Entscheidungsstichwort (Thema)

Geltungsbereich der Sozialkassentarifverträge des Baugewerbes

 

Leitsatz (amtlich)

Keiner (Abgrenzung Estrichleger/Fußbodenleger)

 

Normenkette

TVG § 5 Abs. 4, § 4 Abs. 1, § 3 Abs. 1-2; VTV-Bau § 1 Abs. 2 Abschn. V Nrn. 10, 37

 

Verfahrensgang

ArbG Wiesbaden (Urteil vom 08.12.1987; Aktenzeichen 1 Ca 2271/86)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 19.04.1989; Aktenzeichen 4 AZR 657/88)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts in Wiesbaden vom 8. Dezember 1987 – 1 Ca 2271/86 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um einen Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Erteilung von Auskünften und für den Fall, daß die Beklagte dem nicht innerhalb einer bestimmten Frist nachkommt, auf Entschädigung.

Der Klägerin ist die tarifvertraglich bestimmte Einzugsstelle für die Beiträge der baugewerblichen Arbeitgeber zu den Sozialkassen des Baugewerbes. Die baugewerblichen Arbeitgeber waren im Klagezeitraum von Juli 1985 bis zum November 1986 verpflichtet, nach einem tarifvertraglich im einzelnen näher festgelegten Verfahren der Klägerin u.a. die Brottolohnsumme der bei ihr beschäftigten Arbeitnehmer, die eine nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung versicherungspflichtige Tätigkeit ausübten, zu melden und von dieser Beiträge in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes abzuführen, für die Zeit bis Ende 1985 gem. § 1 Abs. 2 und 3, 12, 13 Tarifvertrag über das Verfahren für den Urlaub, den Lohnausgleich und die Zusatzversorgung im Baugewerbe vom 19. Dezember 1983 i.d.F. vom 12. Dezember 1984 und für die Zeit bis November 1986 i.d.F. vom 17. Dezember 1985 (Verfahrenstarifvertrag, VTV 1984 bzw. 1985). Der Verfahrenstarifvertrag war in der jeweiligen Fassung für allgemeinverbindlich erklärt. Die Beklagte stellte seit Beginn ihrer Tätigkeit im Juli 1985 und in gesamten Klagezeitraum Estriche her, verlegte Bodenbeläge und führte Bodenbeschichtungen mit Kunststoff aus. Bei letzterer Arbeit wird ein Zwei-Komponenten-Reaktionsharz über die gesamte zu bearbeitende Fläche auf einem Fußboden durch Spachteln aufgetragen, wodurch sich eine ebene rutschfeste Oberfläche ergibt. Als Gegenstand des Unternehmens der Beklagten ist im Handelsregister „die Herstellung und der Vertrieb von Industriefußböden,” in der Handwerksrolle „Estrichlegerbetrieb” eingetragen.

Die Klägerin hat behauptet, im Betrieb der Beklagten seien mit, mehr als 50 v. H. der betrieblichen Gesamtarbeitszeit im Klagezeitraum Estrichverlegearbeiten ausgeführt und im Anschluß daran PVC und Parkett verlegt worden. Von im Klagezeitraum durchschnittlich 15 Arbeitern seien 7 Estrichleger, 6 Bodenverleger einer Bautechniker und einer Bauschlosser gewesen.

Sie hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen,

  1. dem Kläger auf dem vorgeschriebenen Formular Auskunft darüber zu erteilen,

    1.1. wieviel Arbeitnehmer, die eine nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung über die Rentenversicherung der Arbeiter (RVO) versicherungspflichtige Tätigkeit ausübten, in den Monaten

    Juli 1985 bis November 1986

    in dem Betrieb der Beklagten beschäftigt wurden sowie in welcher Höhe die lohnsteuerpflichtige Bruttolohnsumme insgesamt für diese Arbeitnehmer und die Beiträge für die Sozialkassen der Bauwirtschaft in den genannten Monaten angefallen sind.

  2. Für den Fall, daß diese Verpflichtung zur Auskunftserteilung innerhalb einer Frist von 2 Wochen nach Urteilszustellung nicht erfüllt wird, an den Kläger zu zahlen:

    zu Nr. 1.1 DM 142.800,– DM.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Behauptung der Klägerin bestritten und weiter behauptet, von 20 gewerblichen Arbeitnehmern und vier Angestellten seien nur 4 Estrichleger und einer Estrichlegerlehrling gewesen.

Das Arbeitsgericht Wiesbaden hat Beweis erhoben über die Behauptung der Klägerin durch Vernehmung der Zeugen A., C., D., D., G., K., K., S., S., und Z. im Wege der Rechtshilfe durch die Arbeitsgerichte Würzburg – Kammer Aschaffenburg – und Heilbronn (Vernehmungsniederschriften Bl. 42–47, 57–60, 66 und 67 d.A.). Es daraufhin mit der Klägerin am 18. Dezember 1987 zugestelltem Urteil vom 8. Dezember 1987 – 1 Ca 2271/87 (Bl. 78–90 d.A.) – die Klage abgewiesen. Gegen dieses Urteil hat die Klägerin am 18. Januar 1988 Berufung eingelegt und nach rechtzeitiger Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 25. März 1988 mittels an diesem Tage bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz es begründet.

Die Klägerin hält die Beweiswürdigung des Arbeitsgerichts für unzutreffend, setzt sich mit den Zeugenaussagen im einzelnen auseinander (Bl. 106–111 d.A.) und meint, daß das Beweisthema nicht erschöpft worden sei, sich abgesehen davon aber schon nach der Aussage des Zeugen Z. eine überwiegend unter den fachlichen Geltungsbereich des Verfahrenstarifvertrages fallende betriebliche Tätigkeit der Beklagten ergebe. Das Arbeitsgericht habe fehlerhaft auf jeden einzelnen Monat des Klagezeitraums abgestellt. Sie behauptet, die Beklagte hab...

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