Entscheidungsstichwort (Thema)

Abmahnung. Außerordentliche Kündigung

 

Leitsatz (redaktionell)

Der schwerwiegende Verdacht gegen den Arbeitnehmer, das zur Verfügung gestellte Diensthandy vertragswidrig dazu genutzt zu haben, im Dienstmodus im Ausland private Telefonate zu führen, rechtfertigt die außerordentliche Kündigung.

 

Normenkette

BGB § 626

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 02.12.2010; Aktenzeichen 3 Ca 2530/10)

 

Nachgehend

BAG (Aktenzeichen 2 AZN 1331/11)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 02. Dezember 2010, 3 Ca 2530/10, abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten auch im Berufungsrechtszug über die Wirksamkeit außerordentlicher fristloser und hilfsweise mit Auslauffrist ausgesprochener Arbeitgeberkündigungen.

Der am A geborene, verheiratete, zwei Kindern unterhaltsverpflichtete und mit einem GdB von 50 schwerbehinderte Kläger ist bei der Beklagten, die weit mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt, seit 01. August 1985 beschäftigt, zuletzt als Hubwagenfahrer mit einer Bruttomonatseinkommen von nach seinen Angaben 3.065,53 EUR. Das Arbeitsverhältnis der Parteien unterliegt kraft einzelvertraglicher Bezugnahme dem ua. für den Bereich der Beklagten abgeschlossenen Manteltarifvertrag Nr. 14 für das Bodenpersonal, gültig ab 01. Oktober 1992 (in der Folge: MTV Nr. 14). Nach § 41 Abs. 3 MTV Nr.14 ist nach einer Beschäftigungszeit von 15 Jahren die ordentliche Kündigung durch die Beklagte einschließlich der ordentlichen Änderungskündigung ausgeschlossen.

Im Bereich Transport, in dem auch der Kläger tätig ist, stellt die Beklagte den Arbeitnehmern Mobiltelefone zur dienstlichen Nutzung zur Verfügung, so auch dem Kläger. Die Handys dienen jedenfalls der Kommunikation der Hubwagenfahrer mit der Einsatzzentrale und weiteren innerbetrieblichen Ansprechpartnern. Die Kommunikation erfolgt hierbei jedenfalls über Anrufe über eine auf das Handy aufgespielte Java-Applikation, die die Verbindung mit dem Steuerungssystem NewOPPS herstellt und durch die die Mitarbeiter ihre Aufträge erhalten und bestätigen können. Diese dienstliche Nutzung des Handys über das System NewOPSS wird auf der Abrechnung des Anbieters T-Mobile als „Intranet” ausgewiesen. Ob weitere Nutzungsmöglichkeiten des Handys dienstlich geboten sein können, ist zwischen den Parteien streitig. Unstreitig ist, dass vom Kläger während des Urlaubs mit dem Handy vorgenommene Telefonate aus dem Ausland nicht dienstlich erfolgten.

Am 22. Juni 2004 bestätigte der Kläger durch Unterschrift den Empfang eines Handys. Das von der Beklagten vorformulierte Schreiben (Bl. 133 d.A.) lautet auszugsweise:

Bitte beachten Sie, dass die Weitergabe des Handys an Dritte nicht zulässig ist.

Die o.g. Telefon-Nr. ist nur für die dienstliche Verwendung vorgesehen. Für private Gespräche ist die private DuoBill Pin-Nr. zu verwenden.

Den Mitarbeitern der Beklagten wird die private Nutzung des Handys über eine sog. „Duo-Bill-Funktion” oder „Twin-Bill-Funktion” angeboten. Bei dieser Funktion erhält der Arbeitnehmer eine private Rufnummer und eine private PIN-Nummer, über die er sich in sein Handy einwählen kann, um dies privat zu nutzen. Der Kläger entschied sich für diese Möglichkeit.

Bei der Beklagten wurden Ende 2009 und/oder Anfang 2010 Überprüfungen der Abrechnungen für Firmenhandys einzelner Arbeitnehmer durchgeführt, so auch bezüglich des Handys des Klägers. Einzelheiten bezüglich dieser Überprüfungen sind streitig.

Wegen Auffälligkeiten bei den überprüften Abrechnungen der Dienstnummer des Firmenhandys des Klägers wurde dieser zunächst mit Schreiben vom 15. Februar 2010 (Bl. 37 d.A.) ab 16. Februar 2010 vorläufig vom Dienst suspendiert und mit weiterem Schreiben vom 15. Februar 2010 (Bl. 38 f d.A.) zu dem Vorgang angehört. Der Kläger reagierte mit Schreiben vom 17. Februar 2010 (Bl. 65 d.A.) und nach Gewährung einer Fristverlängerung mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 18. Februar 2010 (Bl. 67 f d.A.) und 23. Februar 2010 (Bl. 89 d.A.). Mit Schreiben vom 25. Februar 2010 (Bl. 455 f d.A.) beantragte die Beklagte die Zustimmung des Integrationsamts zur außerordentlichen fristlosen Kündigung des Klägers und hilfsweise zur außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist. Mit Bescheid vom 11. März 2010 (Bl. 404 f d.A.) versagte das Integrationsamt die Zustimmung. Hiergegen legte die Beklagte mit Schreiben vom 17. März 2010 (Bl. 398 f d.A.) Widerspruch ein.

Zwischenzeitlich war der Beklagten am 08. März 2010 die hiermit in Bezug genommene Telefonabrechnung nebst Einzelverbindungsnachweisen für die Dienstnummer des Firmenhandys des Klägers für Februar 2010 (Bl. 93 f d.A.) zugegangen, die allein für abgehende Telefonate im Ausland einen Betrag von 973,88 EUR (anteilige Kostenbelastung unter Berücksichtigung eingeräumter Rabatte nach Angaben der Beklagten insoweit 564,85 EUR) in der Zeit zwischen 02. Febru...

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