Entscheidungsstichwort (Thema)

Asphaltkocher. Geltungsbereich. Sozialkassenverfahren. Beitragspflicht

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Asphaltkocher ist keine Baumaschine (Abweichung von BAG 02.08.2006 - 10 AZR 756/05).

 

Normenkette

TVG Tarifverträge/Bau § 1

 

Verfahrensgang

ArbG Wiesbaden (Entscheidung vom 08.09.2011; Aktenzeichen 4 Ca 1999/10)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 13.11.2013; Aktenzeichen 10 AZR 842/12)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 08.09.2011 - 4 Ca 1999/10 - abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.

Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger Beiträge nach den Sozialkassentarifverträgen des Baugewerbes zu zahlen.

Der Kläger ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes. Er zieht nach näherer tariflicher Maßgabe die Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes ein. Auf der Grundlage des allgemeinverbindlichen Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 20. Dezember 1999 bzw. vom 18. Dezember 2009 (VTV) hat der Kläger erstinstanzlich von der Beklagten im Wege der sogenannten Mindestbeitragsklage - ausgehend von durchgehend mindestens drei gewerblichen Arbeitnehmern im Klagezeitraum - in zunächst vier getrennten Verfahren, die das Arbeitsgericht zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung miteinander verbunden hat, die Zahlung von Beiträgen für gewerbliche Arbeitnehmer für den Zeitraum Dezember 2005 bis Dezember 2010 begehrt.

Die Beklagte betreibt einen Gewerbetrieb und verfügt über eine Erlaubnis für den gewerblichen Güterkraftverkehr. Sie ist seit 1971 Mitglied in der Berufsgenossenschaft Transport und Verkehrswirtschaft. In den Kalenderjahren 2005 bis 2010 beschäftigte sie die gewerblichen Arbeitnehmer A., B., C., D., E., F., G., H., I., J., K., L., M., N., O., P., Q., R., S., T., U., V. sowie - das ist in der Berufungsinstanz unstreitig geworden - W.. Wegen der Anzahl der in den einzelnen Monaten beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 05. Dezember 2011 (Bl. 161 d. A.) Bezug genommen. Während des Klagezeitraums transportierten die im Betrieb der Beklagten beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer zu mehr als 50 % ihrer jeweiligen persönlichen Arbeitszeit, die zusammen auch mehr als 50 % der betrieblichen Gesamtarbeitszeit ausmachte, Gussasphalt vom Herstellungsbetrieb bzw. von der Mischanlage mittels sogenannter Gussasphaltkocher zu den Baustellen von Kunden/Straßenbauunternehmen. Der Gussasphalt wurde nicht von der Beklagten, sondern vom Kunden direkt beim Hersteller erworben. Während des Transports hat der Fahrer der Beklagten dafür Sorge zu tragen, dass der Gussasphalt durch den unter dem Gefäß befindlichen Brenner sowie das Rührwerk erhitzt und flüssig gehalten wird. Auf der Baustelle wird der Asphalt sodann von den Arbeitnehmern des jeweiligen Straßenbauunternehmens abgenommen. Ausweislich der Prüfungsniederschrift der Agentur für Arbeit X. vom 20. Juli 2011 erbringt die Beklagte baufremde Leistungen im Bereich des gewerblichen Güterkraftverkehrs (Bl. 98 bis Bl. 101 d. A.).

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Beklagte sei verpflichtet, am Sozialkassenverfahren der Bauwirtschaft teilzunehmen. Der Transport von Gussasphalt mittels Gussasphaltkochern vom Herstellungsbetrieb bzw. der Mischanlage zur Baustelle vor Ort sei entsprechend der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine baulichen Leistung, da das Tatbestandsmerkmal der Vermietung von Baumaschinen mit Bedienpersonal des § 1 Abs. 2 Abschnitt V Ziffer 39 VTV, darüber hinaus die Tatbestandsmerkmale von § 1 Abs. 2 Abschnitt V Ziffer 32 VTV (Straßenbau) und von § 1 Abs. 2 Abschnitt II VTV erfüllt seien.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 102.267,00 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, im Klagezeitraum nicht dem Geltungsbereich des VTV unterfallen zu ein, da sie keinen Betrieb des Baugewerbes, sondern einen Transportbetrieb unterhalten habe. Der Kläger habe nicht schlüssig dargelegt, dass der betriebliche Geltungsbereich des VTV eröffnet sei.

Das Arbeitsgericht Wiesbaden hat der Klage zum großen Teil stattgegeben. Es hat unter anderem ausgeführt, dem Kläger stünden Mindestbeiträge in Höhe von € 81.089,00 gemäß §§ 18, 22 VTV zu, da der Betrieb der Beklagten dem Baugewerbe im tariflichen Sinne zuzuordnen sei. Mit dem Bundesarbeitsgericht sei davon auszugehen, dass der Transport von Gussasphalt in Asphaltkochern vom Herstellungsbetrieb bzw. der Mischanlage zu den Baustellen von Kundenunternehmen als bauliche Leistung zu werten sei, da die Tatbestandsvoraussetzungen der Vermietung von Baumaschinen mit Bedienungspersonal gemäß § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 39 VTV erfüllt seien. Der Asphaltkocher sei kein reines Transportmittel, sondern eine Baumaschine, die dazu die...

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