Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Terminsgebühr nach Nr 3106 RVG-VV. übereinstimmende Erledigungserklärung der Beteiligten nach vergleichsweiser Einigung in außergerichtlicher persönlicher Besprechung. erforderliche Qualität der Besprechung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Terminsgebühr nach Ziffer 3106 VV-RVG in Verfahren vor den Sozialgerichten, in denen Betragsrahmengebühren entstehen, entsteht nicht, wenn in einem solchen Verfahren ohne mündliche Verhandlung ein schriftlicher Vergleich geschlossen wird (Fortführung LSG Darmstadt vom 10.09.2009 - L 2 SF 222/09 E).

2. Die Vorbemerkung 3 Abs 3, 3. Variante zu Teil 3 VV-RVG findet Anwendung auf die Terminsgebühren nach Ziffer 3106 VV-RVG. Die übereinstimmende Erledigungserklärung der Beteiligten aufgrund einer in einer außergerichtlichen persönlichen Besprechung erzielten Einigung (außergerichtlicher Vergleich) führt zum Entstehen der Terminsgebühr nach Ziffer 3106 VV-RVG.

3. Die Qualität der außergerichtlichen Besprechung im Sinne der Vorbemerkung 3 Abs 3, 3. Variante zu Teil 3 VV-RVG erfordert ein persönliches Gespräch unter Mitwirkung des prozessbevollmächtigten Rechtsanwaltes, die Umfang und Intensität eines Gerichtstermines erreicht; eine telefonische Einigung reicht nicht aus.

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde der Beschwerdeführer wird der Beschluss des Sozialgerichts Wiesbaden vom 8. Juli 2009 und die Kostenfestsetzung der Urkundsbeamtin des Sozialgerichts Wiesbaden vom 9. Januar 2009 geändert.

II. Die den Beschwerdeführern aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen werden auf insgesamt 785,40 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I.

Streitig ist die Festsetzung der aus der Staatskasse zu zahlenden Vergütung für die der Klägerin nach den Vorschriften der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwältin.

Im Ausgangsverfahren (Rechtsstreit am Sozialgericht Wiesbaden, S 14 SO 46/06, FT. gegen Landeswohlfahrtsverband Hessen) richtete sich die am 14. März 2006 erhobene Klage gegen den Rücknahme- und Erstattungsbescheid der Beklagten vom 1. Februar 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. März 2006. Im Streit waren Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch - Zwölftes Buch - (SGB XII) ab dem 1. Juli 2005. Das Verfahren endete (nach vorangegangenem Teilanerkenntnis der Beklagten für den Zeitraum vom 1. Juli 2005 bis 31. Januar 2006) mit übereinstimmender Erledigungserklärung der Beteiligten vom 29. Oktober 2008, nachdem die Beteiligten eine schriftliche außergerichtliche Vereinbarung geschlossen hatten. Mit Beschluss des Sozialgerichts Wiesbaden vom 29. Oktober 2008 wurde der Klägerin mit Wirkung ab dem 15. März 2006 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin B. bewilligt.

Mit Kostennote vom 24. November 2008 beantragten die Beschwerdeführer gemäß § 45 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), ihre Gebühren und Auslagen in Höhe von 785,40 Euro festzusetzen, darunter auch eine Terminsgebühr nach Ziffer 3106 des Vergütungsverzeichnisses zum RVG (VV-RVG) in Höhe von 200,00 Euro netto (238,00 € brutto). Die Urkundsbeamtin des Sozialgerichts Wiesbaden setzte am 9. Januar 2009 die aus der Staatskasse zu entrichtenden Gebühren ohne Terminsgebühr auf insgesamt 547,40 Euro fest und begründete dies damit, eine Terminsgebühr sei nicht entstanden, weil ein Termin zur Verhandlung des Rechtsstreits nicht stattgefunden habe; der Rechtsstreit habe vielmehr seine Erledigung durch am 25. November 2008 eingereichten schriftlichen Vergleich gefunden. Mit ihrer Erinnerung vom 29. Januar 2009 machten die Beschwerdeführer geltend, es hätten diverse Erörterungen ohne Beteiligung des Gerichtes zwischen den Beteiligten entsprechend der Vorbemerkung 3 zum VV-RVG zum Vergleich geführt. Die Beklagte teilte mit Schriftsatz vom 18. März 2009 mit, die von der Beschwerdeführerin aufgestellte Behauptung, es seien dem Vergleich diverse Erörterungen zwischen den Parteien vorausgegangen, werde ausdrücklich bestätigt.

Mit Beschluss vom 8. Juli 2009 hat das Sozialgericht die Erinnerung zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Voraussetzungen der Ziffer 3106 VV-RVG lägen unstreitig nicht vor, da es sich bei dem außergerichtlichen Vergleich nicht um ein Anerkenntnis gehandelt habe; hierin habe sich die Klägerin zur Rückzahlung eines Teilbetrages erbrachter Sozialhilfeaufwendungen bereit erklärt, so dass ein vollständiges Obsiegen der Klägerin nicht vorliege. Auch aus der Vorbemerkung zu Teil 3 VV-RVG könne eine Terminsgebühr nicht hergeleitet werden, denn dem Umstand, dass sich die Beschwerdeführerin intensiv mit der Beklagtenseite auseinandergesetzt und schließlich eine außergerichtliche Einigung erzielt habe, werde bereits dadurch Rechnung getragen, dass die gleichfalls beantragte Einigungsgebühr in Höhe von 190,00 € nach Ziffer 1006 VV-RVG anerkannt worden sei. Dem Arbeitseinsatz der Beschwerdeführer sei durch die Einigungsgebühr ausreichend Rechnung getragen.

Gegen den am 13. Juli 2009 zugegangenen Beschluss richtet sich die am 14. Juli 2009 bei dem...

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