Leitsatz (amtlich)

Ordentliche Kündigung eines Konkursverwalters wegen Stilllegung des Betriebs mit den Fragen:

Stilllegung oder Betriebsübergang 2. Wiedereinstellungsanspruch gegenüber evtl. Erwerber verneint im Anschluß an BAG BB 99 S. 1274.

Revision zugelassen.

 

Verfahrensgang

ArbG Offenbach am Main (Urteil vom 07.10.1998; Aktenzeichen 7 Ca 46/98)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 16.05.2002; Aktenzeichen 8 AZR 320/01)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Offenbach am Main vom 07.10.1998 (Az.: 7 Ca 46/98) wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger war seit ca. 25 Jahren bei der … als Stanzer/Schlosser beschäftigt. Der Bruttomonatsverdienst betrug zuletzt 3.938,00 DM.

Nachdem seit Oktober 1997 Löhne und Gehälter nicht mehr gezahlt werden konnten, stellte der Geschäftsführer der … am 11.12.1997 den Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens. Mit Beschluss des Amtsgerichts Offenbach am Main vom 11.12.1997 wurde Sequestration angeordnet und der Beklagte zu 1) zum Sequester bestellt.

Das Schreiben der … an den Betriebsrat vom 16.12.1997 hat u. a. folgenden Inhalt:

Da eine Betriebsfortführung über den 30. Dezember 1997 hinaus derzeit nicht sichergestellt werden kann, ist beabsichtigt, spätestens am 30. Dezember 1997 sämtlichen Mitarbeitern des Unternehmens die Kündigung ihres jeweiligen Arbeitsverhältnisses mit den tarifvertraglichen bzw. gesetzlichen Fristen gem. § 113 Abs. 1 Insolvenzordnung (InsO) auszusprechen.

In der Anlage ist eine entsprechende Namensliste mit den Personal- und Sozialdaten aller Mitarbeiter beigefügt. Wir bitten um Ihre Stellungnahme innerhalb der gesetzlich bestimmten Frist. Gleichzeitig werden Sie aufgefordert mit uns bzw. dem Sequester in Verhandlungen über den Abschluss eines Interessenausgleichs einzutreten. Es wird darauf hingewiesen, dass hierdurch die Fristen des § 113 Abs. 3 Betriebsverfassungsgesetz in den Lauf gesetzt werden.

Die Anhörung gilt vorsorglich auch als Anhörung für den Fall der Konkurseröffnung und anschließenden Kündigung durch den Konkursverwalter. Entsprechendes gilt für die Aufforderung nach § 113 Abs. 3 Betriebsverfassungsgesetz.

Das Antwortschreiben des Betriebsrats vom 22.12.1997 hat folgenden Inhalt:

Der Betriebsrat stimmt den geplanten Kündigungsabsichten aufgrund der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens nur zu, wenn vor dem Kündigungstermin, 30.12.1997 ein Interessenausgleich und eine Absichtserklärung bezüglich des noch abzuschließenden Sozialplans vereinbart wird. Ferner muss der Betriebsrat in seinem Amt weiterhin funktionsfähig sein. Der Betriebsrat ist somit bisher nicht kündbar.

Am 23.12.1997 erwarb die Bekl. zu 2), das österreichische Unternehmen … das Warenzeichen … zum Kaufpreis von 1,2 Mill. DM und das Warenlager zum Kaufpreis von 1,2 Mill. DM sowie die bei den Lohnfertigungsbetrieben in Bosnien und Ungarn befindlichen halbfertigen Schuhe (ca. 35.000 Paar sog. Schäfte).

Das Schreiben der Bekl. zu 2) an den Beklagten vom 23.12.1997 hat folgenden Inhalt:

Im Zusammenhang mit dem Ihnen heute über Herrn … übergebenen Angebot halten wir fest, dass wir uns an dieses Angebot nur dann gebunden erachten, wenn Sie gewährleisten können, dass die Dienstverhältnisse sämtlicher Dienstnehmer der … zum 31.03.1998 rechtsunwirksam gekündigt werden und jene Dienstnehmer, die in Liste Beilage 1 – (vorläufige Namensfestlegung) – aufgezählt sind, zum Zwecke der ordnungsgemäßen Abwicklung bis 31.03.1998 weiterbeschäftigt werden.

Sofern dies nicht gewährleistet ist, können wir unser Angebot nicht aufrechterhalten und werden von einem Vertragsabschluss Abstand nehmen.

Am 30.12.1997 wurde über das Vermögen der … das Konkursverfahren eröffnet und der Beklagte zu 1) zum Konkursverwalter bestellt.

Am 30.12.1997 wurde zwischen dem Konkursverwalter und dem Betriebsrat ein Interessenausgleich geschlossen, der u. a. folgenden Inhalt hat:

  1. Der Betriebsrat wurde umfassend über die Situation des Unternehmens und die konkursauslösenden Faktoren unterrichtet. Insbesondere wurde der Betriebsrat davon in Kenntnis gesetzt, dass eine Fortführung des Betriebes der … in seinem bisherigen Bestand nicht möglich ist.
  2. Zwar ist es am 23.12.1997 gelungen, sowohl das Warenzeichen, das Warenlager als auch Teile der Werkzeuge zu verwerten, eine Fortführung des Produktionsbetriebes am Standort ist jedoch durch die Übernehmerin nicht beabsichtigt. Der Betrieb soll vielmehr an ausländische Produktionsstandorte verlagert werden. Die Verwaltung des Unternehmens wird durch die Übernehmerin, die … selbst übernommen.
  3. Der Betrieb des Unternehmens der … wird danach zum 31.12.1997 mit der Maßgabe eingestellt, dass für die Dauer von drei Monaten, d. h. bis zum Ablauf der konkursbedingten Kündigungsfrist am 31. März 1998 folgende Mitarbeiter zum Zwecke der ordnungsgemäßen Abwicklung der Übergabe an die Übernehmerin fortbeschäftigt werden. Hierbei wird dem Betriebsrat ausdrücklich mitgeteilt, dass diese Regelung unter namentlicher Festlegung auf die nach...

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