Entscheidungsstichwort (Thema)

Diskriminierung eines Rechtsanwalts durch Nichtberücksichtigung einer Bewerbung auf eine Stelle mit dem Anforderungsprofil "mindestens ein Prädikatexamen", "gute Kenntnisse der englischen Sprache" und "erste einschlägige Berufserfahrungen"

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Allein dass ein Bewerber um eine Stelle nicht berücksichtigt ist, begründet noch keine Diskriminierung i.S. von §§ 7, 15 AGG. Dies setzt vielmehr voraus, dass der Bewerber objektiv für die ausgeschriebene Stelle geeignet war, da er anderenfalls nicht mit anderen Bewerbern vergleichbar ist.

2. Von einer objektiven Eignung für eine ausgeschriebene Stelle kann nicht ausgegangen werden, wenn die Berücksichtigung nach dem bekannt gegebenen Anforderungsprofil "mindestens ein Prädikatsexamen", "gute Kenntnisse der englischen Sprache" und "erste einschlägige Berufserfahrungen auf dem Gebiet des Handels- und Gesellschaftsrechts" voraussetzt, der Bewerber, ein fast 60 Jahre alter Rechtsanwalt, aber beide juristische Examina mit der Note "Befriedigend" abgelegt hat, sein der Bewerbung beigefügtes Abiturzeugnis im Fach Englisch lediglich die Note "Ausreichend" ausweist und er hinsichtlich der geforderten Berufserfahrung lediglich angibt, er kenne alle Facetten des Anwaltsberufs.

 

Normenkette

AGG § 15 Abs. 2, § 7 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 26.06.2013; Aktenzeichen 1 2 Ca 8541/12)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 26. Juni 2013 - 2 Ca 8541/12 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten im Rahmen einer Stufenklage über einen Anspruch des Klägers auf Entschädigung wegen Altersdiskriminierung bei der Ausschreibung einer Arbeitsstelle.

Der Beklagte ist ein Prüfverband iSd. Genossenschaftsgesetzes. Seine Aufgabe ist die Prüfung und Beratung der A - Banken. Er schaltete im Jahre 2012 eine Stellenanzeige, mit der er einen "Referenten innerhalb des Beratungsdienstes und im Bereich Recht suchte. Zum Aufgabengebiet ist dort ausgeführt, dass es "die rechtliche Beratung und Betreuung der Mitglieder in fast allen Bereichen des bürgerlichen Rechts, des Handelsund Gesellschaftsrechts, des Wettbewerbs- sowie des Banken und Aufsichtsrechts" umfasse. Als weiterer Schwerpunkt der Tätigkeit wird "das Monitoring der deutschen und europäischen Gesetzgebung auf den für die Mitglieder relevanten Rechtsgebieten" angeführt. Zum Anforderungsprofil an die Bewerber heißt es:

"Für diese Aufgabe suchen wir eine/n Volljuristin/en mit mindestens einem Prädikatsexamen und ersten einschlägigen Berufserfahrungen. Aber auch Berufsanfänger, die in den genannten Rechtsgebieten ihre Interessenschwerpunkte wiedererkennen, sind willkommen; mindestens gute Kenntnisse der englischen Sprache sind jedoch in jedem Fall notwendig".

Der am xx.xx.1953 geborene, promovierte und als Rechtsanwalt in B tätige Kläger bewarb sich mit Schreiben vom 27.09.2012 (Bl. 6 d.A.) - unter Beifügung von Bewerbungsunterlagen, u.a. seinem Abiturzeugnis - auf die Stelle. Der Kläger erhielt in seinem Abiturzeugnis in Englisch die Note "ausreichend". Beide juristischen Staatsexamen legte er mit der Note "befriedigend" ab. Mit Schreiben vom 05.11.2012 (Bl. 7 d.A.) erhielt er von der Beklagten eine Absage mit der Mitteilung, dass sie sich nach Abwägung aller Kriterien anderweitig entschieden habe. Der Kläger forderte von der Beklagten mit Schreiben vom 06.11.2012 die Zahlung einer Entschädigung sowie von Schadensersatz wegen Altersdiskriminierung. Die Beklagte lehnte die Ansprüche mit Schreiben vom 06.11.2012 (Bl. 10 d.A.) ab. Mit seiner am 30.11.2012 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger Entschädigungs- und Schadensersatzansprüche geltend gemacht. Die Beklagte ist der Klage mit der Ansicht entgegengetreten, es fehle an der Ernsthaftigkeit der Bewerbung und der objektiven Eignung des Klägers für die Stelle.

Wegen des weiteren unstreitigen Sachverhalts, des Vorbringens beider Parteien in erster Instanz und der vor dem Arbeitsgericht gestellten Anträge wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen (Bl. 146 -148 d.A.).

Das Arbeitsgericht Frankfurt hat mit Urteil vom 22.06.2013 (Az.: 2 Ca 8541/12) die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot schon deshalb ausscheide, weil der Kläger sich in dem Bewerbungsverfahren aufgrund mangelnder objektiver Eignung für die Stelle nicht in einer mit den übrigen Bewerbern vergleichbaren Situation befunden habe. An der objektiven Eignung fehle es, weil der Kläger bereits die geforderten mindestens guten Englischkenntnisse nicht aufweise. Der Kläger habe in seiner Bewerbung ohne nähere Erläuterung lediglich angegeben, dass "Englischkenntnisse selbstverständlich" seien. Dazu habe er sein Abiturzeugnis übersandt, in dem ihm im Fach Englisch die Note "ausreichend" erteilt wurde. Das Erfordernis guter Englischkennt...

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