keine Angaben zur Rechtskraft

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Entgeltfortzahlung. Krankheit. Sonn- und Feiertagszuschläge. Aufwendungsersatz. Anwesenheitsprämie

 

Leitsatz (amtlich)

Mangels abweichender tarifvertraglicher Regelung umfasst die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall grundsätzlich auch Sonn- und Feiertagszuschläge. Es handelt sich insoweit weder um Aufwendungsersatz (§ 4 Abs. 1 a EFZG) noch um Anwesenheitsprämie (§ 4 a EFZG).

 

Normenkette

EFZG 4 I; EFZG 4 Ia; EFZG IV; EFZG IVa; EFZG 12

 

Verfahrensgang

ArbG Gießen (Urteil vom 21.12.2006; Aktenzeichen 1 Ca 421/06)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 14.01.2009; Aktenzeichen 5 AZR 89/08)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Gießen vom 21. Dezember 2006 – 1 Ca 421/06 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall Sonn- und Feiertagszuschläge umfasst.

Die am XX.XX.19XX geborene, verheiratete Klägerin ist auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 26. Oktober 2001 (Bl. 4 – 7 d. A.) in der von der Beklagten betriebenen Seniorenresidenz als Saalservicekraft in Vollzeit beschäftigt. Die Klägerin hat Anspruch auf einen monatlichen Lohn in Höhe von EUR 1.314,02 brutto. Die Beklagte zahlt zusätzlich betriebsüblich zum Lohn Zuschläge für Sonn- und Feiertagsarbeit. Diese Zuschläge betragen 50% für Sonntagsarbeit, 125% für Feiertagsarbeit und 150% für Arbeit an den Weihnachtsfeiertagen. Bezogen auf den Lohn der Klägerin entspricht dies betragsmäßig EUR 25,00 für den 50%-Zuschlag, EUR 59,00 für den 125%-Zuschlag und EUR 70,80 für den 150%-Zuschlag. Die Beklagte zahlte in der Vergangenheit diese Zuschläge netto und nur für an Sonn- und Feiertagen tatsächlich erbrachte Arbeitsleistung.

Die Klägerin war im Jahr 2005 und im Jahr 2006 am 18. und 26. Dezember 2005, am 01. Januar 2006, am 21. Mai 2006, am 25. Mai 2006, am 04. und 05. Juni 2006, am 15. Juni 2006 und am 18. Juni 2006 für Sonn- bzw. Feiertagsarbeit dienstplanmäßig eingeteilt. Die Klägerin erkrankte an diesen Tagen jedoch arbeitsunfähig. Die Beklagte zahlte ihr deshalb die Sonn- und Feiertagszuschläge in Höhe von unstreitig EUR 440,80 nicht aus.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, sie habe nach dem Lohnausfallprinzip Anspruch auf Entgeltfortzahlung unter Einschluss der Sonn- und Feiertagszuschläge. Soweit die Privilegierung in der Sozialversicherung und hinsichtlich der Steuer eine Nettozahlung nur für tatsächlich erbrachte Arbeitsleistung an Sonn- und Feiertagen erlaube, stehe ihr der Anspruch gleichwohl – im Rahmen der Entgeltfortzahlung dann als Bruttobetrag – zu.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie EUR 440,80 brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19. August 2006 zu zahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Die Beklagte hat gemeint, die Entgeltfortzahlung bestimme sich im Streitfall nicht nach § 2 i. V. m. § 4 Abs. 2 EFZG, weil die Arbeitszeit im Streitfall an den gesetzlichen Feiertagen nur infolge der Arbeitsunfähigkeit der Klägerin ausgefallen sei. Die Beklagte hat weiter gemeint, dass die Klägerin aber auch nach § 4 Abs. 1 EFZG keinen Anspruch auf die Fortzahlung von Arbeitsentgelt unter Einschluss der Sonn- und Feiertagszuschläge habe, weil es sich bei diesen Zuschlägen um Aufwendungen des Arbeitnehmers im Sinne von § 4 Abs. 1 a EFZG bzw. um Einsatzprämien handele. Die Beklagte hat weiter gemeint, dass gem. §§ 14, 17 Abs. 1 Ziffer 1 SGB IV i. V. m. § 1 Arbeitsentgeltverordnung i. V. m. § 3 b Abs. 1 EStG die Sonn- und Feiertagszulage nicht dem Arbeitsentgelt zuzurechnen seien. Dies gilt nach Meinung der Beklagten auch für einen Anspruch aus dem Entgeltfortzahlungsgesetz. Die Beklagte hat schließlich gemeint, die Klägerin würde doppelt bezahlt, weil sie Arbeitszeitgutschriften bei krankheitsbedingten Ausfällen erhalte. Die Beklagte hat schließlich weiter darauf verwiesen, dass gem. § 11 Abs. 3 ArbZG sowie gem. Ziffer 5 Abs. 4 des Arbeitsvertrages der Parteien für die Beschäftigung an Sonn- und Feiertagen betriebsüblich ein Ersatzruhetag gewährt werde.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 21. Dezember 2006 der Klage stattgegeben. Es hat gemeint, der Klägerin stünde nach § 3 Abs. 1 i. V. m. § 4 Abs. 1 EFZG als Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nach dem Lohnausfallprinzip auch die Zuschläge für Sonn- und Feiertagsarbeit in Höhe von EUR 440,80 brutto zu. Es hat weiter angenommen, die Sonn- und Feiertagszuschläge seien keine von der Entgeltfortzahlung gem. § 4 Abs. 1 a EFZG ausgenommenen Aufwendungen. Es hat auch gemeint, aus dem Umstand, dass Sonn- und Feiertagszuschläge bei tatsächlicher Erbringung der Arbeitsleistung steuerfrei seien und nicht als Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 SGB IV gelten, ergebe sich nicht, dass die Zuschläge im Falle der Arbeitsunfähigkeit nicht zum fortzuzahlenden Entgelt gehören. Mit dem Wegfall der steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Privilegierung w...

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