Entscheidungsstichwort (Thema)

Dritter Weg der Evangelischen Kirche. Auslegung einer Bezugnahmeklausel. Anwendbarkeit des TVöD

 

Leitsatz (redaktionell)

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind Bezugnahmen im Arbeitsvertrag auf anderweitige normative Regelungen in der Regel dynamisch zu verstehen. Der TVöD findet Anwendung.

 

Normenkette

TVöD; BAT; TVÜ-VKA

 

Verfahrensgang

ArbG Gießen (Entscheidung vom 16.01.2013; Aktenzeichen 8 Ca 227/12)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Gießen vom 16. Januar 2013 - 8 Ca 227/12 - abgeändert:

Es wird festgestellt, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst Bund/Gemeinden vom 13. September 2005 und die diesen ergänzenden Tarifverträge in der jeweils geltenden Fassung sowie der Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-VKA) ab dem 1.10.2005 anwendbar sind, mit den Ausnahmen, dass sich die Altersversorgung und die Urlaubsregelung nach den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen richtet.

Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die auf das Arbeitsverhältnis anzuwendenden Tarifverträge.

Die Landessynode der Evangelischen Kirche in A beschloss durch das Kirchengesetz über das Verfahren zur Regelung der Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiter im kirchlichen und diakonischen Dienst (Arbeitsrechtsregelungsgesetz, ARRG.KW) vom 25. April 1979 (KABl., S. 70), zur Regelung der Arbeitsverhältnisse der kirchlichen Mitarbeiter den sog. "Dritten Weg" zu beschreiten. Nach § 4 ARRG.KW gilt das Kirchengesetz für den Bereich des Diakonischen Werks in A nach Maßgabe der Satzung, wenn das zuständige Organ seine Übernahme beschlossen hat. Nach Übernahme durch Entscheidung der Mitgliederversammlung des Diakonischen Werks trat das Kirchengesetz in seiner ursprünglichen Fassung am 26. Oktober 1979 (KABl. S. 124), in seiner aktuellen Fassung am 14. Januar 1996 (KABl. 1995, S. 217) in Kraft. Mit Beschluss vom 6. November 1984 beschloss die Arbeitsrechtliche Kommission des Diakonischen Werks in A künftig alle Beschlüsse der Arbeitsrechtlichen Kommission des Diakonischen Werks der evangelischen Kirche in Deutschland für den diakonischen Bereich in A zu übernehmen und vom vorgesehenen Zeitpunkt an anzuwenden. Nach § 7 Abs. 3 a iVm. § 5 der jeweiligen Satzungen des Diakonischen Werks A (vom 18. September 1995, 22. September 1997, 4. November 2009 und 7. Mai 2013) waren und sind die im Bereich der Landeskirche tätigen diakonischen Rechtsträger verpflichtet, das Dienstvertragsrecht einschließlich der Arbeitsrechtsregelung des Diakonischen Werks A in der Fassung der Beschlüsse der zuständigen Arbeitsrechtlichen Kommission anzuwenden.

Der Beklagte ist ein gemeinnütziger Verein, der in B und C für Menschen mit geistiger Behinderung Werkstätten unterhält und ein Wohnangebot vorhält, das von betreutem Wohnen bis hin zur umfassenden Intensivbetreuung reicht. Er beschäftigt ca. 620 Mitarbeiter. Der Beklagte war zu keiner Zeit tarifgebunden. Er war bis 1990 Mitglied des D. Seit 1991 ist er als im Bereich der Landeskirche tätiger diakonischer Rechtsträger Mitglied des Diakonischen Werks in A Bei seinem Eintritt in das Diakonische Werk erhielt er die Genehmigung, von § 7 Abs. 3 der Satzung des Diakonischen Werks in A abzuweichen; aufgrund dieser Ausnahmegenehmigung war er nicht verpflichtet, das Dienstvertragsrecht einschließlich der Arbeitsrechtsregelung des Diakonischen Werks anzuwenden. Er vereinbarte daher auch über den 1. Januar 1991 hinaus - wie schon in der Zeit zuvor - bis einschließlich 2001 in allen Arbeitsverträgen BAT-Bezugnahmeklauseln. Er wandte neben dem BAT als solchen die Zusatztarifverträge wie z.B. die Vergütungstarifverträge und sonstige Zusatztarifverträge wie die Tarifverträge über das Urlaubsgeld und die Zuwendung an. Das galt auch für das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger. Der Kläger, der Mitglied der Gewerkschaft E ist, ist bei dem Beklagten aufgrund Arbeitsvertrags vom 31. März 1998 seit dem 15. Juni 1998 als Gruppenleiter in den F-B beschäftigt. Der Arbeitsvertrag (Bl. 21 d.A.) enthält u.a. folgende Regelungen:

"§ 2

Das Arbeitsverhältnis richtet sich nach den Bestimmungen des BAT/VKA (Bundesangestelltentarifvertrag/Vereinigung Kommunaler Arbeitgeberverbände) in der jeweils geltenden Fassung.

§ 3

Die Vergütung erfolgt nach dem Vergütungstarifvertrag des BAT/VKA VIb Fallgruppe 2, vorbehaltlich eines erfolgreichen Abschlusses der Prüfung zum Heilerzieherpfleger. .....

§ 4

Der Bedienstete wird nach Ablauf der Probezeit bei der VBLU (Versorgungsverband bundes- und landesgeförd . Untern. e.V. Bonn-Bad Godesberg) zusatzversichert (Alters-, Hinterbliebenenversorgung); dies erfolgt abweichend von § 46 BAT. Die Anlage Nr. 18 FB015 ist Bestandteil dieses Vertrages. Nach Ablauf der Probezeit tritt die Versicherung rückwirkend ab Dienstantritt in Kraft.

§ 5

Der Jahresurla...

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