Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundlagen des Anspruchs eines Arbeitnehmers auf Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung. Ablösung einer Versorgungsordnung Umstellung laufender Rentenleistungen auf Kapitalleistung

 

Leitsatz (amtlich)

Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 03. September 2013 - 18 Ca 3560/13 - teilweise abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 7.884,00 EUR (in Worten: Siebentau- sendachthundertvierundachtzig und 0/100 Euro) brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 438,00 EUR (in Worten: Vierhundertachtunddreißig und 0/100 Euro) jeweils am 2. eines Monats, begin- nend mit dem 02. Mai 2012, endend am 02. Oktober 2013 zu zahlen.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ab Oktober 2013 fortlaufend monatlich 438,00 EUR brutto Betriebsrente fällig jeweils am 01. des Folgemonats zu zahlen.

Von den Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin 47% und die Beklagte 53% zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Sind in einem Betrieb die Leistungen der betrieblichen Altersversorgung stets in Gesamtbetriebsvereinbarungen geregelt gewesen, so kommt einem "Kontoauszug" überschriebenen Schreiben des Arbeitgebers lediglich informierender Gehalt zu. Demgegenüber kann nicht davon ausgegangen werden, dass hierdurch eigenständige Ansprüche aufgrund einer Individualzusage begründet werden sollten.

2. Regeln mehrere zeitlich aufeinander folgende Betriebsvereinbarungen denselben Gegenstand, so löst eine neue Betriebsvereinbarung eine ältere grundsätzlich auch dann ab, wenn die Neuregelung für den Arbeitnehmer ungünstiger ist. Soweit in bestehende Besitzstände eingegriffen wird, sind allerdings die Grundsätze des Vertrauensschutzes und er Verhältnismäßigkeit zu beachten. Die Ersetzung einer Rentenanwartschaft durch eine Anwartschaft auf eine Kapitalleistung in einer eine andere Betriebsvereinbarung ablösenden Betriebsvereinbarung bedarf nach den Grundsätzen des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit einer eigenständigen Rechtfertigung (hier: verneint).

 

Normenkette

BetrAVG §§ 1, 1b Abs. 1, § 2 Abs. 5

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 03.09.2013; Aktenzeichen 18 Ca 3560/13)

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über Ansprüche aus betrieblicher Altersversorgung.

Die am 26. März 1952 geborene Klägerin war vom 01. Oktober 1978 bis zum 30. September 2000 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerinnen beschäftigt.

Die Beklagte ist ein Unternehmen der Telekommunikationsbranche. Sie beschäftigt Stand 31. Oktober 2013 1.383 Arbeitnehmer in neun Betrieben in Deutschland.

Die Beklagte firmierte bis zum Jahr 2005 unter der Firma A GmbH & Co. KG die wiederum durch Umfirmierung der C GmbH & Co. KG mit Wirkung vom 27. März 2000 entstanden war. Zuvor firmierte die Beklagte unter B GmbH.

Zugunsten der Klägerin besteht eine Zusage auf betriebliche Altersversorgung. Grundlage hierfür war zunächst bis zum 31. Dezember 1998 eine Betriebsvereinbarung zwischen Geschäftsführung und Gesamtbetriebsrat der B GmbH vom 16. Januar 1992 (vgl. die Anlage B 2 zur Berufungsbegründungsschrift vom 18. Dezember 2013 Bl. 263 - Bl. 269 d. A). Mit Wirkung zum 01. Januar 1999 wurde durch Betriebsvereinbarung zwischen der Geschäftsleitung und dem Gesamtbetriebsrat der C GmbH vom 18. November 1998 (vgl. die Anlage 10 zur Klageschrift vom 13. Mai 2013 Bl. 24 - Bl. 31 d. A.) ein neues Versorgungswerk, das Versorgungswerk "Kapitalkontenplan" eingeführt. Ebenfalls mit Betriebsvereinbarungen zwischen Geschäftsleitung und Gesamtbetriebsrat der C GmbH vom 18. November 1998 wurden Auszahlungsgrundsätze (vgl. die Anlage 11 zur Klageschrift Bl. 32 - Bl. 34 d. A.) und der Übergang auf den Kapitalkontenplan (vgl. die Anlage K 12 zur Klageschrift Bl. 35, Bl. 36 d. A.) geregelt.

Das Versorgungswerk "Kapitalkontenplan" sieht den Aufbau eines Versorgungskontos für jeden versorgungsberechtigten Arbeitnehmer vor. Das Guthaben auf diesem Versorgungskonto bildet die Grundlage des Anspruchs auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung. Für Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis vor dem 01. Januar 1999 begonnen hat, wird dabei zum 31. Dezember 1998 ein sogenannter "Initialbaustein" dem Versorgungskonto gutgeschrieben. Die Höhe des Initialbausteins ist in Ziffer 2 der Betriebsvereinbarung zwischen Geschäftsleitung und Gesamtbetriebsrat der C GmbH "Übergang auf Kapitalkontenplan" vom 18. November 1998 (vgl. Anlage K 12 zur Klageschrift Bl. 35, 36 d. A.), wie folgt geregelt.

2 Höhe der Initialgutschrift

2.1 Die Initialgutschrift beträgt das 150fache der monatlichen Individualrente, auf die der Mitarbeiter am Stichtag nach der bis dahin für ihn gültigen Versorgungsregelung (Altregelung) hätte Anspruch erwerben können.

Bei Mitarbeitern, nach deren Altregelung der Höchstbetrag des Ruhegeldes auf der Grundlage von 30 ruhegeldfähigen Dienstjahren festgesetzt wird, wird die Zahl 150 durch...

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