Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Kostenfestsetzung. Rechtswegbeschwerde. Verfahrensgebühr

 

Leitsatz (amtlich)

Bei einer Rechtswegbeschwerde gemäß § 17a GVG iVm §§ 177, 202 SGG handelt es sich um eine Rechtsbeschwerde im Sinne der Ziffer 3502 VV-RVG (juris: RVG-VV).

 

Orientierungssatz

Eine Entschädigung des Zeitaufwands ist - anders als hinsichtlich der Reisekosten - zugunsten von Behörden im Hinblick auf einen Ersatz von Personalkosten bei der Terminswahrnehmung durch einen Behördenvertreter ausgeschlossen.

 

Normenkette

GVG § 17a Abs. 4 S. 3; GKG § 3 Abs. 2; GKG Anl. 1 Teil 7; VV-RVG Nr. 3502; RVG § 3 Abs. 1 S. 1, § 23 Abs. 2 Sätze 1-2; SGG § 155 Abs. 2 S. 1 Nr. 5, §§ 177, 183 S. 1, § 197 Abs. 1 Sätze 1-2, § 202; ZPO § 78 Abs. 1 S. 4, § 104 Abs. 1 S. 1, § 574 Abs. 1; VwGO § 155 Abs. 1 S. 3; ArbGG § 78 S. 2

 

Tenor

Auf die Erinnerung der Beklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Hessischen Landessozialgerichts vom 28. Februar 2013 dahingehend abgeändert, als Verdienstausfall in Höhe von 30 € festgesetzt worden ist. Im Übrigen wird die Erinnerung zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Erinnerungsverfahrens zu tragen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Der Gegenstandswert wird auf 3.410,50 € festgesetzt.

 

Gründe

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Kostenfestsetzung im Beschwerdeverfahren B 1 SF 1/10 R streitig.

Im Klageverfahren hat die Klägerin beantragt, den Auskunftsbeschluss der Beklagten vom 17. Februar 2010 aufzuheben. Mit Beschluss vom 1. Juni 2010 hat das Hessische Landessozialgericht den Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit für zulässig erklärt und die Beschwerde zugelassen. Das Bundessozialgericht hat mit Beschluss vom 28. September 2010 (B 1 SF 1/10 R) die hiergegen von der Beklagten erhobene Beschwerde zurückgewiesen, der Beklagten die Kosten für das Beschwerdeverfahren auferlegt und mit Beschluss vom 11. Januar 2011 den Streitwert für das Beschwerdeverfahren auf 500.000 € festgesetzt.

Das Hessische Landessozialgericht hat mit Urteil vom 15. September 2011 den Auskunftsbeschluss der Beklagten aufgehoben, der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt und mit Beschluss vom 23. Dezember 2011 den Streitwert auf 2.500.000 € festgesetzt.

Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 28. Februar 2013 hat der Urkundsbeamte des Hessischen Landessozialgerichts die der Klägerin von der Beklagten zu erstattenden außergerichtlichen Kosten auf 35.045,94 € festgesetzt.

Die Beklagte hat gegen den ihr am 1. März 2013 zugestellten Beschluss vom 28. Februar 2013 am 19. März 2013 Erinnerung bei dem Hessischen Landessozialgericht eingelegt. Die Rechtswegbeschwerde sei keine “Rechtsbeschwerde„ im Sinne der Ziffer 3502 Vergütungsvorschrift zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV-RVG). Hiervon würden ausschließlich Rechtsbeschwerden nach § 574 Zivilprozessordnung (ZPO) erfasst. Der besondere Aufwand, dem damit Rechnung getragen werden solle, folge daraus, dass die Rechtsbeschwerde nur wirksam durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt eingelegt werden könne. Hinsichtlich der Rechtsbeschwerde nach § 17a Abs. 4 S. 3 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) zum Bundessozialgericht sei kein besonderer Vertretungszwang vorgesehen. Bei der Rechtswegbeschwerde handele es sich vergütungsrechtlich um eine einfache Beschwerde im Sinne der Ziffer 3500 VV-RVG. Dies folge auch aus dem Beschluss des Bundessozialgerichts vom 1. April 2009. Insofern falle im vorliegenden Fall lediglich eine 0,5-fache Verfahrensgebühr nach Ziffer 3500 VV-RVG an. Dies entspreche bei einem Streitwert von 500.000 € einer Gebühr von 1.498 €. Infolgedessen sei auch die Terminsgebühr nach Ziffer 3515 VV-RVG zu berechnen. Folglich falle eine weitere 0,5-fache Gebühr in Höhe von 1.498 € an. Hinsichtlich des Verdienstausfalls hat die Beklagte darauf verwiesen, dass § 91 Abs. 1 Satz 2 ZPO nicht anwendbar sei, da die Verweisungsvorschrift des § 173 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) nicht von der Verweisung in § 197 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erfasst werde. Zudem sei auch für den Verwaltungsprozess anerkannt, dass ein Ersatz von Personalkosten bei der Terminswahrnehmung durch den Vertreter einer juristischen Person des öffentlichen Rechts ausgeschlossen sei.

Die Klägerin hält den Kostenfestsetzungsbeschluss für zutreffend. Sie hat mitgeteilt, dass von den 100 € für Reisekosten/Verdienstausfall 70 € als Reisekosten und 30 € als Verdienstausfall für den Angestellten X. angefallen seien.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten Bezug genommen.

II.

Über die Erinnerung entscheidet der Senat durch Beschluss. Es handelt sich zwar bei der Kostenfestsetzungserinnerung um eine (Annex-)Entscheidung über Kosten im Sinne von § 155 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 SGG. Da sich die Hauptsache jedoch nicht im vorbereitenden Verfahren erledigt, sondern vielmehr der Senat über die Klage mit Urteil entschieden hat, ist der Senat auch zur Erinnerungsentscheidung berufen (vgl. Münker in: Henning,...

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