Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässiges Klageziel nach § 894 ZPO. Arbeitsrechtlicher Gleichbehandlungsgrundsatz als Anspruchsgrundlage

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Kläger kann mit einem hinreichend bestimmten Klageantrag vom Beklagten die Abgabe einer Willenserklärung gem. § 894 ZPO verlangen, wenn die verlangte Erklärung auf eine Änderung des Arbeitsvertrags gerichtet und und als Angebot zu verstehen ist.

2. Aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz kann sich ein Anspruch auf Abgabe einer Willenserklärung ergeben. Er ist nicht nur dann anwendbar, wenn der Arbeitgeber Leistungen nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewährt, sondern grundsätzlich auch dann, wenn der Arbeitgeber – nicht auf besondere Einzelfälle beschränkt – nach Gutdünken oder nach nicht sachgerechten oder nicht bestimmbaren Kriterien leistet.

 

Normenkette

ZPO §§ 894, 253 Abs. 2 Nr. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Offenbach am Main (Entscheidung vom 25.06.2018; Aktenzeichen 10 Ca 48/18)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Offenbach am Main vom 25. Juni 2018 – 10 Ca 48/18 -, soweit über diese Berufung noch nicht rechtskräftig entschieden wurde, abgeändert.

2. Die Klage wird abgewiesen (Klageantrag zu 3).

3. Von den Kosten des Rechtsstreits in erster und zweiter Instanz hat der Kläger 60%, die Beklage 40% zu tragen.

4. Von den Kosten des Revisionsverfahrens tragen der Kläger und die Beklagte jeweils die Hälfte.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten nach Zurückverweisung des Rechtsstreits durch das Bundesarbeitsgericht weiter um den Anspruch des Klägers, dass die Beklagte ihm eine Zulassung als Syndikusrechtsanwalt ermöglicht.

Beklagte ist die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di.

Der 1982 geborene, verheiratete Kläger, der gegenüber einem Kind zu Unterhalt verpflichtet ist und die Befähigung zum Richteramt besitzt, arbeitet seit dem 1. März 2013 für die Beklagte im Landesbezirk Hessen als Gewerkschaftssekretär mit Rechtsschutzaufgaben in Vollzeit. Zur Wiedergabe des vollständigen Inhalts des Arbeitsvertrags der Parteien vom 14. Februar 2013 wird auf die Anlage K1 zur Klageschrift verwiesen (Bl. 23-25 d.A.). Durch Änderungsvertrag vom 5. März/27. April 2020 einigten sich die Parteien über die Versetzung des Klägers als Gewerkschaftssekretär in das Team Beratung und Recht (folgend: TBuR) des Bezirks Frankfurt am Main und Region (vgl. Anlage B11 zum Schriftsatz der Beklagten vom 12. September 2021, Bl. 977 d.A.).

Im Landesbezirk Hessen ist ein Betriebsrat gebildet.

Mit einem Schreiben vom 22. November 2017 beantragte der Kläger beim Landesbezirk Hessen, Personalabteilung, die Unterzeichnung einer „Tätigkeitsbeschreibung als Syndikusrechtsanwältin / Syndikusrechtsanwalt“ (folgend: Tätigkeitsbeschreibung, Anlage B4 zum Schriftsatz der Beklagten vom 5. April 2018, Bl. 89 d.A.). Auf den Inhalt des Schreibens wird Bezug genommen.

Beigefügt war die vom Kläger bereits ausgefüllte und unterschriebene Tätigkeitsbeschreibung, mit der die Beklagte bestätigen sollte, dass der Kläger für sie als Syndikusrechtsanwalt tätig sei. Auf den Inhalt der Tätigkeitsbeschreibung wird vollständig verwiesen (Anlage K3 zur Klageschrift, Bl. 32-34 d.A.).

Durch Schreiben vom 9. Januar 2018 lehnte die Beklagte es ab, dem Kläger zu bestätigen, dass er für sie als Syndikusrechtsanwalt tätig sei. Er sei als Gewerkschaftssekretär eingestellt und als gewerkschaftlicher Interessenvertreter tendenzbezogen und arbeitsvertraglich weisungsabhängig tätig (Anlage K7 zur Klageschrift, Bl. 40 d.A.).

Das Arbeitsgericht Offenbach am Main gab der am 7. Februar 2018 erhobenen Klage des Klägers statt, mit welcher er u.a. die Beklagte verpflichten wollte, ihm seine Zulassung als Syndikusrechtsanwalt zu ermöglichen (Urteil vom 25. Juli 2018, Bl. 476-484 d.A.). Auf die Berufung der Beklagten wies die Kammer die Klage durch Urteil vom 18. September 2019 in Bezug auf den Antrag des Klägers, ihm die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt zu ermöglichen, ab (Az. 18 Sa 1225/18, Bl. 903-920 d.A.). Mit der zugelassenen Revision begehrte der Kläger bei dem Bundesarbeitsgericht die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Das Bundesarbeitsgericht hat durch Urteil vom 27. April 2021 (Az. 9 AZR 662/19, Bl. 946-951 d.A.) das Urteil der Kammer teilweise aufgehoben, soweit ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte verneint worden war, dem Kläger die Tätigkeitsbeschreibung als Syndikusanwalt zur Vorlage bei der Rechtsanwaltskammer Frankfurt, lautend auf den Namen des Klägers und von mindestens einem zur Vertretung befugten Organmitglied unterzeichnet, herauszugeben.

Zur Darstellung des Sach- und Streitstandes bis zur Entscheidung des Berufungsgerichts durch das Urteil vom 18. September 2019 (Az. 18 Sa 1225/18) und die von den Parteien gestellten Anträge wird vollständig auf dieses Urteil Bezug genommen (Bl. 903-920 d.A.).

Die Parteien führen weitere Rechtsstreite bei der Berufungskammer, in denen auch am 29. Juni...

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