Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsauslegung. Bezugnahme auf Tarifvertrag

 

Leitsatz (amtlich)

Die arbeitsvertragliche Vereinbarung „in Anlehnung an” einen bestimmten Tarifvertrag ist in Zusammenhang des Arbeitsvertrages regelmäßig nicht dahingehend auszulegen, das der Tarifvertrag oder ein Teil derselben in der jeweiligen Fassung (sog. Widerspiegelungsklausel) in Bezug genommen ist.

 

Normenkette

BGB §§ 157, 133

 

Verfahrensgang

ArbG Darmstadt (Urteil vom 18.04.2000; Aktenzeichen 4 Ca 298/99)

 

Tenor

Der Beklagten wird gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts in Darmstadt vom 18. April 2000 – 4 Ca 298/99 – wird in Höhe von DM 2.321,88 (i. W. Zweitausenddreihunderteinundzwanzig 88/100 Deutsche Mark) und in Bezug auf die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von drei Urlaubstagen als unzulässig verwerfen. Im übrigen wird das angefochtene Urteil auf die Berufung der Beklagten teilweise abgeändert:

Die Klage wird im übrigen abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger zu 57 von Hundert, der Beklagten zu 43 von Hundert auferlegt.

Die Revision wird für den Kläger zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten, nachdem sie bereits vor dem Arbeitsgericht einen Teilvergleich geschlossen haben, noch um Ansprüche des Klägers gegen die Beklagte auf Gewährung von drei Arbeitstagen Erholungsurlaub, weitere Vergütung wegen Erhöhung der Vergütungssätze des Bundes-Angestelltentarifvertrages und Gewährung einer höheren Altersstufe nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag.

Der am 07. Mai 1948 geborene Kläger ist Diplom-Psychologe. Aufgrund des Arbeitsvertrages vom 02. Mai 1995 (AV. Bl. 5 bis 10 d. A.) steht er seit dem 01. Mai 1995 in einem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten als Gruppentherapeut in der von dieser unterhaltenen psychosomatischen „Fachklinik …”. Die Beklagte ist nicht Mitglied eines Arbeitgeberverbandes. Der Arbeitsvertrag lautet, soweit hier von Interesse, wie folgt:

„…

§ 2

Vergütung

  1. Das Gehalt wird in Anlehnung an den BAT (für Gemeinden), Vergütungsgruppe BAT III frei vereinbart, und beträgt

    DM 6.243,73 monatlich brutto

  2. Über das gezahlte Gehalt wird Stillschweigen gegenüber Mitarbeitern ausdrücklich vereinbart.
  3. Ein 13. Monatsgehalt wird nach folgender Regelung gezahlt:

    Zu den Fälligkeitsterminen 30.6. und 31.12. eines jeden Jahres erhält der (die) Arbeitnehmer(in) jeweils 50 % des im Juni bzw. November des betreffenden Jahres geltenden Grundgehaltes als zusätzliche Gehaltszulage, wobei die Zulage per 31.12. bereits mit dem November-Gehalt zunächst vorschüssig ausgezahlt wird. …

§ 3

Urlaubsanspruch

1. Der Urlaubsanspruch des (der) Arbeitnehmers (in) richtet sich nach den gesetzlichen und tariflichen Bestimmungen. Er beträgt danach z. Zt. 30 Arbeitstage im Jahr, wobei das Urlaubsjahr als Kalenderjahr gilt (bei 5-Tage-Woche).

§ 4

Kündigung

5. Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem vertraglich vereinbarten Arbeitsverhältnis und auch solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von 2 Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich erhoben werden. Lehnt die Gegenpartei den Anspruch ab oder erklärt sich nicht innerhalb von 4 Wochen nach der Geltendmachung des Anspruches, so verfällt dieser, wenn nicht innerhalb von 2 Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtliche Geltendmachung erfolgt.

§ 11

Sonstige Vereinbarungen

1. Änderungen dieses Arbeitsvertrages und zusätzliche Vereinbarungen bedürfen zu ihrer rechtlichen Wirksamkeit der Schriftform.

§ 12

Individuelle Vereinbarung

Nach Ablauf der Probezeit wird – Bewährung vorausgesetzt – die monatliche Gehaltszahlung in Anlehnung an BAT II in freier Vereinbarung neu festgesetzt.

…”

Der Kläger erhielt aufgrund der Mitteilung der Personalabteilung der Beklagten vom 20. Mai 1997 (Bl. 12 d. A.) nach einer „Stufensteigerung” eine regelmäßige Vergütung nach „Vergütungsgruppe: II” – ohne Angabe eines Tarifvertrages – in Höhe von 7.165,48 DM brutto (Gehaltsabrechnungen für die Monate Juni, August und November 1997 Bl. 13 bis 15 d. A.), im Juni 1998 von 6.855,16 DM brutto (Bl. 15 d. A.). Bereits zuvor hatte er Mitteilungen über die Festsetzung seines Gehaltes vom 28. April 1995 und Änderungen vom 01. Juli 1995, 19. Oktober 1995 und 02. Januar 1997 wegen Tariferhöhungen und Höhergruppierung erhalten (Bl. 27 bis 29 d. A.). Nachdem der Kläger gegen eine von der Beklagten ihm wie weiteren Mitarbeitern gegenüber unter dem 25. Juni 1997 mit dem Ziel, die Vergütungshöhe zu ändern, ausgesprochene Änderungskündigung Änderungsschutzklage erhoben hatte, stellte das Arbeitsgericht in Darmstadt mit einem am 04. Mai 1998 verkündeten Urteil – 10 Ca 203/97 – fest, dass die Änderungskündigung unwirksam ist. Dieses Urteil ist rechtskräftig, nachdem die Beklagte die dagegen eingelegte Berufung – 14 Sa 2177/98 Hessisches Landesarbeitsgericht – zurückgenommen hat. Der Betriebsrat der Klinik wandte sich unt...

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