Entscheidungsstichwort (Thema)

Analoge Tarifanwendung. ergänzende Ausfüllung einer tariflichen Regelungslücke

 

Leitsatz (amtlich)

Es handelt sich um die Frage, ob sich das beklagte Luftfahrtunternehmen gegenüber dem als Co-Piloten tätigen Kläger bei dessen Bewerbung um eine ausgeschriebene Förderungsmöglichkeit auf eine tariflich vorgeschriebene 3-jährige Verweildauer für das Flugzeugmuster A 300 berufen konnte, obwohl für das vom Kläger seit 1 1/2 Jahren geflogene Ergänzungs-Flugzeugmuster A 310 eine entsprechende Verweildauer im Zeitpunkt der Entscheidung tariflich noch nicht vorgeschrieben war.

 

Normenkette

Tarifvertrag über den Förderungsaufstieg und den Cockpit Crew Tausch idF vom 10.4.1979, Protokollnotiz I Nr. 15 zum Manteltarifvertrag Nr. 3 für das Bordpersonal pp idF 16.7.1984

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 14.05.1986; Aktenzeichen 9 Ca 159/85)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 04.05.1988; Aktenzeichen 4 AZR 714/87)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird dasUrteil desArbeitsgerichts Frankfurt/Main vom14. Mai 1986 – Az.: 9 Ca 159/85 – geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.

Es wird die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger ist seit dem 1.7.1976 bei der Beklagten als Flugzeugführer beschäftigt und seit dem 12.5.1986 als Erster Offizier bzw. Copilot auf dem Flugzeugmuster DC 10 eingesetzt. Die Parteien streiten darüber, ob dem Kläger eine tariflich vorgesehene Ausgleichs Zahlung zusteht, weil ihn die Beklagte im Rahmen einer Ausschreibung zur Umschulung auf das Flugzeugmuster DC 10 im Nov. 1984 nicht berücksichtigte.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme u. a. der Manteltarifvertrag Nr. 3 für das Bordpersonal i.d.F. vom 16.7.1984 (= MTV) und der Tarifvertrag über den Förderungsaufstieg pp. i.d.F. vom 10.4.1979 (= TV-FA, Bl. 13–18 d.A.), jeweils gültig für die Beschäftigten der L. und der C., Anwendung. Der TV-FA sah in der 1984 gültigen Fassung u. a. vor, daß bei Förderungsmaßnahmen grundsätzlich nach der Seniorität vorzugehen sei, soweit mehrere Bewerber ansonsten die gleiche Qualifikation aufwiesen. Darüber hinaus war in § 7 des mit der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft abgeschlossenen TV-FA (= § 6 a der mit der Gewerkschaft ÖTV abgeschlossenen Fassung) noch folgende Bestimmung vorgesehen:

„Abs. 1: Die Förderung eines Ersten Offiziers, der auf B 707 oder A 300 eingesetzt ist, ist erst nach einer Verweildauer von 9 Monaten möglich, gerechnet ab Beginn des Groundcourses.

Abs. 2: Die Förderung eines Ersten Offiziers, der auf DC 10 oder B 747 eingesetzt ist, ist erst nach einer Verweildauer von 2 Jahren möglich, gerechnet ab Beginn des Groundcourses.”

Im Jahre 1985 wurde der TV-FA rückwirkend ab 1.3.1985 dahin ergänzt, daß auch für das Flugzeugmuster A 310 eine Verweildauer von 3 Jahren als Voraussetzung einer Förderungsmaßnahme maßgebend sein sollte (Bl. 63, 19–27 d.A.).

Der Kläger, welcher seit dem 10.2.1983 als Erster Offizier auf dem Flugzeugmuster A 310 (Airbus) seinen Dienst versah, bewarb sich auf die Ausschreibung Nr. 46 der Beklagten vom 29.11.1984 (Bl. 1101 d.A.) zur Umschulung als Erster Offizier auf das Flugzeugmuster DC 10. Die Beklagte berücksichtigte jedoch seine Bewerbung wegen der nicht erfüllten drei-jährigen Verweildauer auf dem Flugzeugmuster A 310 nicht und teilte dies dem Kläger mit Schreiben vom 8.1.1985 (Bl. 10 d.A.) mit. Aufgrund einer im Frühjahr 1986 durchgeführten und erfolgreich abgeschlossenen Umschulung ist der Kläger nunmehr seit dem 12.5.1986 auf dem Flugzeugmuster DC 10 eingesetzt.

Mit der vorliegenden, im Aug. 1985 eingereichten Zahlungsklage macht der Kläger geltend, daß er im Nov. 1984 zu Unrecht unberücksichtigt geblieben sei. Der TV-FA habe im Zeitpunkt der Ausschreibung bzw. Entscheidung über seine Bewerbung für das von ihm geflogene Flugzeugmuster A 310 eine Verweildauer nicht vorgesehen. Insofern habe es nur auf die allgemeinen Senioritätsgesichtspunkte ankommen können; nach diesen habe man ihn jedoch berücksichtigen müssen. Dementsprechend nimmt der Kläger die Beklagte wegen des monatlichen Unterschiedsbetrages von 629,– DM zwischen seinem bis Mai 1986 bezogenen Monatsgehalt und demjenigen Monatsgehalt in Anspruch, welches er spätestens ab dem 15.4.1985 bezogen hätte, wenn er auf seine Bewerbung bereits im Nov. 1984 berücksichtigt worden wäre.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn DM 7.548,– brutto zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte wendet sich nicht gegen die Höhe des vom Kläger beanspruchten Unterschiedsbetrages. Sie ist jedoch der Ansicht, daß dem Kläger bereits dem Grunde nach kein solcher Anspruch zustehe, weil sie ihn bei seiner Bewerbung im Nov. 1984 zu Recht nicht berücksichtigt habe.

Dazu trägt die Beklagte im einzelnen vor, es gebe bei ihr seit Jahren ein allgemein bekanntes Selbstverständnis, wonach Förderungsmaßnahmen der hier in Rede stehenden Art. nur nach...

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