Leistungsberechtigten ausgezahlt werden, wenn er ihnen gegenüber seiner Unterhaltspflicht nicht nachkomme. Der Beigeladene habe glaubhaft dargelegt, dass der Antragsteller seiner Unterhaltsverpflichtung gegenüber seinem Kind D. nicht nachkomme und von dort Leistungen erbracht würden. Bei der Bemessung des Eigenbedarfs durch die Arbeitsämter seien grundsätzlich die pauschalierten Richtwerte der sog. Düsseldorfer Tabelle zugrunde zu legen. Danach betrage der Eigenbedarfssatz für einen nicht erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen grundsätzlich monatlich Euro 730,-. Da der Antragsteller arbeitslos sei und laufende Leistungen des Arbeitsamtes beziehe, könne der erhöhte Eigenbedarfssatz keine Berücksichtigung finden. Das wöchentliche Arbeitslosengeld des Antragstellers von Euro 193,48 entspreche einem monatlichen Betrag in Höhe von Euro 838,41 (193,48 x 13 : 3). Somit verbleibe im Monat ein Betrag in Höhe von Euro 108,41, der der Abzweigung zugrunde zu legen sei, woraus sich ein täglicher Abzweigungsbetrag in Höhe von Euro 3,57 ergebe (108,41 x 3 : 13 : 7).

Hiergegen hat der Antragsteller Klage erhoben und die Anordnung der aufschiebenden Wirkung beantragt. Der Antragsteller hat vorgetragen, der angefochtene Bescheid sei offensichtlich rechtswidrig (wird näher ausgeführt). Er hat auf das Urteil des erkennenden Senates vom 21. Juni 2000 (L 6 AL 259/00) hingewiesen.

Die Antragsgegnerin hat der aufschiebenden Wirkung der Klage mit der Begründung nicht ...

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