Entscheidungsstichwort (Thema)

Gleichbehandlungsanspruch. Tarifvertraglicher Gestaltungsspielraum

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz ist nicht anzuwenden, wenn der tarifgebundene Arbeitgeber Tarifverträge anwendet.

2. Die Tarifvertragsparteien haben in der Bestimmung des Kreises der von einer Regelung Begünstigten einen Gestaltungsspielraum, ohne allerdings willkürlich differenzieren zu dürfen. Hierbei darf eine tarifliche Leistung von Vorbeschäftigungszeiten in tarifgebundenen Unternehmen abhängig gemacht werden.

 

Normenkette

GG Art. 3 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Darmstadt (Urteil vom 01.04.2003; Aktenzeichen 4 Ca 357/02)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 16.08.2005; Aktenzeichen 9 AZR 378/04)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 01. April 2003 – 4 Ca 357/02 – wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt zusätzliche Versorgungsleistungen für die Zeitspanne zwischen Aufgabe seiner fliegerischen Tätigkeit und dem Wechsel in die gesetzliche Rentenversicherung ab dem 65. Lebensjahr, wobei er seinen Anspruch auf Art. 3 Abs. 1 GG stützt.

Der 1966 geborene Kläger ist seit 01. Januar 1992 als Flugzeugführer im Dienst der Beklagten, derzeit im Rang eines 1. Offiziers.

Die Beklagte ist ein Unternehmen des Lufthansa-Konzerns. Sie führt Frachtflüge im internationalen Luftverkehr durch. Sie wurde ausweislich des zu den Akten gereichten Auszugs aus dem Handelsregister 1977 gegründet (AG Rüsselsheim, HRB 2931; vgl. Anlage A 1 zum Schriftsatz des Klägers vom 09. Dezember 2002 in der Leitakte 17/3 Sa 1345/03, Bl. 108 f. d. Leitakte). Durch Beschluss vom Oktober 1994 wurde die Beklagte in eine Aktiengesellschaft (AG) umgewandelt. Ihre Firma wurde von German Cargo Services GmbH (folgend: GCS) in Lufthansa Cargo AG (folgend: LCAG) abgeändert.

Die GCS war bis zu ihrer Umwandlung ein außertarifliches Konzernunternehmen, gehörte also nicht dem sog. Konzerntarifverbund der Deutsche Lufthansa AG (folgend: DLH) und anderer Konzernunternehmen an. Die Vergütung der Cockpit-Mitarbeiter richtete sich nach dem „Personalstatut für das fliegende Personal der GCS”, zuletzt in der Fassung der Ausgabe 1992. Eine Versorgungszusage für den Zeitpunkt ab Übergang in die gesetzliche Altersrente oder für den davor liegenden Zeitraum, in dem die Piloten wegen Erreichens der Altersgrenze nicht mehr im Flugverkehr eingesetzt werden, existierte nicht.

Seit 1995 – der genaue Zeitpunkt wurde nicht mitgeteilt – gehört die Beklagte dem Tarifverbund an.

Der Kläger schloss auf Veranlassung der Beklagten am 31. Januar 1996 einen neuen Arbeitsvertrag ab, welcher den Arbeitsvertrag vom 18. Dezember 1991 ablöste. Wegen des Inhalts beider Arbeitsverträge wird auf die als Anlagen A 1 und A 3 mit der Klageschrift überreichten Kopien verwiesen (Bl. 12 ff., 20 ff. d.A.).

Hervorzuheben ist die durch § 2 des Arbeitsvertrages vom 18. Dezember 1991 vereinbarte Geltung der damaligen Beschäftigungsordnung der Beklagten (vgl. Anlage A 2 zur Klageschrift in der Leitakte 17/3 Sa 1345/03, Bl. 15 ff. d. Leitakte). In dieser war unter § 10 geregelt (Bl. 18 d. Leitakte):

㤠10

Altersbegrenzung/Rentenzahlung

Der Arbeitsvertrag endet, ohne dass es einer Kündigung bedarf, spätestens dann, wenn der Mitarbeiter das 65. Lebensjahr vollendet hat.

Soweit ein Gesetz oder eine Verordnung den fliegerischen Einsatz über ein bestimmtes Alter hinaus durch eine zwingende oder eine Soll-Bestimmung nicht gestattet, endet der Arbeitsvertrag, ohne dass es einer Kündigung bedarf, wenn der Mitarbeiter das dort bestimmte Lebensjahr vollendet (gemäß § 41 Abs. 1 der Betriebsordnung).

(…)”

Im Arbeitsvertrag vom 31. Januar 1996 ist unter Ziffer 7. zur Altersgrenze bestimmt (Bl. 22 d.A.):

„7. Altersbegrenzung

(1) Der Arbeitsvertrag endet, ohne dass es einer Kündigung bedarf, in dem Monat, in dem Herr Hitzel das 60. Lebensjahr vollendet hat.

(2) Soweit Herr Hitzel in seinem vorherigen Arbeitsvertrag eine abweichende Regelung hatte, so gilt diese.”

Aufgrund einer Entscheidung des BAG vom 23. Januar 2002 (– 7 AZR 586/00 – NZA 2002, 669), ergangen zu dem Arbeitsverhältnis eines anderen Ex-GCS-Arbeitnehmers, gehen beide Parteien davon aus, dass der Kläger bei unveränderter Rechtslage bis zum 65. Lebensjahr als Pilot arbeiten dürfte, soweit er noch flugtauglich sein sollte.

Der Kläger hat jedoch erklärt, dass er wegen der erheblichen gesundheitlichen Belastungen einer Tätigkeit im Flugverkehr daran interessiert sei, mit Vollendung des 60. Lebensjahres seine Tätigkeit zu beenden, wenn er eine ausreichende Übergangsversorgung erhalte.

Seit der Umwandlung der Beklagten und ihrer Einbeziehung in den Konzerntarifverbund sind für die Cockpit-Mitarbeiter der Beklagten Tarifverträge abgeschlossen worden, die u.a. die Vergütung und die Möglichkeiten der Beförderung und des Wechsels von Flugzeugmustern regeln:

In Bezug auf die Vergütung der Ex-GCS-Piloten wurde durch die Vergütungstar...

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