keine Angaben zur Rechtskraft

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

kollektivrechtlicher Unterlassungsanspruch. OT-Mitgliedschaft. Nachbindung. Nachwirkung

 

Leitsatz (amtlich)

Kollektivrechtlicher Unterlassungsanspruch der Gewerkschaft verneint, da Verhalten des Arbeitgebers zum Entscheidungszeitpunkt nicht mehr tarifwidrig. Arbeitgeber war an Manteltarifvertrag (dort: Wochenarbeitszeit) nicht mehr nach § 3 Abs. 3 TVG gebunden, tarifliche Arbeitszeit galt nur noch nach § 4 Abs.5 TVG.

Wirksamer Wechsel in OT-Mitgliedschaft (Stufenmodell) hatte zur Bindung an MTV nach § Abs. 3 TVG geführt; diese Nachbindung endete, da Tarifvertragsparteien Zusatztarifvertrag abgeschlossen haben, der Inhaltsnorm des Manteltarifvertrags veränderte.

Umfang der Überprüfung eines Wechsels in OT-Mitgliedschaft in Bezug auf § 3 Abs. 1 TVG.

Änderung eines Manteltarifvertrags durch Abschluss eines Zusatztarifvertrages, welcher zu geringfügiger Änderung einer Inhaltsnorm des Manteltarifvertrags führt.

 

Normenkette

TVG § 3 Abs. 1, 3; TVG 4 V

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 05.04.2006; Aktenzeichen 14 Ca 7365/05)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 25.02.2009; Aktenzeichen 4 AZR 986/07)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 05. April 2006 – 14 Ca 7365/05 – wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Berufung zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die klagende Gewerkschaft macht einen kollektivrechtlichen Unterlassungsanspruch geltend, mit dem sie sich gegen die Vereinbarung einer Wochenarbeitszeit von 40 Stunden durch vertragliche Einheitsregelungen wendet, welche die vom Manteltarifvertrag vorgesehene Wochenarbeitszeit von 38 Stunden überschreiten.

Die Beklagte ist die A Tochterfirma eines B Lebensmittelkonzerns. Sie beschäftigt in ihrer Zentrale in C ca. 1.250 Arbeitnehmer. Davon sind ungefähr 900 so genannte Tarifangestellte oder – zu einem kleineren Anteil – gewerbliche Arbeitnehmer. Die Arbeitsverträge dieser Beschäftigten nehmen Bezug auf die fachlich und räumlich für den Betrieb geltenden Tarifverträge. Weiter arbeiten ca. 350 so genannte AT-Angestellte in der C Zentrale. Deren Arbeitsverträge verweisen nur teilweise oder gar nicht auf Tarifverträge. Die klagende Gewerkschaft ist im Betrieb der Beklagten in C vertreten; streitig ist, wie hoch der Organisationsgrad der Arbeitnehmer ist.

Bis ungefähr Frühsommer 2005 hielt die Beklagte sich bei allen Arbeitnehmern der Zentrale, welche nicht als AT-Angestellte galten, an die einschlägigen Tarifverträge, ungeachtet der Tarifbindung der Arbeitnehmer. Dies galt auch für die in § 3 des Manteltarifvertrages der Feinkost-, Nährmittel- und Teigwarenindustrie in Hessen und Rheinland-Pfalz vom 26. Oktober 2001, in Kraft getreten zum 01. Januar 2002 (folgend: MTV), geltende Arbeitszeit von 38 Wochenstunden.

Ab diesem Zeitpunkt trat die Beklagte auf Mitgliederversammlungen an ihre Beschäftigten heran. Den einzelnen Arbeitnehmern wurden gleich lautende Ergänzungen zu den Arbeitsverträgen zur Unterzeichnung vorgelegt. Diese hatten auszugsweise folgenden Wortlaut:

„Zwischen der D AG und … wird abweichend von den bisherigen Verweisen auf die Vorschriften des bisherigen Manteltarifvertrages folgende Änderungen des zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsvertrages vereinbart: Ab dem 01. Juli 2005 gilt für dieses Arbeitsverhältnis der Manteltarifvertrag der Feinkost-, Nährmittel- und Teigwarenindustrie in Hessen und Rheinland-Pfalz vom 26. Oktober 2001 in der jeweils gültigen Fassung mit folgenden Ausnahmen:

a) Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit für Vollzeitarbeitnehmer – ausschließlich der Pausen – beträgt entgegen § 3 Abs. 1 des Manteltarifvertrages 40 Stunden (…).”

Wegen des weiteren Inhalts der Änderungsangebote wird auf die Schreiben der Beklagten vom 21. Juni 2005 sowie vom 15. Juli 2005 verwiesen (Anlagen K 7, K 8 zur Klageschrift, Bl. 36 – 38 d. A.). Nach Angaben der Beklagten stimmten ca. 90% der 900 „Tarifarbeitnehmer” der Änderung zu.

Die Beklagte war zumindest bis 31. März 2005 Vollmitglied des Arbeitgeberverbandes Ernährung, Genuss Hessen/Rheinland-Pfalz/Saarland e.V., Kurzbezeichnung: VAV. Die Mitglieder des VAV hatten anlässlich ihrer Mitgliederversammlung am 27. Mai 2004 die Einführung einer OT-Mitgliedschaft beschlossen. Wegen des Inhalts des Beschlusses der Satzungsänderung wird auf die Anlage B 1 zum Schriftsatz der Beklagten vom 09. Januar 2006 Bezug genommen (Bl. 67 d. A.). Die Satzungsänderung ist beim Amtsgericht E als Registergericht zur Vereinsregisternummer XXXX am 17. August 2004 eingetragen worden (vgl. Bestätigung des Registergerichts als weitere Anlage zum Schriftsatz vom 09. Januar 2006, Bl. 68 f. d. A.). Zur Wiedergabe des vollständigen Inhalts der Satzung des VAV nach Eintrag dieser Satzungsänderung wird auf die mit der Klageschrift eingereichte Kopie verwiesen (Bl. 40 – 48 d. A.). Wie im Berufungsverfahren unstreitig geworden ist, erklärte die Beklagte mit Schreiben vom 10. Dezember 2004 gegenüber ihrem...

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