keine Angaben zur Rechtskraft

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialplan. Abfindung. Nettolohnzusage

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Betriebspartner sind befugt, in einem Sozialplan Leistungen zum Ausgleich von Rentennachteilen durch eine vorgezogene Inanspruchnahme der gesetzlichen Altersrente vorzusehen.

2. Verpflichtet sich der Arbeitgeber zur Übernahme der auf eine solche Leistung anfallenden Lohnsteuer, betrifft dies im Zweifel nur den sich bei der Auszahlung ergebenden Lohnsteuerabzug nach § 39 EstG und nicht die tatsächliche Einkommenssteuerbelastung aufgrund der Jahressteuerveranlagung.

3. Die Unklarheitenregel und das Transparenzgebot sind gemäß § 310 IV BGB bei der Sozialplanauslegung nicht heranzuiehen.

 

Normenkette

BetrVG 112; BetrVG § 75; BGB § 310 Abs. 4

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 09.03.2005; Aktenzeichen 14 Ca 6864/03)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Schlussurteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 09. März 2005 – 14 Ca 6864/03 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über einen Anspruch auf Erstattung für eine Sozialplanleistung angefallene Einkommensteuer.

Der am 04. August 1943 geborene Kläger war für die Beklagte seit 07. Dezember 1967 tätig. Die Beklagte schloss am 23. April 1997 mit dem bei ihr gebildeten Gesamtbetriebsrat eine „Vereinbarung zum Interessenausgleich und Sozialplan”, die als „Sozialplan 1997” bezeichnet wurde (nachfolgend: SP). Gemäß Ziffer II. SP diente die Regelung der Entlassung von 63 Arbeitnehmern. Unter III 4 SP sind Regelungen über die Abfindung der betroffenen Arbeitnehmer enthalten. Darin heißt es u.a.:

„b) Mitarbeiter, die das 55. Lebensjahr bis zum Ablauf der Kündigungsfrist vollendet haben, erhalten statt der nach a) berechneten Abfindung eine Einmalzahlung, deren Höhe sich wie folgt berechnet:

aa) Bis zum Zeitpunkt des frühestmöglichen Bezuges von Altersrente wird der bisherige Nettoverdienst des Mitarbeiters unter Einberechnung von Arbeitslosengeld bzw. ihm entsprechender Ersatzleistung ohne Abzinsung zu 100% ausgeglichen Der solchermaßen berechnete Betrag wird als Abfindung (brutto) gezahlt und unter Beachtung der §§ 3, 24, 34 EStG versteuert.

In die Berechnung einbezogen werden Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld …

Der Mitarbeiter erhält hierzu eine Abrechnung nach dem dieser Vereinbarung anliegenden Muster.

Nachteile, die der Mitarbeiter dadurch erfährt, dass die Höhe der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit aufgrund der bei Abschluss dieses Sozialplanes geplanten gesetzlichen Änderungen herabgesetzt wird, gleicht A aus. Der Ausgleich geschieht in der Weise, dass A die Abfindung nach Absatz 1 um einen Betrag erhöht, der dem Mitarbeiter die freiwillige Nachversicherung zum Ausgleich der Rentenerniedrigung ermöglicht. Dabei wird der auf Nachweis des Mitarbeiters erforderliche Nachversicherungsbetrag erhöht zum Ausgleich der Steuerbelastung von dem im Einzelfall anzuwendenden Steuersatz für die Abfindung. Der zur Nachversicherung zur Verfügung gestellte Betrag ist auf eine Höchstsumme begrenzt. Der Nachweis ist spätestens vom Mitarbeiter zum Zeitpunkt der Zahlung der Abfindung zu erbringen.

cc) Ist der Einmalbetrag falsch berechnet mit der Folge, dass dem Mitarbeiter insgesamt nicht der nach aa) Absatz 1 angegebene Nettoverdienst zufließt, so gleicht A diesen Nachteil auf Nachweis des Mitarbeiters aus. Dies gilt nicht, wenn der Mitarbeiter die Entstehung des Nachteils zu vertreten hat (z.B. verspätete Arbeitslosmeldung, Verzicht auf Arbeitslosmeldung, anderweitige Beschäftigung).

c) Sollte bei konkreter Betrachtung des Einzelfalls die Höchstgrenze für den einzelnen betroffenen Mitarbeiter unbillig erscheinen, so verpflichten sich die Betriebsparteien, Verhandlungen darüber aufzunehmen, ob in diesem Einzelfall die Höchstgrenze überschritten werden kann.

Nach Möglichkeit wird die Abfindungszahlung in der Regel unter Beachtung der sozialversicherungs- und steuerrechtlichen Vorschriften für den Mitarbeiter so günstig gestaltet wie möglich, ohne dass jedoch A hierfür die Haftung übernimmt. „

Gemäß Ziffer III 8 Abs. 1 Satz 1 SP waren die Ansprüche aus dem Sozialplan im Zeitpunkt des Ausscheidens des Arbeitnehmers fällig. In einer Protokollnotiz setzen die Betriebspartner die Höchstsumme gemäß III 4 b Abs. 5 SP auf DM 60.000 fest. Der Kläger schied auf der Grundlage des SP zum 31. Dezember 2002 aus. Im Dezember 2001 erteilte die Beklagte dem Kläger Auskunft über die von ihr zum Zeitpunkt des Ausscheidens zu erbringenden Leistungen. Unter anderem kündigte sie eine Zahlung zum Ausgleich des Rentenverlustes in Höhe von DM 60.000 netto an. Sie zahlte den steuerfreien Teil der Abfindung im Dezember 2002 und den Restbetrag einschließlich des Rentenausgleichs im Januar 2003. Für den Rentenausgleich leistete sie gemäß § 39 b Abs. 3 EStG Lohnsteuer in Höhe von EUR 16.848,35 an das Betriebsstättenfinanzamt. Gemäß einer von der Beklagten eingeholten Anrufungsauskunft des Betriebsstättenfinanzamts...

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