Entscheidungsstichwort (Thema)

Umfang der Erstattung der Kosten eines polizeilichen Führungszeugnisses durch den Arbeitgeber

 

Leitsatz (amtlich)

Liegt die Beschaffung eines polizeilichen Führungszeugnisses im überwiegenden Interesse des Arbeitgebers und dient es im weitesten Sinne der Arbeitsausführung, ohne dass die Beschaffung zur selbstverständlichen Einsatzpflicht des Arbeitnehmers im Rahmen seiner Arbeitspflicht gehört, hat der Arbeitgeber die dafür entstandenen Kosten vollständig durch Auszahlung an den Arbeitnehmer zu erstatten. Es handelt sich dann um steuerfreien Auslagenersatz im Sinne von § 3 Nr. 50 2. Alt. EStG. Auch Sozialversicherungsbeiträge sind auf die zu erstattende Gebühr nicht abzuführen.

 

Normenkette

BGB § 670

 

Verfahrensgang

ArbG Gießen (Entscheidung vom 31.07.2014; Aktenzeichen 11 Ca 501/13)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Gießen vom 31. Juli 2014 - 11 Ca 501/13 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Frage, ob die Beklagte die auf den als Bruttolohn abgerechneten Kostenbetrag eines Führungszeugnisses angefallenen Steuern und Sozialversicherungsbeiträge, die sie bereits abgeführt hat, an die Klägerin auszahlen muss.

Die Beklagte betreibt ein Unternehmen der Gebäudereinigung.

Die Klägerin ist seit dem 5. September 2005 aufgrund schriftlichen Arbeitsvertrages vom Vortag (Bl. 102, 103 d.A.) bei der Beklagten als Innenreinigerin beschäftigt. Am 1. Februar 2013 unterzeichneten die Parteien eine(n) "Anlage/Nachtrag Arbeitszeit/-ort" (Bl. 37 d.A.). In dem heißt es:

"Wochenarbeitszeit und Arbeitsort werden ab 01.02.13 wie folgt geregelt: ....Bezeichnung Arbeitsort HI, Erstaufnahmelager, A"

Der Auftraggeber der Beklagten für die Reinigungsarbeiten in dem Erstaufnahmelager forderte von der Beklagten für die dort einzusetzenden Arbeitnehmer die Vorlage von Führungszeugnissen. Deshalb forderte die Beklagte die Klägerin zur Vorlage eines solchen Führungszeugnisses auf. Für die Ausstellung des Führungszeugnisses verauslagte die Klägerin € 13,00 (vgl. Nrn. 1130 und 1131 der Anlage zu § 4 Abs. 1 JVKostG).

Am 29. August 2013 fand bei der Beklagten eine Schlussbesprechung über eine durchgeführte Betriebsprüfung statt. In dem dazu gefertigten Protokoll (Bl. 39 d.A.) heißt es unter anderem:

"Der Arbeitgeber erstattete seinen Arbeitnehmern die Kosten für die Beschaffung der von ihm angeforderten polizeilichen Führungszeugnisse sowie die gesetzlich vorgeschriebenen Gesundheitszeugnisse. Aufwendungen des Arbeitnehmers für ein aus beruflichen Gründen erforderliches Führungs- oder Gesundheitszeugnis sind Werbungskosten. Trägt der Arbeitgeber die Kosten oder ersetzt er diese dem Arbeitnehmer, so liegt steuer- und sozialversicherungspflichtiges Arbeitsentgelt vor."

Mit der Verdienstabrechnung für September 2013 erstattete die Beklagte der Klägerin die Kosten für das Führungszeugnis auf "Bruttobasis" und zog die auf den Betrag von € 13,00 brutto angefallenen Steuer- und Sozialversicherungsbeiträge in Höhe des Klagebetrages ab (vgl. Bl. 4 d.A.).

Mit Schreiben vom 14. November 2013 forderte die Klägerin die Erstattung des Gesamtbetrages (Bl. 6 d.A.). Die Beklagte lehnte dies mit Schreiben vom 27. November 2013 ab (Bl. 6 d.A.).

Mit Schriftsatz vom 10. Dezember 2013 hat die Klägerin Zahlungsklage erhoben, die der Beklagten am 13. Dezember 2013 zugestellt worden ist.

Einen Lohnsteuerjahresausgleich hat die Klägerin für das Jahr 2013 nicht beantragt.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei zur Erstattung des Betrages in Höhe von € 13,00 ohne Abzug von Steuer- und Sozialversicherungsbeiträgen verpflichtet. Es handele sich bei dem Erstattungsbetrag nicht um Arbeitsentgelt.

Sie hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie € 7,24 netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13. Dezember 2013 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, einen Erstattungsanspruch habe die Klägerin gegen sie nicht. Nachdem sie sich dennoch zur Erstattung entschlossen habe, seien die geltenden Steuer- und Sozialversicherungsregelungen für Arbeitslohn einzuhalten, mit der Folge dass Steuern und Sozialversicherungsbeiträge zugunsten der Klägerin abzuführen gewesen seien. Der Klägerin könne die abgeführten Steuern und Beiträge im Wege des Lohnsteuerjahresausgleichs bzw. von der Krankenkasse zurückerstattet bekommen. Wegen der Sozialversicherungsbeiträge sei die Klägerin dazu auch im Wege der Schadensminderungspflicht verpflichtet. Zudem habe das Führungszeugnis der Beschäftigungsmöglichkeit der Klägerin innerhalb des Objekts gedient.

Die Beklagte hat auch die sachliche Zuständigkeit der Arbeitsgerichtsbarkeit gerügt.

Wegen des weiteren unstreitigen Sachverhaltes und des Vortrags der Parteien im ersten Rechtszug wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils des Arbeitsgerichts Gießen vom 31. Juli 2014 gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen (Bl...

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