Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 18.12.1996; Aktenzeichen 6 Ca 6829/95)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen desUrteil desArbeitsgerichts Frankfurt am Main vom18.12.1996 – 6 Ca 6829/95 wird kostenpflichtig zurückgewiesen. Die Revision wird für den Beklagten zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um den Zeitpunkt der Beendigung des zwischen ihnen vereinbarten Ausbildungsverhältnisses.

Sie schlossen am 01.06.1993 einen Berufsausbildungsvertrag, demzufolge die Klägerin in der zeit vom 01.06.1993 bis zum 31.07.1995 zur Friseurin ausgebildet werden sollte. Auf den vertrag wird ergänzend Bezug genommen (Bl. 5 – 8 d.A.). Nach ausgezeichneten Ergebnissen in der Zwischenprüfung war die Abschlußprüfung in der zeit vom 12. – 26.06.1995 vorgesehen. Für die zeit vom 09.06. – 05.07.1995 legte die Klägerin dem Beklagten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vor (Bl. 10 d.A.) und nahm an der Prüfung nicht teil. Mit Anwaltsschreiben vom 13.07.1995 (Bl. 51 ff. d.A.) verlangte die Klägerin vom Beklagten die Fortsetzung des Ausbildungsverhältnisses bis zur nächsten prüfungsgelegenheit, was der Beklagte ablehnte. Nach dem Spruch des Ausschusses zur Schlichtung von Lehrlingsstreitigkeiten bei der Friseurinnung Frankfurt am Main vom 22.08.1995 (Bl. 11 f. d.A.) endete das Berufsausbildungsverhältnis zwischen den Parteien am 31.07.1995. Nachdem die Klägerin am 30.08.1995 bei der Handwerkskammer Rhein-Main eine Verlängerung der Ausbildungszeit gem. § 29 Abs. 3 BBlG beantragt hatte und diese Einrichtung am 17.11.1995 noch um ergänzende Auskünfte gebeten hatte, bestand die Klägerin die Abschlußprüfung am 29.01.1996. ohne daß es zu einer Bescheidung ihres verlängerungsantrages und zu der Verlängerung des Ausbildungsverhältnisses gekommen war.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, daß sich ihr Ausbildungsverhältnis zur Beklagten gem. § 14 Abs. 3 BBlG über den 31.07.1995 hinaus bis zum 29.01.1996 verlängert habe, da sie die für den Juni 1995 angesetzte Prüfung nicht bestanden habe, weil sie infolge Erkrankung an ihr nicht habe teilnehmen können. Sie hat gemeint, der Beklagte schulde ihr für den fraglichen Zeitraum die vereinbarte monatliche Ausbildungsvergütung in unstreitiger Höhe von DM 770,00 brutto aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges und hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie DM 4.495,80 brutto nebst 4 % Zinsen aus jeweils DM 770.00 brutto seit dem 01.09.1995, dem 01.10.1995. dem 01.11.1995, dem 01.12.1995 und dem 01.01.1996 und aus DM 645,80 brutto seit dem 01.02.1996 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat behauptet, die Klägerin habe schon im Juni 1995 angekündigt, sie wolle ihre Ausbildungszeit möglichst ausdehnen, um ihrem Vater in bezug auf dessen fortdauernde Unterhaltspflichten „ein’s auszuwischen” (Zeugin Hofmann), weiter sei davon auszugehen, daß die Klägerin auch in der Zeit vom 01.08.1995 bis zum 29.01.1996 in erheblichem umfang arbeitsunfähig gewesen wäre, schließlich hat er gemeint, § 14 Abs. 3 BBlG sei nur anzuwenden, wenn eine Prüfung infolge von Ausbildungsmängeln nicht bestanden werde und deshalb eine „Nachlehre” erforderlich sei. Er weist schließlich darauf hin, daß auch die Meister-Prüfungsordnung für Abschlußprüfungen des Bundesausschusses für Berufsbildung zwischen Rücktritt und Nichtteilnahme an einer Prüfung (§ 9) und nicht bestandener Prüfung (§ 23) unterscheide.

Mit am 18.12.1996 verkündetem urteil hat das Arbeitsgericht Frankfurt am Main – 6 Ca 6829/95 – der Klage stattgegeben. Es hat im einzelnen begründet, daß § 14 Abs. 3 BBlG auch für die Fälle Anwendung finde, in denen eine Prüfung nicht bestanden wird, weil der Auszubildende unverschuldet an der Prüfung nicht teilnehmen kann. Wegen des vollständigen Inhalts des Urteils wird ergänzend auf Bl. 57 – 62 d.A. Bezug genommen.

Gegen das ihm am 12.03.1997 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 02.04.1997 Berufung eingelegt und dieses Rechtsmittel am 30.04.1997 begründet. Er behauptet, die Klägerin habe ihre Arbeitsunfähigkeit während des Prüfungszeitraums im Juni 1995 angekündigt. Er meint, § 14 Abs. 3 BBlG habe den zweck, Prüfungsversagern die Möglichkeit der erforderlichen „Nachlehre” zu geben, um sodann in einer Wiederholungsprüfung einen erneuten versuch zum Abschluß der Ausbildung zu machen. Für einen an der Teilnahme an der Prüfung Verhinderten dagegen handele es sich bei einer späteren Prüfung um eine erste Prüfung. Diese erforderliche Differenzierung spiegele sich auch in der Musterprüfungsordnung des Bundesausschusses für Berufsbildung wider. Für Fälle wie den vorliegenden ermögliche § 29 Abs. 3 BBlG die erforderliche Verlängerung der Ausbildung.

Er beantragt,

das am 18.12.1996 verkündete urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main – 6 Ca 6829/95 – abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene urteil und meint insbesondere, daß eine andere Auslegung von § 14 Abs. 3 BBlG diejenigen Auszubildenden bena...

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