Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. beigeordneter Rechtsanwalt. Abtretung der Vergütungsforderung im Rahmen des unechten Factorings. Folge: fehlende Aktivlegitimation und Prozessführungsbefugnis. kein eigenes Forderungs-, Erinnerungs- und Beschwerderecht

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine wirksame Abtretung der Vergütungsforderung gegenüber der Staatskasse im Rahmen des unechten Factorings führt zur fehlenden Aktivlegitimation und damit zugleich zur fehlenden Prozessführungsbefugnis.

2. Der im Rahmen der Prozesskostenhilfe beigeordnete Rechtsanwalt kann daher keine Vergütung für sich fordern und auch weder Erinnerung noch Beschwerde einlegen.

 

Tenor

Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Gießen vom 17. Mai 2018 wird als unzulässig verworfen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Der Beschwerdeführer begehrt eine höhere, aus der Staatskasse aufzubringende Vergütung für seine Tätigkeit als im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe beigeordneter Rechtsanwalt im Verfahren S 18 SO 92/16 ER vor dem Sozialgericht Gießen.

Im Ausgangsverfahren vor dem Sozialgericht wandten sich die Antragsteller gegen die Aufhebung von Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch - Sozialhilfe - (SGB XII) und gegen die Ablehnung einer Weitergewährung dieser Leistungen. Das Sozialgericht bewilligte durch Beschluss vom 24. Juni 2016 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer vertrat die Antragsteller des Ausgangsverfahrens auch im Widerspruchsverfahren gegen den maßgeblichen Bescheid vom 30. Mai 2016. Am 18. Juli 2016 fand ein Erörterungstermin vor dem Sozialgericht mit Dolmetscher und einer Dauer von 68 Minuten statt, in welchem sich der Antragsgegner des Ausgangsverfahrens verpflichtete, Leistungen nach dem SGB XII ab dem 1. Juni 2016 in gesetzlichem Umfang zu zahlen und den Antragstellern die ihnen entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Die Antragsteller des Ausgangsverfahrens nahmen das Anerkenntnis an und erklärten das Verfahren zur Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes für erledigt.

In seinem Antrag auf Festsetzung der Vergütung vom 19. Juli 2016 machte der Beschwerdeführer eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV RVG) in Höhe von 300,00 €, eine Erhöhungsgebühr (ein weiterer Auftraggeber) nach Nr. 1008 VV RVG in Höhe von 90,00 €, eine Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG in Höhe von 270,00 €, die Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG in Höhe von 20,00 €, Fahrtkosten nach Nr. 7003 VV RVG in Höhe von 8,70 €, Abwesenheitsgeld nach Nr. 7005 VV RVG in Höhe von 25,00 € sowie die anfallende Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG von 135,60 € und damit insgesamt eine Vergütung in Höhe von 849,30 € geltend. Der Beschwerdeführer legte eine Abtretungsvereinbarung mit der E. GmbH vom 11. März 2016 vor. Diese forderte mit Schreiben vom 8. September 2016 ebenfalls 849,30 €.

Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle übersandte dem Antragsgegner des Ausgangsverfahrens am 25. Juli 2016 diese Kostenrechnung des Beschwerdeführers. Der Antragsgegner hielt eine Verfahrensgebühr in Höhe von 200,00 €, eine Erhöhungsgebühr in Höhe von 60,00 € und eine Terminsgebühr in Höhe von 187,00 € für zutreffend, insgesamt einen Betrag in Höhe von 595,83 €. Der Beschwerdeführer verwies darauf, dass die Sache von besonderer Relevanz für die Antragsteller des Ausgangsverfahrens gewesen sei, da die Leistungen vollständig entzogen gewesen seien. Zudem habe der Erörterungstermin über eine Stunde gedauert. Der Antragsgegner des Ausgangsverfahrens erwiderte, dass der Erörterungstermin lediglich wegen der Sprachschwierigkeiten erforderlich gewesen sei.

Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle setzte am 11. Oktober 2016 die dem Beschwerdeführer zu zahlende Prozesskostenhilfevergütung auf insgesamt 675,56 € fest und führte zur Verfahrensgebühr aus, dass die Wertigkeit eines ER-Verfahrens geringer sei als ein Hauptsacheverfahren, so dass die Verfahrensgebühr auf 2/3 der Mittelgebühr festzusetzen sei, mithin 200,00 €; zugleich ergebe sich dann eine Erhöhung nach Nr. 1008 VV RVG in Höhe von 60,00 €. Ebenso sei die Terminsgebühr auf 2/3 der Mittelgebühr festzusetzen wegen des ER-Verfahrens; unter Berücksichtigung der Dauer des Termins von 68 Minuten ergebe sich daher eine Terminsgebühr in Höhe von 254,00 € unter Zugrundelegung einer durchschnittlichen Terminsdauer von 15 bis 45 Minuten. Die Vergütungsfestsetzung übersandte der Urkundsbeamte sowohl der E. GmbH als auch dem Beschwerdeführer.

Letzterer hat am 17. November 2016 Erinnerung eingelegt, welcher der Urkundsbeamte mit Verfügung vom 17. November 2016 nicht abgeholfen hat. Mit Schreiben vom 10. August 2017 hat der Beschwerdegegner ebenfalls Erinnerung (unter dem eigenen Az.: S 23 SF 27/17 E geführt) eingelegt und ausgeführt, dass die anwaltliche Tätigkeit keinen überdurchschnittlichen Umfang gehabt habe. Telefonische Nachfragen u...

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