Entscheidungsstichwort (Thema)

Verdachtskündigung. Unkündbarkeit. Vorbeschäftigungszeit. Anrechnung

 

Leitsatz (amtlich)

Einzelfall einer begründeten ordentlichen Verdachtskündigung wegen unrechtmäßiger Gutschriften auf dem Miles & More Konto des Ehemannes der Klägerin. Auslegung des § 41 Abs. 4 MTV Boden DLH AG, dass Vorbeschäftigungszeiten bei Eigenkündigung aus familiären Gründen nicht angerechnet werden.

 

Normenkette

BGB § 626 Abs. 1-2; KSchG § 1 Abs. 2; MTV Bord DLH AG § 41

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 05.03.2001; Aktenzeichen 15 Ca 8361/00)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 05. März 2001 – 15 Ca 8361/00 – teilweise abgeändert.

Die gegen die ordentliche Kündigung vom 27. Dezember 2000 gerichtete Kündigungsschutzklage sowie die auf Weiterbeschäftigung gerichtete Klage werden abgewiesen.

Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 3/5, die Beklagte zu 2/5.

Die Revision wird für die Klägerin zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um den Bestand ihres Arbeitsverhältnisses.

Die am 18.2.1952 geborene, verheiratete und 3 Kindern unterhaltspflichtige Klägerin war vom 1.5.1978 bis zum 31.10.1981 bei der Beklagten in K. beschäftigt und wurde am 8.9.1986 von der Beklagten neu eingestellt. Zuletzt übte die Klägerin eine Teilzeittätigkeit (16 Wochenstunden) als Angestellte im Check-In-Bereich des Flughafens in Frankfurt am Main mit einer Bruttomonatsvergütung von DM 2.100,– zuzüglich 13. Monatsgehalt aus.

Der bei der Wiedereinstellung zwischen den Parteien am 2.09.1986 geschlossene Arbeitsvertrag (Bl. 51 d.A.) sieht unter Ziffer 7 für die Berechnung der Krankenbezüge die Anrechnung der Dienstzeit der Klägerin im Umfang von 3 Jahren und 6 Monaten vor, so dass sich als technisches Eintrittsdatum der 8.3.1983 errechnet. Durch Zusatzvereinbarung vom 9.1.1987 (Bl. 52 d.A.) wurde diese Dienstzeit auch für die Sicherung der Vergütung im Sinne des § 31 Abs. 1 und 2 MTV und die Inanspruchnahme von ermäßigten Flügen berücksichtigt. § 41 des Manteltarifvertrages für das Bodenpersonal der Beklagten (MTV Nr. 14) lautet auszugsweise:

(3) Nach einer Beschäftigungszeit von 15 Jahren ist eine ordentliche Kündigung einschließlich der ordentlichen Änderungskündigung durch DLH/LSG/CFG ausgeschlossen.

(4) Beschäftigungszeit im Sinne des Absatzes (2) und (3) ist die Beschäftigung im Dienste der DLH und ihrer Tochtergesellschaften. Vor dem 08. Mai 1945 liegende Beschäftigungszeiten werden jedoch nur angerechnet, wenn die Beschäftigung bei der jetzigen DLH oder ihrer Tochtergesellschaften wenigstens 3 Jahre gedauert hat. Vor einem früheren Ausscheiden aus der jetzigen DLH/LSG/CFG oder der früheren Lufthansa oder deren Tochtergesellschaften liegende Beschäftigungszeiten können auch dann angerechnet werden, wenn der Mitarbeiter den Grund seines Ausscheidens zu vertreten hatte. Nach einer erneuten Beschäftigung von 3 Jahren ist auf Antrag des Mitarbeiters zu entscheiden, ob diese Beschäftigungszeiten angerechnet werden.

Zur Zeit des Inkrafttretens dieses Tarifvertrages angerechnete Beschäftigungszeiten bleiben unverändert.

Gemäß § 41 Abs. 2 MTV beträgt die Kündigungsfrist bei einer Beschäftigungszeit von mehr als 12 Jahren 6 Monate zum Schluss des Kalendervierteljahres.

Seit der 36. Kalenderwoche des Jahres 2000 hegt die Beklagte den Verdacht, die Klägerin habe in unberechtigter Weise NCRD-Nachkreditierungen auf das Meilenkonto ihres Ehemannes vorgenommen und leitete entsprechende Ermittlungen ein. Wie die Beklagte feststellte, wurden folgende unberechtigte Nachkreditierungen zu Gunsten des Meilenkontos des Ehemannes der Klägerin vorgenommen:

1. für den Flug LH 401 New York nach Frankfurt am 12.12.1999: 11.553 Meilen, kreditiert am 13.12.1999, 9.15 Uhr

2. für den Flug LH 457 Los Angeles nach Frankfurt am 06.02.2000: 17.358 Meilen, kreditiert am 07.02.2000, 13.04 Uhr

3. für den Flug LH 457 Los Angeles nach Frankfurt am 04.06.2000: 17.358 Meilen, kreditiert am 05.06.2000, 12.12 Uhr

4. für den Flug LH 591 Kairo nach Frankfurt am 20.06.2000: 3.630 Meilen, kreditiert am 21.06.2000, 8.02 Uhr

5. für den Flug LH 457 Los Angeles nach Frankfurt am 29.08.2000: 17.358 Meilen, kreditiert am 30.08.2000, 10.46 Uhr.

Die Nachkreditierung für den Flug LH 457 Los Angeles/Frankfurt am 04.06.2000 wurde mit dem Sign-In der Klägerin vorgenommen, die übrigen Nachkreditierungen mit den Sign-Ins der Arbeitnehmer B., D., C. und C.. Von diesen 5 Arbeitnehmern, deren Sign-Ins verwendet wurden, war nur die Klägerin zu allen Zeiten, in denen die Nachkreditierungen erfolgten, dienstplanmäßig eingeteilt. Neben diesen 5 Personen sind allerdings erheblich mehr Arbeitnehmer je Schicht im Check-In-Bereich eingesetzt.

Am 21.09.2000 und am 02.11.2000 hörte die Beklagte die Klägerin zum Vorwurf unberechtigter Nachkreditierungen zu Gunsten des Meilenkontos ihres Ehemannes an. Eine Befragung der anderen Arbeitnehmer, deren Sign-Ins für die Nachkreditieru...

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